Die Einreise nach Bosnien Herzegowina gestaltet sich etwas anders als ich es erwartet habe. Zum einen kam kurzzeitig der Gedanke auf, am Ende der Startbahn ein paar hundert Meter ĂŒber die Wiese zu fahren, zum anderen verweigerte die Drohne nicht ohne Grund den Start wegen MilitĂ€rischem Sperrgebiet. In Kroatien gibt es nicht nur Wildpferde sondern auch Landminen. Die MinenrĂ€umfĂ€higkeiten der GS möchte ich dann doch nicht ausloten.
Auf dem Weg zur Grenze die nĂ€chste Ăberraschung. Drei Kilometer vorher stehen Autos mit BiH Kennzeichen StoĂstange an StoĂstange. Ich bleibe verdutzt und etwas ratlos stehen. Der Anblick von mir und der wohl hier sehr auffĂ€lligen GS fĂŒhrt dazu, dass die ĂŒberaus interessierten und freundlichen Bosnier mir zu verstehen geben, ich solle weiterfahren. Als hĂ€tte man sich abgestimmt, schicken sie mich immer weiter und winken mir zu, bis ich, ein paar Autos vor der Grenze, doch lieber stehen bleibe. Eine Gruppe von fĂŒnf Personen in einem Kleinwagen gibt mir lĂ€chelnd zu verstehen, ich solle mit der GS vor sie fahren. Drei weitere Erkenntnisse. Erstens so viel Freundlichkeit ohne eine gemeinsame Sprache, habe ich noch nie erlebt. Hier ist die EU unmissverstĂ€ndlich zu Ende und es wartet eine richtige Grenze. Wer sich immer gefragt hat wohin es unsere alten Autos verschlĂ€gt, dem gibt dieser Korso Gewissheit. Sie finden ein glĂŒckliches Leben im Balkan, wo Fahren wichtiger scheint als Regelungen.
Der GrenzĂŒbertritt ruft alte Erinnerungen wach. ZunĂ€chst wird man bei den kroatischen Beamten vorstellig. Neben dem Ausweis möchte man die Fahrzeugpapiere und die GS wird zwar durchaus interessiert, aber kritisch gemustert. AnschlieĂend geht es ein paar hundert Meter durch Niemandsland, bis man auf die Grenzbeamten von Bosnien Herzegowina trifft. Hier wiederholt sich die Prozedur and drei weiteren Schaltern, bis die GS und ich einreisen dĂŒrfen. Neben der EU lasse ich auch das Roaming hinter mir. Von jetzt an heiĂt es ohne Datennetz klar zu kommen. FĂŒr die kurze Dauer entscheide ich mich dagegen eine Alternative zu suchen und die Connect App verrichtet ihren Dienst zuverlĂ€ssig auch ohne Datennetz.
Anders als in Kroatien, fahren die Bosnier deutlich entspannter Auto und geben der GS genĂŒgend Platz zum Fahren. Die Landschaft wird wilder. Berge und Schluchten wechseln sich ab. Es dauert nicht viele Kilometer, bis ich zum Motorradfahren Bosnien Herzegowina ins Herz geschlossen habe.
Auch wenn es mich reizt das Zelt in der Natur aufzuschlagen, halten mich die angepriesene Natur davon ab. Offenbar ist eine verliebte Kuh hier das kleinste Problem.
Kurz vor Dunkelheit finde ich einen Campingplatz an einem Fluss und schlage sehr zufrieden mein Zelt auf. Was mit zehn Euro zeigt, dass es hier sehr gĂŒnstig zugeht und der Euro auch ĂŒber die Grenze sehr beliebt bleibt. Eine Erkenntnis, die sich auch in Montenegro bestĂ€tigt.
Am nĂ€chsten Morgen Ă€uĂert die GS einen Wunsch nach mehr vertrauter Heimat, dem ich mangels Optionen nicht nachkommen werde. Leider ein recht hĂ€ufiger Wunsch, den ich ausschlagen werde.
Diese Folgefehler zeugen allesamt davon, dass der Startvorgang abgebrochen wird und das scheinbar die PlausibilitĂ€tsprĂŒfungen die GS zu immer neuen Fehlern inspirieren. Bis hin zum Ausfall des Stand-, Tag- und Abblendlichts. GlĂŒcklicherweise lĂ€sst sich die GS immer wieder nach einem Stopp davon ĂŒberzeugen, dass sie sich wohl geirrt hat.
Mich zieht es weiter nach SĂŒden. Die GS, einmal gestartet, erweist sich als zuverlĂ€ssige Partnerin auf dieser Reise und fĂŒhlt sich selbst mit Reisegewicht in ihrem Element. Was leider nicht ĂŒber die Varios gesagt werden kann. NatĂŒrlich stellt sich das Problem mit dem Verschluss ein und als wĂ€re das nicht schon Ă€rgerlich genug, bricht bei einer der fehlerhaften Verriegelungen auch noch eines der unteren Scharniere ab. Leider sind die aus Kunststoff und halten die Belastung nicht aus. Es hilft nichts, wir haben noch mehr als tausend Kilometer vor uns.
Die Einreise nach Kroatien gestaltet sich, bis auf den Stau sehr Àhnlich. Was mich unsere offenen Grenzen zu schÀtzen lehrt.
Die Natur bleibt wild und die Dörfer, die durch durchfahre zeigen immer wieder das gleiche Bild. Viele HĂ€user sind verlassene Ruinen, die sich die Natur wieder zurĂŒck erkĂ€mpft hat. Auch Einschusslöcher sind Jahrzehnte nach dem Krieg noch immer sichtbar oder wurden notdĂŒrftig geflickt.
Mein nĂ€chstes Ziel soll mich an meine Kindheit erinnern. ZunĂ€chst stellt sich heraus, dass der Weg fĂŒr die GS wie geschaffen scheint. Der Asphalt endet unverhofft und es geht auf groben und recht losen Schotter in Serpentinen den Berg hoch.
Ein Motorrad sehe ich, wie ĂŒberhaupt in den letzten Tagen, keins. Luftdruck runter auf 1,8 Vorne und 2,2 Hinten bringen den MAA wieder in Form und stehend kommen wir dem Ziel nĂ€her.
Indianerland - zumindest habe ich das ohne Zweifel damals geglaubt. Und selbst ohne Indianer ist dieser Ort in zweierlei Hinsicht etwas besonders. Erstens war die Fahrt hier hoch mit der GS ein groĂer Off-road SpaĂ, zum anderen sind die Felsen nicht nur aufgrund meiner Erinnerungen an die Filme eindrucksvoll. TatsĂ€chlich hatte ich ins Auge gefasst es anderen nachzutun und hier oben zu ĂŒbernachten, aber der tobende Sturm, fĂŒr den diese Region bekannt ist, lĂ€sst mich wieder davon Abstand nehmen. Die Fallwinde sollen bis zu ĂŒber 200 km/h annehmen. Ein anderes Zelt hĂ€lt der Wind augenscheinlich nicht davon ab.
Ein paar Off-road Kilometer weiter, eine zweite Stelle an der die Indianer meine Kindheit bereichert haben. Die Landschaft sieht dem Indianer Kontinent zum Verwechseln Àhnlich.
Die Era der Indianer ist vorbei und ich lenke die GS in den nĂ€chsten Nationalpark, wo es auf schmalen Wegen entlang der Seen und FlĂŒsse geht.
Mittlerweile ĂŒbertrĂ€gt sich die Ruhe der Natur und es stellt sich eine tiefe Entspannung ein. Die GS scheint nach ca. 4.000 km ebenfalls ihren Rhythmus gefunden zu haben.
Mit der weiteren Route nach SĂŒden verlasse ich die EU wieder Richtung Montenegro. Die Natur wird wilder und unberĂŒhrter. Zum ersten Mal sehe ich ein paar Motorradfahrer. Allerdings kommen mir alle entgegen. Was am andauernden Tiefdruckgebiet liegen mag. Es verleiht der der Region allerdings etwas Mystisches, was mir sehr gefĂ€llt.
Wenn man erstmal mit der GS hier ankommen ist, ist der Wunsch all dies zu erkunden grenzenlos. Montenegro zeigt sich noch geringer besiedelt und die Landschaft erinnert zuweilen an Schottland. Nun, nicht ohne Grund ist es hier so grĂŒn. Und so gibt sich das Tiefdruckgebiet alle MĂŒhe mich zu vertreiben. Ein kleines CafĂ© am StraĂenrand kommt gerade recht, um dem Starkregen zu entkommen. Zwei Tee und kostenloses WLAN addieren sich zu 2 Euro auf. Gut investiert. WĂ€hrend ich trocken bleibe, ergeht es der BMW Motorrad Tasche aus der Urban Kollektion, die BMW derzeit als kleine Wiedergutmachung verteilt, ohne die mitgelieferte Innentasche, nicht ganz so gut. Der zugegebenermaĂen recht heftige Regenguss hinterlĂ€sst Feuchtigkeit im Inneren. Nicht dramatisch, aber ich werde mich nicht mehr auf die sehr gut verarbeiteten, wasserabweisenden ReiĂverschlĂŒsse verlassen. Ansonsten gibt es an dieser Tasche nichts zu beanstanden. Die Varios bleiben dicht. Die Drybag von SW Motech zeigt sich hingegen unbeeindruckt.
Ich beschlieĂe dem Wetter Tribut zu zollen und suche mir schweren Herzens eine festere Unterkunft fĂŒr die Nacht. Der Ausblick versöhnt mich, doch recht nah an der faszinierenden Natur zu sein. Wieder kommen KĂŒhe vorbei, die hier im Balkan scheinbar Freilandhaltung ohne ZĂ€une interpretieren.
TBC