Hallo,
ich habe zwar hier nach und nach alles berichtet, aber zur Erinnerung:
Vor fast genau einem Jahr hatte meine R 1250 GS aus Frühjahr 2019 nach einer Nordkapp-Tour bei Tachostand 27.000 km einen Riss im hinteren Faltenbalg an der Schwinge. Darunter war der Kardan und der Winkelantrieb unlösbar zusammengerostet, beides wurde auf Garantie erneuert.
Jetzt, ein Jahr und rund 13.000 km nach der Erneuerung von Kardanwelle und Winkelgetriebe, habe ich das Winkelgetriebe abgeklappt und geprüft, ob sich wieder Rost bildet. Kein Rost hinten und vorne, etwas Wasser und eine leichte Raste im hinteren Kreuzgelenk.
Ich fand das Vorhandensein einer Raste nach so kurzer Fahrtstrecke besorgniserregend und als Vorstufe zu einem kapitalen Defekt des Kreuzgelenkes mit allen möglichen Folgen. Mein Händler hatte keine ausreichende Erfahrung. Zur Ehrenrettung: Der schwer erkrankte, sehr erfahrene Motorradmeister musste vor ca. einem Jahr durch einen jüngeren, weniger erfahrenen Kollegen ersetzt werden, der sich wirklich alle Mühe gibt. München hat im Rahmen des eröffneten TSARA-Falles mitgeteilt, eine leichte Raste wäre normal. Weiter beunruhigt von ganz offensichtlich sachkundigen Leuten hier im Forum habe ich einen Fachmann gesucht, der meine Kardanwelle in die Hand nimmt und ein Urteil abgibt. Ein Meister der Motorradwerkstatt einer großen BMW-Werksniederlassung hat mir dann innerhalb von Sekunden bestätigt, das die Kardanwelle einen (beginnenden?) Defekt aufweist und daher bei einem relativ neuen Motorrad erneuert werden muss.
Diese Diagnose habe ich meinem Händler mitgeteilt und von ihm gestern die Kardanwelle erneuern lassen und einen Kulanzantrag stellen lassen. Natürlich hatte ich das Risiko, 6 Monate nach Ablauf der Garantie auf den Kosten sitzen zu bleiben, heute rief der Händler jedoch an und berichtete von 100% Kostenübernahme auf Kulanz, Material und Lohn.
Anmerkung 1: Als ich die Kardanwelle ausgebaut habe, war sie mit dem Sicherungsring auf der Getriebeausgangswelle ganz eindeutig eingerastet, ich musste hebeln. In der originalen Wartungsanleitung steht zum Einbau nur „Kardanwelle bis Anschlag aufschieben“, nicht mehr! Diesen Text wird wohl auch der Händler haben. Mit „Schieben“ schlägt man aber nur am Sicherungsring in der vorderen Verzahnung an, die richtige Einbauposition wird nur durch Schlag mit dem Handballen oder einem Gummihammer erreicht. Wenn man nun mit dem nur eingeschobenen, aber nicht eingerasteten Kardan fährt, hat er in der hinteren Verzahnung ca. 3 mm weniger Spiel für einen Längenausgleich. Der Kardan wird dann eventuell im Betrieb ständig oder beim Einfedern auf Stauchen belastet. Ich würde einen solchen Umstand auch als möglichen Auslöser für eine frühzeitige Raste oder die Zerstörung eines Kreuzgelenkes sehen. Ich kann nicht beurteilen, ob der Sicherungsring hei heftigen Federbewegungen irgendwann von alleine in der Nut der Getriebewelle einrastet. Also bitte entsprechend auf ordentliche Montage achten!
Anmerkung 2: Gleiches gilt in meinen Augen auch für die Rostbildung. Ich glaube, dass ein Festrosten der Verzahnungen auf Fettmangel zurückzuführen ist. In meinem Fall hatte das Motorrad 27.500 km nach 1,5 Jahren und unmittelbar nach einer Nordkapptour. Von längerer Standzeit kann man wohl nicht sprechen. Außerdem habe ich bei unseren insgesamt 8 Boxern öfter Wasserspuren und Modder im den Schwingen gesehen, aber dabei immer gut gefettete und bewegliche Verzahnungen, auch nach 100.000 km. Ich halte die Gummibälge nicht für völlig dicht, ein Aufblähen durch Temperaturänderung daher für unwahrscheinlich.
Schöne Grüße
Lutz