1000Bucks dafür, dass man einen bestellen darf? 2017? die Geschäftsmodelle werden immer geiler.
Kommt eh gleich wieder einer, der erzählt, die 150 Leutchen vor der Tür seien der Beweis dafür, dass sich das E-Auto durchsetzt. In der gleichen Zeit hat BMW zwar allein in München mehr Autos verkauft, aber was wissen die schon.
Was die Verstrahltheit der Tesla-Fans angeht, gebe ich dir völlig recht. Es kann aber auch sein, dass bei den Leuten, die sich gerade für 1.000 US-Dollar eine Bestelloption sichern, schlichte Spekulation dahintersteht. 2015 hat Tesla vom Model S 50.000 Stück verkauft, und es war nicht so, dass sie sie den Leuten massiv hätten aufdrängen müssen. Im Gegenteil: Hätten sie mehr bauen können, hätten sie auch mehr verkauft. Mich erinnert das an die späten 70er und frühen 80er Jahre, als die Nachfrage nach Mercedes sprunghaft anstieg. Damals gab es auf bestimmte Mercedes-Modelle bis zu drei Jahre Lieferfrist, und Werksangehörige konnten ihre Jahreswagen nach einem Jahr Nutzung über Neu-Listenpreis weiterverkaufen.
Tesla hat angekündigt, dass sie mit der Auslieferung des Model 3 Ende 2017 beginnen werden, und zwar erst in den USA und dann in anderen Ländern. Außerdem sollen Tesla-Bestandskunden bevorzugt werden. Mit anderen Worten: Wenn du Ende 2017 im Tesla-Center anrufst und eine Probefahrt mit dem Model 3 machst und danach sofort bestellst, ist nicht sicher, ob du dein Auto überhaupt schon 2018 bekommst. Na, und wenn dir dann einer eine 1.000-Dollar-Bestelloption für 3.000 Dollar anbietet, dann ist dir das die 1800 Euro Aufpreis vielleicht wert - und der Mann hat eine Bombenrendite eingefahren;-)
Ich bin zu faul für so was, aber eigentlich ist das eine bombensichere Sache, denn man kann seine Model 3-Bestelloption auch in eine für ein Model S oder ein Model X eintauschen, und jemand, der einem das Ding zum Nennwert abnimmt, findet man vermutlich immer, wenn man lange genug sucht. Die 1.000 Dollar werden natürlich auf den Kaufpreis angerechnet.
Ich bin echt gespannt auf das Model 3. Ich erwarte ein E-Auto mit einem durchaus klassischen Auftritt (das Model S sieht ja auch nicht besonders exotisch aus), das in Größe und Preis mit BMW 3er/5er, Mercedes C- und E-Klasse und Audi A4 konkurriert - voll in die Volumenmodelle der "Premium"-Hersteller also. Tesla will 2016 90.000 Autos bauen, und ich kann mir leicht vorstellen, dass es nicht mehr lange dauert, bis sie 100.000 oder mehr Model 3 im Jahr verkaufen. Und das bekommen denn Mercedes/BMW/Audi ebenso zu spüren wie Toyota mit ihren Lexus-Hybridmodellen. Die werden dann irgendwie reagieren müssen, denn bislang hat ja jeder Hersteller der Welt sorgfältig vermieden, mit Tesla in Konkurrenz zu treten. Und erst dann wird die Geschichte langsam spannend. Bislang ist für mich ein Tesla Model S so relevant wie ein Maserati Quattroporte und ein Model X so relevant wie ein Range Rover - Autos, die komplett außerhalb meiner Reichweite liegen.
Zu Elon Musk habe ich interessante Sachen gelesen. Der Mann scheint tatsächlich extrem intelligent zu sein. Er setzt sich auch extrem ambitionierte Ziele - und hat diese bislang mit einer bemerkenswerten Konsequenz erreicht. So war der Grund für die Gründung von Space X (Raketen) nicht der, mit der NASA irgendwelche lukrativen Deals für die Versorgung der ISS abzuschließen, sondern die Menschheit zu einer multiplanetaren Rasse zu machen, die auch überlebt, wenn es die Erde zerreißt. Dazu soll es eine permanent bewohnte Mars-Kolonie geben, und um das zu erreichen, muss die bemannte Raumfahrt komplett neu gedacht werden, und da sind sie gerade dran. Das kann man natürlich durchaus als "völlig absurd" abtun, aber bislang kann man noch nicht sagen, dass Musk mit irgendwas, was er angepackt hat, so richtig gescheitert wäre. Der Mann hat offenbar eine fast übernatürliche Gabe, Investoren zu begeistern.
Was in Musks Persönlichkeit allgemein als bemerkenswert beschrieben wird - und was gleichzeitig als Faszinosum und als Risiko gesehen wird: In Musks Gedankenwelt existiert offenbar die Möglichkeit nicht, dass eins seiner Projekte scheitern könnte. Dieser Mangel an Selbstzweifel geht offenbar weit über das normale Maß an Ego von Spitzenmanagern hinaus. Einerseits macht seine extrem große Überzeugung von seinen Ideen ihn zu einem Menschen, der andere mitreißen kann. Andererseits kann Hybris auch ins Auge gehen: Sie gilt zum Beispiel als eigentlicher Auslöser der Finanzkrise von 2009.
Privat ist Musk wohl eher ein Soziopath, mehrfach geschieden und bisweilen schwierig im Umgang. Andererseits: Ferdinand Piech soll auch ein ganz merkwürdiger Geselle sein, ebenso Winterkorn. Dieter Zetsche habe ich mal vor 20 Jahren getroffen, da war er noch Chef der Lkw-Sparte von Mercedes-Benz. Der war im Umgang sehr angenehm, aber was weiß ich, wie der sich zuhause benimmt?