Downunder mit WWBTT........Teil 12
Der Landcruiser diente als Shuttlebus, und Knut musste den Fahrer machen. Eigentlich sollte Olli diesen Job übernehmen, aber der hatte bereits reichlich vorgeglüht. Ollis beste Freunde hießen nämlich ... Jim Beam und Johnny Walker. Mit Dosenbier alleine kam der gute Olli nicht uf Betriebstemperatur.Sein Outfit war allerdings unverändert. Schwarze Jeans und T-Shirt und natürlich die abgeschabten Truckerstiefel. Das etwas gebraucht aussehende T-Shirt spannte sich über seinem stattlichen Bauch, aber wenigstens die bratpfannengroßen Pfoten hatte er sich gewaschen. Auf seinen ebenfalls ungewöhnlich sauberen Popeye-Unterarmen waren nun Tätowierungen erkennbar. Allerdings eher ältere und ziemlich laienhafte Kunstwerke.
Die Mädels hatten die Haare schön, und natürlich auch dezente Kriegsbemalung aufgelegt. Anke hatte sich in Jeansrock und Stiefeletten gezwängt. Ihr enges Oberteil zeigte mehr als es verdeckte, aber warum auch nicht. Dem immer noch leicht trauernden Dieter hing bei diesem Anblick sofort wieder die Zunge heraus wie ein roter Schal. Aber da musste er nun durch.
Der Laden war eine Mischung aus Dorfkneipe und Disco. Ein großer rechteckiger Raum mit einfachen Resopal-Tischen an den Wänden, und einer Bühne mit vorgelagerter Tanzfläche am hinteren Ende. Am anderen Ende des Raumes gab es eine landestypische Theke mit den üblichen Getränken.
Bier gab es in nur in Glaskannen. Diese typischen 2-Liter-Eistee-Kannen mit breitem Ausguss. Auf Wunsch bekam man auch noch Eiswürfel in die Kanne. Andere Länder, andere Trinksitten. Und überhaupt ... die Trinksitten. Die wenigen Anwesenden kübelten schon ganz ordentlich.
Wir versammelten uns an zwei Tischen und beobachteten das Geschehen zunächst aus dem Hintergrund. Martin schleppte fleißig Kannen heran, und wir leerten diese ebenso fleißig. Somit lagen wir voll im Trend und fielen auch kaum auf.
Irgendwelche Rockmusik dudelte aus den Boxen, und auf der Tanzfläche verrenkten sich schon einige Dorfschönheiten. Nach alter englischer Sitte tanzten die Mädels barfuß herum, und einige hatten schon zu dieser frühen Stunde deutlich erkennbare Gleichgewichtsprobleme. So langsam füllte sich die Hütte mit einem sehr gemischten Publikum. Altersmäßig war alles vertreten, vom Jugendlichen bis zu den typischen Ü-30-Party Jahrgängen.
Dann betrat endlich auch die lang erwartete Rockgruppe die Bühne. Das Publikum zeigte sich begeistert und pfiff, johlte und brüllte unverständliches Zeug. Die Rocker machten einen kurzen Soundcheck und legten dann auch sofort derartig los, dass die Bude wackelte. Irgendeine wilde Mischung aus Heavy-Metal und allen möglichen anderen Stilarten.
Der Tonmixer war entweder taub oder volltrunken, denn die Boxen pfiffen und dröhnten zwischendurch immer wieder ganz grauenhaft. Es war nicht besonders schön, aber dafür ganz besonders laut. Die Frontfrau allerdings war der totale Knaller. Kurzer Lederrock, Netzstrümpfe, lange glänzende "Fxxx mich"-Stiefel und auch noch langes dunkles Haar. Mehr geht nicht!
Die ultimative Kombination aller optischen Signalreize, die meinem fest eingebrannten Beuteschema einen totalen Ausnahmezustand signalisierten. Schnell kippte ich mir den Rest aus der nächstbesten Kanne rein, und stürmte völlig hormongesteuert und alkoholbedingt leicht enthemmt nach vorne zur Bühne. Diese Lady musste ich mir sofort aus unmittelbarer Nähe ansehen. Die Schönheit hatte auch noch eine tolle raue Stimme. Richtig verrucht klang das Luder. So ganz taufrisch war sie allerdings auch nicht mehr, aber das war alles andere als ein Hinderungsgrund. Auf Teenager stehe ich nämlich überhaupt nicht.
Anke tauchte neben mir auf und bewegte sich aufreizend im ungefähren Rhythmus der Musik. Irgendwie muss sie geglaubt haben einen begeisterten Tänzer vor sich zu haben. Dabei ist tanzen überhaupt nicht mein Ding. Erst ab mindestens 1,5 Promille, und dann auch nur, wenn es unbedingt nötig ist. So wie jetzt eben. Ich arbeitete mich halbwegs geschmeidig an die scharfe Rockerin heran. So schräg von unten war der Anblick noch überwältigender. Anke bemerkte wohl meine fehlgeleitete Faszination und stieß mich an.
„Das ist eine Strumpfhose ..." schrie sie in mein Ohr." Mehr gibt es da nicht zu sehen ..." schrie sie dann auch noch in mein anderes Ohr. Sie funkelte mich dabei wütend an. Entweder wütend oder auffordernd ... so genau konnte ich das nicht mehr unterscheiden.
Ich blieb jedenfalls in unmittelbarer Sichtweite. Man kann ja nie wissen.
Eine exakte visuelle Verifikation dieser Behauptung war wegen der diffusen Beleuchtung kaum möglich. Jedenfalls im Moment nicht.
Aus den Augenwinkeln beobachtete ich plötzlich einen kleinen Tumult in unserer Tischecke. Da gab es wohl Stress!
Ich wühlte mich durch die Tänzer zurück an meinen Platz. Jeff, unser Amerikaner, lieferte sich gerade ein lautstarkes Wortduell mit einem Einheimischen. Dieser war wohl unserer Martina etwas zu direkt an die Wäsche gegangen. Der Aussie hatte allerdings Freunde dabei. Aber Jeff hatte Olli an seiner Seite. Ein Olli gegen vier Australier ... kein größeres Problem anscheinend. Olli hatte bereits mit seinen Schraubstockpranken zwei der Einheimischen am Kragen gepackt, und schüttelte sie ordentlich durch. Durchdringend starrte er die Opfer aus seinen roten Whiskey-Augen an, und stieß dabei wilde Flüche in der Landessprache aus. Martin und ich legten dann auch noch den beiden anderen Störenfrieden, kräftig aber dennoch freundschaftlich, die Hände auf die Schultern. Angesichts dieser plötzlichen Übermacht zogen es die Einheimischen dann doch vor, den geordneten Rückzug anzutreten.
Knut war mit äußerst besorgter Miene ebenfalls hektisch herbeigeeilt, wohl vor allem, um den wütenden Olli zu beruhigen. Der schnaubte noch ein wenig, ließ sich aber dann aber doch widerstandslos auf seinen Stuhl zurückdrücken. Knut schien trotzdem ein wenig beunruhigt zu sein. Er kam zu Martin und mir herüber und forderte uns auf in der Nähe zu bleiben. "Behaltet den Olli im Auge, der hat schon wieder gut getankt." meinte er. Martin und ich sahen uns an, und nickten verständnisvoll zurück.
Wir organisierte schnell eine neue Kanne für Olli, und hatten ihn somit für die nächste Viertelstunde zunächst einmal beschäftigt.
Auf der Tanzfläche wurde inzwischen der Outbackpogo getanzt. Die vier Vertriebenen gehörten wohl zu einer größeren Gruppe von inzwischen ziemlich abgefüllten Stadtbewohnern. Die rempelten und schubsten sich gegenseitig johlend durch die Gegend. Anke bekam in dem Getümmel auch einen Schubser ab, und wäre fast auf dem Boden gelandet.
Martin und ich sahen uns wieder an, und rempelten uns sofort rücksichtslos durch die Menge um unsere Freundin vorsorglich abzuschirmen.
Olli aber hatte seinen Krug ziemlich schnell niedergemacht, und stampfte leicht schwankend und brummend als Unterstützung heran. Er marschierte wie eine Planierraupe durch die hüpfenden Pogo-Freunde und stieß alles aus dem Weg, was ihm irgendwie zu nahe kam.
Gemeinsam mit Martin versuchte ich, den Berserker zu stoppen. Wir nahmen unseren Trunkenbold in die Mitte, um ihn zurück zum Tisch zu geleiten. Einer der Aussies fühlte sich aber wohl persönlich angegriffen und sprang unseren schwankenden Schwarzbären an. Vermutlich um sich zu rächen, oder um sich vor seinen Kumpels zu profilieren. Keine Ahnung.
Olli drückte Martin und mich zur Seite, und umarmte den tollkühnen Angreifer mit seinen beiden Gewichtheberarmen. Ob nun absichtlich oder nicht, er kippte jedenfalls vornüber und begrub den bedauernswerten Kerl unter sich. Gute 2 1/2 Zentner lagen nun auf diesem, und dessen Gesicht mit nun weit aufgerissenen Augen, nahm ziemlich schnell eine ungesunde Farbe an.
Die Band spielte während des ganzen Tumultes ungerührt weiter. Derartige Geschichten gehörten wohl zum normalen Abendprogramm, hier in diesem Schuppen.
Knut war plötzlich auch wieder da, und schüttelte seinen Mechaniker so fest er nur konnte. Dabei brüllte er ihm so lange laute Ermahnungen ins Ohr, bis der dann endlich seinen Ringergriff lockerte. Gemeinsam zerrten wir den torkelnden Olli von seinem Opfer herunter, um ihn zurück an den Tisch zu bugsieren.
„Ich habe euch doch extra gesagt, dass ihr ihn im Auge behalten sollt" schimpfte Knut mit hochrotem Kopf. „Das hier ist der einzige Laden im Umkreis von 1.500 Kilometern, in dem er bisher noch kein Hausverbot hat" klärte er uns schreiend auf.
Kann doch keiner ahnen, dass der gute Olli so eine Wildsau ist. Jetzt, wo man es weiß, kann man sich darauf einstellen. Ein echter Kampftrinker vor dem Herrn, unser fleißiger Schrauber.
Wir blieben dann auch nicht mehr sehr lange in dieser Höhle, sondern traten ziemlich zügig den Rückweg an, bevor wir unseren Olli möglicherweise an die örtlichen Ordnungsbehörden abgeben mussten.
Glücklicherweise erreichten wir an diesem Abend dann unser Camp ohne personelle Verluste. Keine Selbstverständlichkeit, wie sich im weiteren Verlauf der Tour noch zeigen sollte.
Am nächsten Tag sollte es dann zum Ayers Rock gehen.
Rock war dann auch mein Stichwort. Ich weiß nicht, ob ich es schon erwähnt habe, aber ich habe eine Schwäche für kurze Röcke. Egal ob Jeans oder Leder.
Das habe ich Anke dann noch eindringlich klargemacht. War zudem auch ziemlich inspirierend, diese Sängerin.
Obwohl ... nötig wäre diese Inspiration eigentlich nicht gewesen.
Aber Gedanken sind bekanntlich frei.
Fortsetzung folgt