Downunder mit WWBTT........Teil 14
Teil 14
…..Wir warteten in der glühenden Sonne auf den Landcruiser. Angeblich sollte der doch zügig folgen. Hatte ich so jedenfalls noch im Ohr.
Es dauerte und dauerte. Endlich hörten wir das ersehnte Motorengeräusch des alten Japaners. Der elfenbeinfarbene Allradler wühlte sich mit hörbarer Anstrengung durch den Sand. Untersetzung und Differentialsperren machen offenbar vieles möglich. Den Anhänger schleppte er allerdings nicht hinter sich her.
Wir waren nicht zu übersehen. Der geschundene Geländewagen stoppte prompt und die Besatzung ergoß sich in die Landschaft. Der arme Jürgen wurde sofort umlagert und mit Mitleid überhäuft. Nur Eva schenkte sich derartig zwecklose Bekundungen. Stattdessen betastete sie vorsichtig und forschend Schulter und Schlüsselbein des Opfers.
„ Scheint keine Fraktur zu sein.!“ diagnostizierte sie abschließend.
„ Natürlich nicht…nur eine Schulterluxation. Ziemlich eindeutig“ erwiderte Jürgen missmutig.
Arzt und Krankenschwester sahen sich an.
„ Hier ?…Hältst Du das aus ?“, fragte Eva dann, knapp und mitleidlos, wie ich fand.
„ Komm…mach schon..!“, kommandierte Jürgen und legte sich auf den Rücken.
Nachdem mir klar war, was nun kommen würde, suchte ich sofort nach einem Beißholz. Eva rief mich aber zurück. „ Knie dich hier hin und halte gut fest. Hier und hier..“, befahl sie und deutete auf die entsprechenden Stellen. Ich tat wie mir geheißen wurde und hielt gut fest.
Schwester Rabiata hatte inzwischen ihre Stiefel ausgezogen und sich neben ihrem Opfer niedergelassen. Sie stemmte einen Fuß in Jürgens Rippen und packte den ausgekugelten Arm mit beiden Händen am Handgelenk.
Die Gruppe starrte schweigend und erwartungsvoll auf die beiden Hauptakteure.
Jürgen und Eva wirkten wie zwei Judokas beim Bodenkampf. Im Prinzip war das Ganze eine Mischung aus Haltegriff und Armhebel. Rein technisch gesehen.
„ Los jetzt…!“, zischte Jürgen leise zwischen den zusammengebissenen Zähnen heraus.
Eva streckte ihr Bein, gleichzeitig zog sie ruckartig den betroffenen Arm in einen rechten Winkel zum Körper.
Eindeutig ein Ippon, eine volle Wertung im Judo, auch weil Jürgen einen dumpfen Schrei ausstieß.
Der richtete sich blitzschnell auf und griff sich mit der gesunden Hand stöhnend an die Schulter.
„ Sch….tut das weh“ brüllte er. Eva hatte sofort wieder losgelassen und kniete nun neben ihrem Patienten. „ Ein Indianer kennt keinen Schmerz..“ scherzte sie. Jürgen starrte sie wütend an und gab eine kurze, politisch unkorrekte Erklärung, über die Schmerztoleranzgrenze nordamerikanischer Ureinwohner ab.
Knut klatschte in die Hände. „ Reparatur abgeschlossen…weiter geht’s... oder wollt ihr hier Wurzeln schlagen?“ fragte er.
Jürgen durfte nun als einziger Passagier im Landcruiser Platz nehmen. Alle anderen wurden zurück an die Motorräder geschickt.
Als nächster Treffpunkt wurde ein Roadhouse in etwa 50 km Entfernung festgelegt. Knut und Olli, der beim Anhänger wartete, würden nun zunächst die Fracht des Anhängers in den Toyota umladen. Anschließend würden sie versuchen den leeren und somit leichteren Anhänger, durch den Sand zu zerren.
Das war der Plan, immerhin ein schon mehrfach bewährtes Verfahren, wie Knut uns erläuterte.
Im Notfall koppelt man den Hänger einfach ab; wendet, und zieht ihn dann mit der Seilwinde stückweise weiter.
Für meine Ohren klang das ziemlich abenteuerlich. Aber von mir aus, wenn er meint! Der wusste bisher immer ziemlich genau, was geht und was nicht.
Alles kein Problem. Jedenfalls nicht für das Team von WWBTT. In den Schlammwüsten im Norden, bei den richtig harten Touren, mussten schon ganz andere Probleme gelöst werden. Knut blieb völlig gelassen.
Für mich hingegen, stand eine Sache felsenfest. Den bisherigen Plan, im nächsten Jahr an einer richtig harten WWBTT-Tour teilzunehmen, den würde ich noch einmal schwer überdenken. Aber ganz schwer!
Eva allerdings, hatte mich ziemlich beeindruckt. Meine Kenntnisse im SM-Bereich waren bis zu diesem Zeitpunkt eher theoretischer Natur. Ich war mir nun plötzlich auch nicht mehr ganz sicher, ob ich tatsächlich auch praktische Erfahrungen sammeln wollte. Die Möglichkeit schien jedenfalls gegeben zu sein.
Meine Abenteuerlust überhaupt, war an diesem Tag insgesamt nicht sehr ausgeprägt, musste ich betrüblich feststellen.
Es gab anscheinend ein Limit, was die Anzahl der Grenzerfahrungen in einem bestimmten Zeitraum anbelangt. Meines schien langsam erreicht zu sein.
Vielleicht war ich auch einfach nicht gut drauf, an diesem Tag. Solche Tage soll es ja geben.
Grübelnd und ein wenig selbstzweiflerisch fuhr ich dann gemeinsam mit den anderen zum befohlenen Treffpunkt. Dort warteten wir in aller Ruhe und mit vielen kalten Getränken auf unser Gespann.
Zum Glück kehrte während der Wartezeit meine teilweise verloren gegangene Abenteuerlust langsam wieder zurück. Möglicherweise war es auch nur der Flüssigkeitsmangel, der solche Selbstzweifel beförderte. Jedenfalls begann ich vorsichtig damit, die gute Eva SM-mäßig abzuchecken.
So nach dem Motto, -Lust und Schmerz liegen nahe beieinander-, und ähnlich eindeutig zweideutige Phrasen.
Anke hatte scheinbar einiges aufgeschnappt. Das Thema schien auch sie nicht ganz kalt zu lassen. Nun wurde es ein wenig kompliziert. Eva hatte nämlich gerade damit begonnen, aus dem Nähkästchen zu plaudern. In einem Nähkästchen allerdings, würde man die von ihr beschriebenen Utensilien sicherlich nicht finden.
Eher in Freddy Krügers Werkzeugkasten.
Glücklicherweise traf in diesem Moment unser Toyota-Gespann ein. Eva eilte sofort nach draußen um die Spätfolgen ihrer Hebeltechniken zu begutachten. Anke hielt mich am Arm fest, als ich ebenfalls unsere Ankömmlinge begrüßen wollte.
„ Was ist das für eine abgefahrene Nummer…mit dieser dürren Ziege hier?“, fauchte sie mit mühsam unterdrückter Wut in der Stimme.
Unschuldig fragend blickte ich sie an. „ Wie…was meinst Du? “, entgegnete ich, so ahnungslos und unschuldig wie nur irgend möglich.
„ Handschellen und Knebel… meine ich“, funkelte sie mich an.
„ Ach sooo....DAS… meinst Du !“, entgegnete ich langsam, mühsam Zeit schindend und auf eine plötzliche Eingebung hoffend.
„ Ja genau…DAS… meine ich!“
Verdammt,… mir fiel einfach nicht schnell genug etwas unverfängliches ein.
Heinz rettete mich, wahrscheinlich nicht ganz zufällig, aus meiner ziemlich prekären Lage.
„ Ihr könnt später weiterbalzen“ schmunzelte er. „ Es geht weiter“.
Anke funkelte mich noch einmal drohend an, um dann endlich auch ihren Helm zu suchen.
„Na, wieder fit…?“ fragte ich den grinsenden Heinz.
Der blickte sich kurz um und erwiderte leise:“ Mir geht’s gut…aber um Dich mach ich mir Sorgen. Denk dran , ..wer alles will bekommt zum Schluss meist gar nichts.“
Zweifellos, hier sprach die Weisheit des Alters.
Ich beschloss zunächst einmal die Füße ruhig zu halten.
Nun aber los! Ab zum Ayers Rock.
Fortsetzung folgt