1985 Die erste Anfahrt zu einem Motorradtreffen
Teil 7
Da standen wir nun am See. Irgendwie war das nicht der wahre Jakob hier rumzustehen. Jeder von uns fuhr seine Runde – ich bin ja mit meiner Frau hauptsächlich durch`s Bergische geknattert zwecks Vertiefung der Schräglage. Anschließend zum Qool down zum See. Kaffee mit ner Curry Wurst oder `n Stück Kuchen – Quark Kirsch war immer lecker.
Ja und da standen wir und philosophierten über unsere Ausfahrten und plötzlich wie aus dem Nichts, kam die Idee auf, mal gemeinsam zu fahren. Donnerkeil - watten grandiosen Voarschlach - alle ärgerten sich nicht selbst drauf gekommen zu sein.
Roland kramte einen Zettel ausser Tasche. Ja hier könnte man doch mal hinfahren. Ostfriesland „Pünten Treffen“ hieß die Festivität.
Roland war ein irrer Typ, lebte in seinem Zimmer zu Hause im Keller mit einem 500 L Aquarium mit 2 Piranhas drinnen. Er hatte krause lange Haare - ein wenig zugewachsen - offenes rundes Gesicht - das kannte ich irgendwoher. Roland fuhr ein MZ 250 ETZ Gespann. Wenn der Beiwagen nicht gerade in der Luft war, dann saß sein Bruder drin. Irgendwie, wenn ich heute die Ludolfs sehe, kommen Erinnerungen an die beiden hoch. Total offen und ehrlich - mit denen konnte man durch dick und dünn gehen - was wir auch später oft genug gemacht haben. Roland seine „Emme“ getunt. Er hatte sich im Prospekt den „Leistungskrümmer“ angesehen und sofort erkannt, dass der halt eben nur ne andere Krümmung hatte und `n Stück kürzer war. Also kurzerhand das Ding umgebogen und gekürzt - voilla 21 statt 17 PS - ist eben auch viel ne Kopfsache oder Bauchgefühl - je nach Motivationsrichtung.
Ja dann offenbarte er uns, dass sein Kumpel Charly (mit der Harley) auch bestimmt mitfahren würde. Ja super so haben wir uns dann für dieses Wochenende verabredet - für den Samstag erstmal vorsichtshalber.
Roland mit seinem Bruder im MZ Gespann, Charly mit der Harley, Charles und seine Frau mit der XS 650, Uwe (Boing) mit seiner R 80 G/S - Paris Dakar, Turbo mit seiner 600er BMW wollte, ebenso wie meine Frau mit ihrer Z 500 GPZ (getunt auf 600 ccm) nachkommen.
Sonne bekloppte gemischte Truppe sollte die B70 nicht so schnell wiedersehen.
Ja Samstag morgen Treffpunkt Haus Scheppen: Ich lernte Charly (mit der Harley) kennen. So`n langen Lulatsch mitter Sweet Frisur - total cool. Seine Harley - 1200er Schovel Head mit Springer Gabel und Amerika Tank - ne eine zu eins Kopie aus dem Film Easy Rider.
Wir beide, die Frau von Charly war auch dabei - sachte abba nix, waren die ersten. Gut Pünktlichkeit ist ja ne konservative Tugend. Ich glaube wenn ich gesacht hätt: High Charly, ich freu mich Dich kennenzulernen, dann hätte ich wahrscheinlich bei ihm ausgeschissen bis zum Jüngsten Gericht. So habe ich die Schnauze gehalten und gefragt ob er noch`n Kaffee haben wollte. Mundwinkel nach unten und ein mit dem bloßen Auge kaum zu erkennendes Nicken - ja da musse im Revier nen Blick für haben. Also zum Stehtisch gegangen und die beiden Kaffee für ihn und seine Frau hingestellt - und dann einen kurzen Laut, sonne Art Grunzen, von mir gegeben und gut war - Puh, das hat ja schon mal geklappt.
Mit Charly werde ich später mal Sylvester feiern. Er wird mal mit einem Käfer am See auftauchen. Jedoch wird allen Umstehenden auffallen, dass das Fahrzeug eine unglaubliche Beschleunigung hat. Darauf angesprochen guckt Charly ganz lässig - Jaaa da ist ein 2,3 Liter Ford 6-Zylinder drin - geht ganz gut. Ja neh is klar - geht ganz gut - ja den Eindruck hatte ich auch.
Innerhalb kurzer Zeit rollte der Rest der Truppe ein. Roland fährt vor - der Kutscher kennt den Weg. Bereits nach kurzer Zeit werde ich ganz high von den MZ Abgasen, die ganze Fahrt spielt sich in Zeitlupe ab - wir gewinnen kaum an Fahrt und das Ziel verschwindet komplett aus meinem Gedächtnis. Nach einer Zeit merke ich, dass es nicht die Abgase waren, sondern das wir wirklich mit einer unterirdischen Reisegeschwindigkeit unterwegs waren. Bei einem Hauch von Gegenwind oder einer kaum wahrnehmbaren „Steigung“ sägte die Emme eine Oktave höher. Aha er hat runtergeschaltet - warum eigentlich? - ich hatte Mühe, meinen V-Zwei nicht zu untertourig zu fahren.
Beim Stopp anne Pommes Bude: Hömma Roland, kann datt sein, datt Dein Tuning inne verkehrte Richtung gegangen is? - Neh ich hab ja schon die Scheibe vom Beiwagen abgemacht, datt bring so 4-5 km/h inne Endgeschwindichkeit. Ich glaub mein Bruder hat zugenommen - und ausserdem hap ich noch 10 Paletten Aldi Bier im Beiwagen - falss es da kein Bier gipt.
Ja gut alles klar, datt Ding war nicht nur schwach motorisiert, sondern auch noch überladen - datt Baumwollzelt, wo das Gespann drinnen Platz hat war ja auch noch an Bord. Na erstma ne Curry Wuarst - falls es mal wieder etwas länger dauert. Wollte schon nach nem Lunchpaket fragen - fand das aber nicht so charmant - wird schon noch nen Imbiss kommen bis Ostfriesland. Dauert es noch lange? - woher sollten wir das wissen - Navi gabet ja noch nich`.
Nach dem Essen wurde ich übermütig. Ich habe Charly gefragt, ob ich mal auf der Harley sitzen darf. Die Andeutung einer Kopfbewegung in Richtung seiner Maschine deutete ich als euphorische Zustimmung. Aaalsooo - erst mal das Beinchen über die Sitzbank - vorsicht nicht anner Sissybar hängen bleiben. So jetzt stand ich da drüber. Meine Fresse - da unten sollte ich mein Hinterteil hin manövrieren? Langsam immer schön langsam ließ ich mich nieder. Ab einer gewissen Höhe musste ich mich am Lenker festhalten. Irgendwann nach einer kleinen Ewigkeit saß ich irgendwo gefühlte 10cm über`m Boden. So ungefähr in der Haltung wie als wennsze innen Wald scheißen willst. Nur das Reißen in den Armen, die noch irgendwo in 2 Meter Höhe mit den Händen am Lenker geklammert, passten nicht so richtig. Sonst stütze ich mich in dieser Haltung mit den Händen an den Knien ab. Ja so weit so gut - nur jetzt wie wieder nach oben kommen? Mit einer unendliche Kraftanstrengung - GsD keine Zwiebeln auffe Wuarst gewesen - bin ich mit hochrotem Kopf wieder in die Aufrechte gekommen. Naja - ich hatte mal auffer Harley gesessen - weiterfahren.
Nach einer Gefühlten Ewigkeit, kann auch länger gedauert haben, sind wir auf dem Treffenplatz angekommen. So ein Bier Rondell war aufgebaut - so Bier gab es also hier im Land der Horizonte. Bei näherer Betrachtung haben die Kollegen da auch ne Suppe verkauft. Naja sonne Wuarst mit Fritten hält jetz auch nich lange vor und für den Abend könnte ne ordentliche Grundlage nicht schaden.
Am Feldrand, ein Stück weg vom Platz, auf einer schönen Wiese die Zelte aufgebaut und dann ab zur Tränke. Ich musste ja noch halbwegs nüchtern bleiben, da meine Frau später nachkommen wollte und sie mich nicht im Vollrausch antreffen sollte.
Es war unser erstes Treffen. Wir wollten gute Gäste sein. So hatte wohl jeder von uns den Ehrgeiz, das Bier wegzutrinken die Suppe auszulöffeln - braucht ja nix übrig bleiben, wenn schon mal alles rangeschafft wurde. Also ab die Post - hoch die Tassen. Ich kann mich erinnern, dass meine Frau wohlbehalten angekommen war. Wir sind unzählige Male mit der Bierzelt Garnitur umgefallen - immer wenn Uwe zur Toilette ging - das Örtchen war in der benachbarten Kneipe - zu erreichen über eine kleine Brücke über sonne Köttelbecke. Es stand eine kleine Laterne am linken Rand der Brücke. Uwe dachte wohl die Lampe stünde rechts - so ist er das erste Mal in die Kloake gefallen. Na gut ist jetzt beim Uwe nichts ungewöhnliches. Beim nächsten Toilettengang, jemand hatte aber die Lampe vorher unbemerkt an den rechten Rand der Brück gestellt - Uwe konnte, obwohl schon nicht mehr nüchtern sich erinnern, dass die Lampe links stand - also ging er rechts an der Lampe vorbei . . . . . Na ja so ging das den ganzen Abend. Immer ist er in die Köttelbecke gefallen. Zu später Stunde hat noch jemand auffem Tisch getanzt und seine oariginoale Aomeriakanische Unnerhose gezeicht - dann hatte ich die richtige Bettschwere - total besoffen in den BW Schlafsack.
Der nächste Morgen empfing mich mit unerträglichen Kopfschmerzen. Instinktiv griff ich nach der Murmel - ein Gefühl als hätte damit jemand Billard gespielt. Mit der Wuarst oder mit der Suppe war auch watt nich in Ordnung - datt wollte alles nach draußen. War wohl irgendwie nen Stich dran oder so. Oder vielleicht die ungewohnte Ernährung, datt Bier - wer weiß datt schon. Nachdem ich dann aus`m Zelt raus bin und am Feldesrand herzhaft nach Jöarch gerufen hatte und mir die ganzen Sachen durch den Kopp gehen ließ. Hatte ich einen starken Druck auf der Blase. So erstma locker das Feld bewässern. Wie ich da so stehe und eine wahre Erleichterung erfahre und meinem Pullern lausche, dachte ich zuerst das mir der Alkohol auf die Ohren geschlagen hätte, weil ich hörte ein zweites Rauschen. Aha Charly stand da auch und pinkelte Angesichts der aufgehenden Sonne.
Nachdem jetzt die gröbste Morgentoilette erledigt war, meldete sich mein arg geschundener Rachen - jetzt war mir klar warum hier kein Baum mehr stand - alles abgesächt heute Nacht. Ich hätte einen Brand wie eine tibetanische Berchziege.
Da hörte ich Charly auch schon brüllen: Ein Königreich für eine Cola - Donnerkeil - so einen Gefühlsausbruch hätte ich dem gar nicht zugetraut. Ich wollte auch noch watt sagen, aber bekam keinen Ton raus und hörte das schabende Geräusch meines Zäpfens.
Tatsächlich trollte sich ein Mensch aus seinem Zelt und ging zu seiner BMW 75/5 machte die Koffer auf und gab uns jedem eine Dose River Cola. Seitdem kann ich gegen BMW Fahrer nichts negatives mehr sagen - der Mann hat mir das Leben gerettet. Obwohl River Cola war jetzt nicht so mein Favorit ist habe die Dose genommen und geöffnet - Charly hatte seine Büchse auch angesetzt und weggesüppelt - an den Mund geführt und es war ein Gefühl, das werde ich mein Lebtag nicht vergessen - dieser Schmerz als mein Rachen mit der Gewalt dieser Kohlensäure konfrontiert wurde, instinktiv habe ich den Mund geschlossen. Dadurch entstand jetzt ein nicht unerheblicher Überdruck und dieser Überdruck sucht sich den Weg über die Nase ins Freie. Egal dieses edle Kaltgetränk rannte mir die Speiseröhre runter und löschte meinen unbeschreiblichen Durst. Ein Rest blieb noch - damit habe ich dann erst mal 2 Aspirin runtergespült.
Bleibt noch zu erwähnen, das Charles das weich gekochte Frühstücksei nicht runterbekommen hat und es zwecks Heimtransport in der Brusttasche von seinem Hemd aufbewahrt hat. Es dort vergessen hat und sich dann in seine sehr enge Motorradjacke gezwängt hat. Ariel bei 60° C gab es glaub ich auch noch nicht. Uwe hat am nächsten morgen noch mal ne kleine Gelände Einlage gegeben und hat dann bei Tageslicht die Brücke mit`m Moped verfehlt und ist dann noch mal, diesmal mit Moped in die . . . . . . gefallen.
Abends am Treff am See waren wir uns alle ausnahmslos einig - datt war ein tolles Treffen - datt machen wir noch mal.