Bevor man sich nun in wilde Verschwörungstheorien verstrickt und zweifelhafte Veröffentlichungen als Beweis nutzt, um irgendwelche bösen Absichten der US-amerikanischen Behörden beweisen zu wollen, bitte ich mal die Faktenlage zu beachten (es liefen mittlerweile zahlreiche Dokus zum Thema und es gibt auch zahlreiche Veröffentlichungen). Und mit etwas Verstand im Kopf ist man auch durchaus in der Lage das ganze kritisch zu bewerten, ohne mainstreamig sein zu müssen.
2014 wurden die Abweichungen bei den NOx festgestellt und VW mitgeteilt. Anstatt die Schummelsoftware rauszunehmen und mit den US-Behörden Klartext zu reden, u. a. zu sagen daß die Grenzwerte aus den Gründen xy nicht einzuhalten sind (man hätte sich ja was passendes überlegen können), hat man geleugnet und versucht den Betrug noch zu verfeinern. Das war im Dezember 2014.
Erst nachdem seitens der Behörden festgestellt wurde, daß hier eindeutig eine Defeat-Device eingesetzt wurde, kam seitens VW das Eingeständnis betrogen zu haben. Das war im Herbst 2015. Das anschließende Verhalten der Behörden einschließlich dem Umweltministerien und Staatsanwaltschaften war doch nachvollziehbar. Im übrigen auch das der Bevölkerung. Es ist doch nichts neues, daß Amerikaner und insbesondere auch die Justiz heftig reagieren, wenn etwas gegen ihren Willen und guten Glauben läuft. Und wenn sie sich verarscht fühlen.
Ich wage mal zu behaupten, daß wenn früher und weniger öffentlichkeitswirksam das Schuldeingeständnis gekommen wäre, ein wesentlich größerer Spielraum vorhanden gewesen wäre, um noch halbwegs sauber, weniger kostenintensiv und weniger Image-schädigend aus der Sache herauszukommen. Das hat VW 2014 mit dem ständigen leugnen und dementieren verpaßt. Im Herbst 2015 gab es halt keine Möglichkeit mehr.
M. E. ein absoluter Managementfehler für den Winterkorn letztlich auch seinen Hut nehmen mußte (und andere). Ob er es nun tatsächlich wußte oder nicht. Als Vorsitzender hätte er es wissen müssen. Zumindest hätte er als bekannter "Karosseriespaltnachmesser" nachfragen müssen, wenn eine hohe Diskrepanz bspw. beim Verbrauch zwischen den Katalogwerten und tatsächlichen Werten aufgetreten ist. Den Begriff Defeat-Device hat er nach den Berichten scheinbar auch nicht verstanden und deswegen wohl auch verdrängt. Was mir in dem Zusammenhang sehr spannend vorkommt, ist die Tatsache, daß Piech schon viel früher im das Vertrauen entzogen hat. Mit der Begründiug: er mache ihm das Amerika-Geschäft kaputt. Das kann durchaus auch andere Gründe gehabt haben. Zweifel, ob da nicht viel früher auch bis in die Vorstandsebene schon was bekannt war, sind angebracht.
Daß die Amis jetzt verstärkt auf US-amerikanische Produkte zurückgreifen ist m. E. nach auch verständlich, wenn man bedenkt wie sehr die doch nationaldenkend sind ("Eat your japanese Car"). Andereseits wie würden die Menschen denn hier reagieren, wenn sie erfahren würden, daß der bei den einschlägigen Gruppen geliebte Prius die 35fache Schadstoff ausstößt als in den Katalogen versprochen und bei der Festsetzung der Steuer zugrunde gelegt.
Daß die US-amerikanischen Autobauer nicht traurig über die Entwicklung bei VW ist auch nachvollziehbar. Das wäre bei uns nicht anders.
Daraus jetzt eine Verschwörungstheorie in der Form "wir schädigen den Wettbewerb" und nehmen es als Druckmittel bei den TTIP-Verhandlungen draus zu machen, halte ich schon für sehr phantasievoll.
Gruß Tom