Hi
Jakob, aber bei uns gehen die Einnahmen an den Staat, und es muss nicht wie bei der TOLLen COLLECTe eine grössten teils private Firma mitfinanziert werden.
Ja, kann so sein. Deshalb wollte das der Staat auch selbst übernehmen, erkannte sich dann aber als zu doof dafür.
Das System mit GPS-Datenabhängiger Verrechnung hat Vor- und Nachteile. Man kann es einfach nicht mit z.B. Italien oder Frankreich vergleichen deren Autobahnen von vorn herein auf Mautbetrieb ausgelegt wurden und deshalb nur alle 50 Km eine Ausfahrt haben.
Bei uns war von vornherein gedacht damit auch innerstädischen Verkehr zu entlasten und teilweise "alle 100 m" eine Anschlussstelle zu haben.
Zudem kann man mit dem System (theoretisch) jeden Fahrradweg vermauten
Ein paar Schmankerl:
Anfänglich schrieb der Auftraggeber/Staat die zu verwendende Softwareen vor und suchte Firmen zusammen die das gemeinsam tun sollten (TollCollect). Das waren nicht nur T-Systems und Daimler und keiner hatte den Hut auf aber jeder verfolgte seine Interessen und "sein" Konzept.
Die zu verwendende Software war irgendein PC-Kram der zusammenbrach als mit einem Bruchteilchen der zu verarbeitenden Daten getestet wurde. Dazu kam, dass der Kram keine zusammenpassenden Schnittstellen hatte.
Irgendwer hatte dann die Idee, dass das im Prinzip nichts Anderes als eine Telefonabrechnung mit Einzelgesprächsnachweis ist. Da gab es eine Lösung von SAP. Auch die Kunden-/Geräteanzahlen bewegen sich in diesem Bereich.
Es sind im Prinzip einige Komponenten:
1 Die "auf" den Autobahnen installierte Kontrollsoftware (Brücken). Hier wird in erster Linie abgefragt OBU (die installierte Mautkiste) in Betrieb j/n; LKW ja/nein; Achszahl; Kennzeichen (auch unter 3 cm Schnee und Dreck).
Danach erfolgen 2 Abfragen. Einmal beim KBA: Welche Tonnage verbirgt sich hinter dem Kennzeichen und beim Mautrechner: Hat das Kennzeichen bezahlt? Wenn dann zwischendurch das OBU-Signal kommt werden alle Daten weggeworfen und alle Anfragen abgebrochen. Das Ganze muss funktionieren wenn der LKW mit 120 km/h durchrauscht. Die Testlaster durften 120!
Wenn keine OBU, zuviel Tonnen und nix bezahlt, dann randaliert "die Brücke" in Potsdam bei einem vom Staat betriebenen Kontrollzentrum das dann den Vorgang als Mautpreller bearbeitet. Es ist bekannt, dass niemals alle Brücken gleichzeitig in Betrieb sind weil der Staat nicht ausreichend Personal aufwenden will.
Als das noch als Aufgabe von TollCollect definiert war sollten natürlich alle Brücken ständig in Betrieb sein. Dann -kurz vor Inbetriebnahme- fiel jemandem ein, dass dies eine hoheitliche Aufgabe ist und da nicht irgendwelche Zivilisten...... Komisch, bei der privaten Verkehrsüberwachung geht das! Die Inbetriebnahme verschob sich!!
TollCollect durfte die Entstehung/Konstruktion, Softwarengeneering/etc. organisieren und überwachen und "darf" die Wartung dieser Anlagen organisieren obwohl nix davon von TC ist und die Wartung von einer anderen Firma erledigt wird. Ja, dafür nimmt TC Geld weil der Staat unfähig ist einer Fremdfirma einen Auftrag zu erteilen.
2 Die Mauterfassung läuft über eine Art Navi. Den OBU ist bekannt welche Strassenabschnitte "vermautet" sind. Wie auch die Navis haben sie eine interne Vektorkarte. Nur fehlt eben alles was nicht mautpflichtig ist. Fährt der LKW auf die BAB auf, dann weiss das Gerät "ah, wir fahren auf eine Mautstrecke" und speichert den Streckenabschnitt 4711. Der ist vielleicht 2 km lang. Nach 2 Km kommt 4712. Das Gerät unterstellt jetzt, dass das Fahrzeug auf der BAB fährt. Biegt es zwischendurch ab war es wohl nur scheinbar auf der BAB und tatsächlich auf einer direkt daran verlaufenden Landstrasse und die GPS-Position war nicht eindeutig; die Info wird verworfen. Hält es an wird es wohl eine Panne haben oder Pause machen.
Veränderte Mautabschnitte werden über SMS korrigiert. Wenn der Speicher der OBU halb gefüllt ist werden die Daten per SMS an den Rechner gesendet. In der Praxis sind noch zig Abfragen dabei um sicherzustellen dass nix Unrechtes erfasst wird.
Die 1600Uhr gesammelten Daten müssen über Nacht verarbeitet sein und die zu erwartende Maut (es hat ja noch keiner bezahlt!) muss TC bis zum nächsten Tag um 1200 beim Staat bezahlt haben! Ob die Kohle jemals kommt oder der Spediteur pleite ist interessiert nicht!
Bei der Anmeldung zur "Mautteilnahme" werden Grunddaten in einem IT-System erfasst und dann, in regelmässigen Abständen (vorgegeben war 1x täglich) nach SAP übergeben. Man könnte das zwar auch in SAP erfassen aber da müsste man a) Lizenz bezahlen und b) hat der Auftraggeber irgendeinem Softwarehersteller versprochen dessen Software zu nutzen. Jetzt wird minütlich übergeben. Mit all den Problemen die eine Schnittstelle nun mal hat. Ein sinnloser Vorgang der lediglich das Ziel hat eine Zusage an den Softwarehersteller zu halten. Die Lizenzen wären billiger.
Auch bei der Rechnungsstellung wurde einer (schweizer :-)) Firma eine Zusage gemacht. Jetzt werden alle Rechnungsdaten an die Schweizer übergeben damit die die Rechnungen erstellen und in DE ausdrucken und versenden lassen. Der Gag dabei: Die Firma kann die SAP-Rechnungsnummern nicht verarbeiten weil sie zu lang für deren Spielzeugsoftware ist. Also müssen sie umgeschlüsselt werden.
Aber nicht von den Schweizern weil die dazu keinen Auftrag hatten. Hat der Auftraggeber erst einige Tage vor dem geplanten Start erkannt (die Schweizer meckerten!) der sich dadurch erneut verschob.
4/5-tel der Verzögerungen bei der Einführung lagen daran, dass niemand Schuld hatte/zuständig war (Konsortium mit gleichberechtigten Partnern) und bis 10 min vor Start immer neue, vorher unbekannte "Erfordernisse" auftauchten.
Zuerst waren die OBUs so gedacht, dass sie der Kunde erwerben muss und dass dort auch die "Kästchen" für AT, CH, FR, etc intergriert werden könnte. 5 vor 12 kam dann der Jurist und meinte "wenn die Dinger Eigentum des Kunden sind kann er sie auch manipulieren weil wir nicht verhindern können, dass er sie zerschraubt.
Es gäbe noch viele Schoten zur Maut in DE zu erzählen.
Merke: Wenn der Auftraggeber Vorgaben macht und Verträge mit Hinz&Kunz abschliesst sollte man das allen Beteiligten frühzeitig mitteilen. Verträge sollte man erst abschliessen wenn sichergestellt ist dass das Konzept greift (Herr Scheuer!).
Bindende Konzepte, nicht umsetzbare Kompromisse, etc. sollten nicht von Juristen, Bankern, Politikern, Hausfrauen (also der breiten Masse) verabschiedet werden, sondern es sollte ein entsprechender Spezialist dabei sein. Ja, der verzögert u.U. Entscheidungen, kann sein. Aber wahrscheinlich gibt es dann in der Folge weniger Verzögerungen. Und gleichberechtigte Partner sind sch.... weil immer "der Andere" Schuld hat.
Praktisch war/ist, dass man alles TC in die Schuhe schieben kann.
Dass die öffentliche Hand daraus gelernt hat sieht man am BER. Gut geplant und wesentlich früher fertig als gedacht. Und das mit Luschen an der 3-fach-Spitze die sich bereits an anderen Positionen derart bewährten, dass man sich auf eigenen Wunsch trennte.
gerd