1. Andere halten es für zielführender, den Druck auf die Hersteller durch Streckensperrungen für sehr laute Motorräder zu erhöhen, weil dadurch eine geänderte Nachfrage erzeugt wird.
2. Vielfach wird es für vertretbar gehalten, dies zunächst für Motorräder mit einem Standgeräusch > 95 db zu tun, da dies einfach zu kontrollieren und für jedermann schnell nachzuvollziehen ist.
Zu 1. Auf gewisse Weise wird es das Ziel eine Diskussion zu dem Thema natürlich auch eröffnen mit der aktuellen Regelung.
Die Touristen, die nicht mehr durchfahren können, sind das eine.
Die Einheimischen, die Ihr Motorrad letztlich quasi verkaufen müssen oder zumindest einen Standplatz außerhalb der Sperrzonen anmieten müssen, weil es 96 db Standgeräusch hat, sind das andere.
Druck auf die Hersteller muss von oben kommen, nicht von unten. Oben ist in dem Fall die EU mit Vorgaben, unten sind regionale Regelungen wie im Außerfern
Über das Thema Lärm wurde schon immer diskutiert. Dieser Artikel dürfte aus 2015 sein
Neue Geräuschvorschrift für Motorräder ab 2016: Sound oder Zumutung?
Die tourige K 1600 hat den akustischen Auftritt eines Supersportlers, und der BMW-Bestseller GS macht für eine klassische Reiseenduro ebenfalls ganz schön viel Radau. Wie geht das, wenn die Fahrgeräusche laut EU-Richtlinie 97/24/EG maximal 80 dB(A) betragen dürfen?
Motormanagement erkennt Testzyklus-Bereich
Max Höhler, Sachverständiger für Motorradkomponenten beim TÜV Süd in München, nennt den Grund: "Das Geräuschmessverfahren für die Homologation ist bislang recht simpel." Dies erlaubt den Herstellern, das Motormanagement so auszulegen, dass es den Testzyklus-Bereich erkennt und dann sofort mit Auspuffklappen oder per Drosselklappensteuerung den Sound herunterregelt. Außerhalb der homologationsrelevanten Fahrzustände kann er sich dann wieder bis zum Fortissimo steigern. "Dies ist übliche Praxis und völlig legal", sagt der TÜV-Experte. Das machen alle in der Branche – die Japaner eher moderat, manche Italiener dagegen extrem.
Neues Prüfverfahren schließt Gesetzeslücken
Solchen Tricksereien wird zum 1. Januar 2016 endgültig mit der UNECE-R 41.04 ein Riegel vorgeschoben. Die Norm ist zwar schon seit dem 1. Januar 2014 in Kraft, wird ab Anfang nächsten Jahres jedoch verpflichtend für die "Bedingungen für die Genehmigung der Krafträder hinsichtlich ihrer Geräuschentwicklung", wie es im besten Bürokratendeutsch heißt. Je nach Leistung-Masse-Verhältnis der Maschine ist der maximale Schallpegel auf 73 bis 77 dB(A) begrenzt – und zwar in unterschiedlichen Fahrzuständen. "Das völlig neue Prüfverfahren schließt jetzt die bestehenden Gesetzeslücken", sagt Philip Puls, Leiter des technischen Dienstes beim TÜV Süd in München. Dies sei eine Präzisierung des Umweltschutzes. "Testzyklus-Erkennung über die Motorsteuerung und Auspuffklappensteuerungen sind ausdrücklich verboten." Gefahr erkannt, doch nicht gebannt. Die UNECE-Spielregeln gelten lediglich für neu typgeprüfte Fahrzeuge. Es besteht sogenannter Bestandsschutz für etablierte Modelle – und auch für Nachrüstschalldämpfer, die bereits im Markt sind. Hier hilft dann nur noch die Einsicht des Fahrers, um den Lärm zu reduzieren.
Die Richtlinie ist von 1997:
EUR-Lex - 31997L0024 - EN - EUR-Lex
Das Thema wird auch in Deutschland da diskutiert, wo es hingehört (Bundestag; 2019)
https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/104/1910404.pdf
Thema Stand- und Fahrgeräusch:
Wissenschaftliche Ausarbeitung aus dem Jahre 2004:
https://bast.opus.hbz-nrw.de/opus45-bast/frontdoor/deliver/index/docId/89/file/F48.pdf
5.2 Korrelation der Stand- und Fahrgeräuschmesswerte von im Verkehr befindlichen Fahrzeugen
...
Bild 5.6 sind die Stand- und Fahrgeräuschpaarungen aufgetragen. Die Verteilung der Messpunkte verdeutlicht auch hier, dass keine Korrelation zwischen dem Stand- und dem Fahrgeräusch besteht.
5.3 Korrelation der Stand- und Fahrgeräuschmesswerte von neuwertigen Fahrzeugen
Die in Kapitel 4.1 bezüglich der Standgeräuschmessung diskutierten Fahrzeuge sind ebenfalls einer Fahrgeräuschmessung entsprechend der Richtlinie 97/24/EG unterzogen worden. Daher kann für diese Gruppe ebenfalls eine Korrelation von Stand- und Fahrgeräusch durchgeführt werden. Die Ziele und die Ausführung dieser Messungen werden in Kapitel 6 erläutert. Wie die Darstellung in Bild 5.6 zeigt, kann bei diesen Fahrzeugen, bei denen die aktuell gemessenen Stand- und Fahrgeräuschpegel in Beziehung gesetzt wurden, kein plausibler funktionaler Zusammenhang zwischen diesen beiden Kenngrößen erkannt werden
(Seiten 28-31)
Für mich ist die Definition überlauter Motorräder mit dem Standgeräusch schlicht willkürlich, weil nicht sachgerecht.
Warum hat man das gemacht?
Weil das die einzige Möglichkeit war, um "irgendetwas zu machen"
Der U.3 - wert im Fahrzeugschein beläuft sich bei wohl fast allen auf 80 oder 79 db (bei mir 1150 GS und 1200 GS LC mit 80 und Sertao mit 79)
Mit diesem Wert konnte man nichts anfangen, weil man 40 % der Motorräder verboten hätte
Messungen vor Ort nach welchem Verfahren auch immer wären (natürlich) viel zu aufwändig gewesen
Also hat man einen Wert genommen, der nicht nur ganz wenige, aber auch nicht ganz viele trifft. 7 % der neueren Motorräder sollen einen U 1 wert über 95 db haben.
1 % wäre lächerlich gewesen (zb db Wert ü 102)
40 % wäre auch nicht möglich (zB db Wert ü 89)
Es geht hier um nichts weiteres um einen "Test, was geht"
2. Stimmt, einfach zu kontrollieren
Jedermann schnell nachzuvollziehen. Da meinst du sicher, jeder kann schnell prüfen, ob er bzw. sein Motorrad betroffen ist.
Auch da stimme ich zu.
Aber weder Einfachheit noch Überprüfbarkeit und auch nicht beides zusammen macht ein unsinniges Abgrenzungskriterium zu einer nachhaltigen und zutreffenden Differenzierung.
Aber das passt ins Jahre 2020.
Hauptsache, man macht irgendetwas, was der Mehrheit gefällt und / oder sich gut verkaufen lässt. Es genügt, dass etwas gemacht wird, um die wirkliche Sinnhaftigkeit geht es schon längst nicht mehr.
Die Reihenfolge zwischen Anordnung und Wahrnehmung (nicht nur bei Motorradfahrern) schaut in etwas wie folgt aus
Tirol: Wir verbieten Motorräder mit einem Standgeräusch über 95 db zumAnwohnerschutz
Wahrnehmung: Zu laute Motorräder mussten verboten werden. Denn die Situation für Anwohner war sicher unerträglich. Denn ansonsten hätte man das nicht verbieten müssen.
Ja dann, hat ja auch eine Logik, irgendwie.