Zurück zu Krafträdern, würde ich vorschlagen.
Im Westen von München gibt es ein Gewerbegebiet namens Freiham. Dortselbst gibt es ein Möbelhaus namens Möbel Höffner, und wer dem Wahnsinn komplett anheim fallen möchte, der geht dort rein, bevorzugt am Wochenende. Und weil die meisten in München schon wahnsinnig sind, veranstaltet der Höffner - wie die anderen geschätzt 85 Möbelhäuser im Großraum München auch - jedes Wochenende irgendwelchen Rambazamba mit Hüpfburg und Musik. Wobei: "Möbelhaus" ist für dieses Gebäude der falsche Ausdruck. "Mit Geschmacklosigkeiten bis unters Dach zugestellte Zeppelinhalle" beschreibt diese architektonische Schandtat zutreffender.
Normalerweise meide ich dieses Etablissement. Heute nicht, denn im selben Gewerbegebiet residiert eine Niederlassung des Harley-Händlers "House of Flames", und die hatten heute auf dem Höffner-Parkplatz einen Event, auf dem man auch Probefahrten buchen konnte. Der Andrang war enorm, aber dennoch gelang es mir, einen Probefahrt-Termin auf einer Harley Davidson Street Glide zu bekommen.
Wer schon mal auf den BMW-Days in Garmisch war, der muss sich so eine geführte Harley-Probefahrt ähnlich wie eine geführte BMW-Probefahrt vorstellen. Nur halb so lang. Und halb so schnell. Und ohne Kurven. Und mit schlechteren Motorrädern.
"Meine" Streetglide war untenrum eine ergonomische Katastrophe. Wer nächtens ob des lausigen Getriebes seiner R1200GS LC still ins Kissen weint, der sollte sich mal *die* Schaltbox ansehen. Statt eines normalen Schalthebels hat das Ding eine Schaltwippe, also quasi zwei Schalthebel verbunden. "Du kannst auch einfach den vorderen Schalthebel ganz normal benutzen, wie du es von deiner Maschine her kennst", riet mir der Instruktor. Kann man nicht, weil das Trittbrett so dicht unter dem Hebel liegt, dass man zum Hochschalten den Fuß nicht drunterkriegt. Die Trittbretter sind für Langbeiner nix - das gesamte Mopped ist eher für Peter Maffay gebaut. Nun ja.
Das Schalten ist echt gewöhnungsbedürftig, und das sage ich als Eigner einer R1100GS mit Treckertechnik von Getrag drin. Verschärft wird es durch eine Gang-Anzeige, die im Stand und bei gezogener Kupplung nichts anzeigt. Auch die Neutral-Anzeige hilft nicht weiter - an meinem Mopped war der Leerlauf kaum zu finden. Okay, der Motor zieht eigentlich immer, also im Grunde hätte ich das heute alles im 2. fahren können, denn schneller als 60 waren wir nie unterwegs. Bei solchen Tempi und nicht vorhandenen Kurven fielen objektiv sicher vorhandene Schräglagenbegrenzungen nicht weiter auf.
Was auffiel, war der Motor, den man eigentlich nur im Leerlauf hörte, weil danach der enorm laute Luftzug von der Verkleidung übernahm (jetzt wissen wir, warum so viele HD-Treiber solch laute Auspuffanlagen haben). Dann die ganzen Gadgets, so zum Beispiel ein Riesen-Radio (unsinnig) und ein Tempomat (ach ja). Und noch was: Im Leerlauf schüttelt der Motor nicht kraftvoll, sondern einfach nur lästig.
Das Ansprechverhalten des Drive-By-Wire-Gasgriffs ist eher abwesend als direkt, aber grundsätzlich geht die Fuhre schon voran, wenn man rechts auf laut dreht. Wie sehr sie vorangeht, konnte ich nicht wirklich testen, eine Kolonne, die mit 60 über die B2 schleicht, ist da das falsche Terrain. Der Rest funktionierte unauffällig, soweit man glaubt, bei der Geschwindigkeit auf Auffälligkeiten zu stoßen. Bemerkenswert: Die simplen Harley-Blinkerschalter: Rechts ein Knopf, links ein Knopf. Drücken, es blinkt. Noch mal drücken, es hört wieder auf.
Nicht ganz durchgestiegen bin ich durch das Zündschloss "meiner" HD: Ein fetter, handschuhtauglicher Knauf, den man mit der Hand verdreht. Funktioniert wohl auch ohne Schlüssel, denn den habe ich nicht gesehen.
Zum Schluss noch ein paar Fakten: der abgebildete Hobel kostet laut Liste 26 Riesen(!), wiegt mit Sprit 375 Kilo, holt aus 1690 Kubik 138 Nm und eine unbekannte Zahl an PS - und die Beschreibung des Onboard-Entertainment-Sytems nimmt auf der Homepage mehr Raum ein als die des Motors.
Sampleman