Nordwestjapans Küstenstreifen wurde zerstört, 400.000 sind obdachlos, und es schneit - das ist aber doch nur einmal eine News?
Das ein fünfter Reaktor überhitzt hingegen, finde ich, ist schon eine Nachricht (keine Panik!) wert.
Diese Sichtweise kann mann teilen, muss man aber nicht. Die POresse hat es zu einem guten Teil in der hand, diese halbe Million Menschen mehr oder weniger in den Fokus der Menschen zu schieben. Und damit die Welle der Hilfsbereitschaft in ihrer INtensität zu beeinflussen.
Aber eben: Ich beziehe uns Bürger in die Kritik durchaus mit ein. Es ist viel attraktiver (und billiger), sich tagelang in hochtheoretischen Exkursen zu ergehen über das Für, das Wider und das absolute Wider von Atomkraft. Sich dem realen Elend zu stellen, das Portemonnaie rauszukramen und das zu tun, was tatsächlich helfen könnte (Kohle lockermachen), stinkt dagegen eventmässig irgendwie ab.
Und das ist in meinen Augen durchaus ein kritikwürdiger Zustand.
Weiterhin: Wenn die Quelle dürftig ist (jap. INfopolitik), wieviel Vertrauen sollte ich dann wohl den Pressebericfhten schenken? Wo soll denn da die fachliche Qualität herkommen, die ich bei einer Berichterstattung über ATomkatastrophen erwarten würde?
Es sagt ja niemand, dass man das Thema nicht supergenau behandeln sollte - es ängstigt mich genau wie viele andere auch. Aber das aktuelles Leid so locker verdrängt wird durch etwas, was noch gar nicht passiert ist, das weckt einen alten Groll: Wir Menschen sind ganz ekelhaft sensationsgeil!! Käme der Tsunami erst morgen und man würde versuchen, ihn zu verhindern - ich wette, das wäre ein gleichberechtigtes Thema für die Medien neben den Reaktoren. Aber wenns nurnoch ums Leichenzählen und retten von armseligen Menschenleben geht - so what?
Wie kommt es denn, dass die japanische Katastrophenschutzinfrastruktur so jämmerlich versagt? Wie kommt es, dass Hilfsgüter innerhalb Japans länger benötigt haben als damals nach Indonesien? Wie kann es sein, das man Hilfe aus dem direkt benachbarten Russland abgelehnt hat? Und stimmt diese Nachricht überhaupt?
Das alles sind Themen, die uns ebenfalls interessieren sollten, denn auch uns kann es katastrophenmässig schnell mal wieder mächtig treffen. Was können wir aus Japans Problemen lernen?
Also, ganz ehrlich: Für einen nur mittelmässigen Journalisten wären da genug Themen für Wochen abzugreifen.