Teil 8 - 2029 aus der Traum
Teil 8 - Aus der Traum
Ja so fahre ich dann auf der Ost-West Achse durch mein Revier. Die beiden Folienmotoren ziehen mich magisch, unauffällig und unglaublich effektiv über die vollelektronisch überwachte Fahrbahn. Das 3D-Farbdisplay liefert die Informationen über die wichtigsten Daten - die meinigen und die des Motorrades. Ich habe noch eine seeliges Lächeln um meine Mundwinkel wenn ich an die Treffen Ausfahrt vor 42 Jahren denken muss. Die Begleitfahrzeuge die mich auf dieser Fahrt eskortieren, schützen die anderen Verkehrsteilnehmer vor dem Anblick eines ausgewilderten Motorradfahrers.
Ich habe mal eine alte Strecke beantragt. Wir werden so Runde Ruhrgebiet - Sauerland - Bergisches Land - Ruhrgebiet in Angriff nehmen. Nicht so viel zumuten nach 20 Jahren Pause. Wenn wir ausserhalb der Ruhrstadt sind, werde ich mal den Verbrennungsmotor zünden dürfen - so hoffe ich. Hier im dicht besiedelten Gebiet ist ja streng verboten. Harte Sitten im Jahr 2029. Mein vollklimatisierter Anzug sitzt perfekt und bildet mit dem Helm eine perfekte vollklimatisierte Einheit. Alle Systeme normal . . .
Plötzlich meldet sich das Display: Auf ihrer beantragten Route sind Störungen - schwerer Ausnahme Fehler - (Error Code 2453) zu erwarten.
Toll - Watt heißt datt getz`? Ein Blick zu meinen Begleitern in den Fahrzeugen verheißt nichts Gutes. Hektisch fummeln die an Ihren Rechnern rum. Geben Werte ein, rufen Informationen ab - diskutieren - reger Funkverkehr zwischen den Fahrzeugen. Dann meldet sich der Chef von der Security Truppe über Funk: „Wir haben einen total Ausfall der Überwachungssysteme im Korridor zwischen Altena, Schalksmühle, Wipperfürth und Hückeswagen.“ - „ Ja und?!“ - „Es ist eine unkontrollierte Gegend“ - „Ja kapiert - datt war früher ganz anders“ - „Wir können Sie da nicht kontrollieren“ - Jahaha hasse doch schon gesahagt“ - „Wir programmieren die Route um“ - „Hömma Kolläge - datt wagst Du Dich nich - sonst hat der Popo abba Kirmes“ - „Kommen Sie denn dort zurecht“ - „Bestimmt“ - „Ja dann fahren wir wie geplant weiter - vielleicht ist die Störung bis dahin behoben“.
Wenn ich in der Gegend nicht kontrollierbar bin, dann ist da vielleicht ja „Freie Bahn mit Marzipan“ - also ist eventuell mal so richtig angasen möglich. Ich zitterte am ganzen Körper vor Aufregung.
Wir verlassen die West-Ost Tangente und nähern uns dem Gebiet mit der besagten Störung. Ich sehe die Kurven schon vor mir liegen. Ich fühle mich wie ein Pilot - schwerelos, doch voller Verantwortung - die Systeme hab ich im Griff - ich lese ja seit Jahren niGS anderes als diese Gebrauchsanweisung dieses Übermotorrades.
Die kurvenreiche Strecke beginnt und mit mir gehen alle Pferde durch. Ich drehe am Gashahn, das soll die Zuschaltung des Verbrennungsmotors aktivieren und erwarte den vorhergesagten unglaublichen Schub. Da hier jegliche Kontrolle endet, öffnet sich auch automatisch das Innenvisier von meinem Helm. Die frische Luft knallt mir ohne jede Vorwarnung ins Gesicht. Meine Fresse watt kann frische Luft stinken. Ein Verkehrsflugzeug - ja Himmel, Hagen, Witten, Dortmund - wo kommt datt denn her? Verkehrsflugzeuge gibt es doch im Jahr 2029 nicht mehr.
Auf jeden Fall stürzt diese Flugzeug vor meinen Augen mit rauchendem Triebwerk in den Acker links von mir. Ein startendes Flugzeug???? stürzt sofort nach dem Start in das Dorf rechts von mir. Watt is denn hier los?
Da hilft mir Gott sei Dank der Fluchtinstinkt aus der Urzeit. Ich drehe am Gasgriff, das mir die Hand weh tut. Aber niGS - die GS bewegt sich in Zeitlupe, kommt zum Stillstand, das Bild ruckelt. Ich glaube es nicht - jetzt noch ein melodischer Warnton vom Display. Noch ein anderer Warnton - der ist nicht zu orten. Ich drücke wie wild Richtung der Töne, stochere mit meinem Zeigefinger so stark, das ich ein hölzernes Tackern höre.
Aber die Warntöne hören nicht auf. Die Landschaft verschwimmt vor meinen Augen, der Kontrast verblasst - alles wird weiß - kurze Zeit später schwarz. Nur noch die lästigen Warntöne kann ich hören - sie werden immer lauter und ich habe das Gefühl, dass mir die Trommelfelle platzen.
Jetzt ist mir alles klar! Die Warntöne sind meine beiden Handys, die ich als Wecker benutze. Ich liege in meinem Bett und der Projektionswecker wirft 6:48 Uhr anne Decke. Das hölzerne Tackern ist mein Zeigefinger auf dem Nachttisch, wo ich schlaftrunken versuche die Wecker zu deaktivieren. Jau toll - ein Traum - sogar ein Traum innerhalb eines Traumes - Respekt Hut ab.
Ich stehe auf und bemerke einen Geruch - empfindliche Zeitgenossen würden von einem Gestank reden. Das Aioli, diese cremige Masse, die zum größten Teil aus gutem Olivenöl und frischem Knoblauch zubereitet wird, das ich gestern Abend zum Weißbrot als Appetitanreger aß, hat doch deutlich an Dominanz zugenommen. Der chemische Prozess beim Durchlauf in der Nacht durch meinen Körper tat ein Übriges. Also niGS frische Luft, die da so stinkt.
Ich gehe ins Bad - zögere beim öffnen der Tür - ich mach die Tür nur einen Spalt auf linse hinein. Gott sei Dank keine Ampel am Spiegel, kein Analysebecken für den morgendlichen Urinstatus und auch kein Ganzkörper Scan. Kein Folienbildschirm auf dem mein Arzt erscheint um mit mir meinen Speiseplan an Hand meines körperlichen Befinden vorzubeten.
Alle Systeme normal - noch mal kurz der Blick auf die Badezimmer Uhr - 6:49 Uhr - jetz` keine Details - kurz auf „Mode“ gedrückt - 28. Oktober 2009 - na bitte willkommen zurück in der Gegenwart. Wie zur Bestätigung höre ich das Geräusch eines landenden Verkehrsflugzeugs, das auf dem Weg nach Düsseldorf ist. Bei Westwind fliegen die Dinger aber auch tief und was solche Geräusche auslösen können.
Leider steht in meiner Küche aber auch kein Food 3D Printer aus dem Jahre 2029, der mir mein Essen ausdruckt - Kühlschrank leer - na wenigstens scheint die Espresso Maschine zu funktionieren.
Heißa zweimal werden wir noch wach - dann ist Freitach - dem Himmel sei Dank . . ..
Mal sehen, ob wir da Moped fahren können. Früher war ja am letzten Oktober Wochenende immer das Treffen in Gerolstein - nicht direkt Gerolstein - es war genau genommen in Büdesheim auffe Grillhütte. Da habe ich mal einen Pokal für den besoffensten Teilnehmer bekommen. Da bin ich heute nich` mehr so stolz drauf - die Zeiten ändern sich - aber da hatte ich auch immer so wilde Träume . . . .
Glück Auf Holger