Downunder mit WWBTT.....Teil 40
...Auf derlei profane Dinge verschwendete ich während dieses einsamen Rennens gegen den, nur schwachen Widerstand leistenden Selbsterhaltungstrieb, keinen einzigen Gedanken.
Es war eben einer dieser Tage, die sich zumindest phasenweise in das Langzeitgedächtnis einbrennen.
Diese ’’Gates of Perception“, können auch ohne externe Drogeneinwirkung weit geöffnet werden. Die Reaktionen losgelöst von den Gedanken. Ein zeitloses Jetzt.
Wie soll man sonst diesen möglicherweise buddhistischen Zustand mit Worten beschreiben?
Warum reite ich überhaupt ständig auf diesem Thema herum?
Hauptsächlich wohl aus dem Grunde, weil ich wegen meines dafür ursächlich notwendigen Fahrstils ständig kritisiert werde. Es war hier auch wieder so.
Meine Mitfahrer sind da in der Regel wenig verständnisvoll. Suizidaler Fahrstil habe ich schon gehört. Das ist sicherlich übertrieben und kommt dann meist auch von den Richtigen. Von genau diesen Typen, hinter denen man nicht länger als 10 Minuten herfahren kann ohne ständig in Selbstzweifel zu verfallen.
Irgendwann kommt dann bei mir so etwas ähnliches wie eine Kamikaze-Lethargie auf. Nur vorbei … und weg.
Einfach nur weg, von diesen Autofahrern auf zwei Rädern.
Im Laufe der Zeit habe ich mir aber auch eine spezielle Technik angeeignet. Ich versuche immer so zu fahren, als ob ich mir selbst entgegen kommen würde. Also, ich gehe davon aus, dass mir jederzeit auf der Gegenfahrbahn ein Typ entgegen kommen könnte, der genau so fährt wie ich. Das hat mir, oder besser gesagt meinen nächsten Angehörigen, bis zum heutigen Tage die doch irgendwie peinliche Frage nach einem eventuell vorhandenen Organspenderausweis erspart.
Auf Glück alleine sollte man sich eben nicht verlassen.
Möglicherweise hatte es auch etwas Gutes, dass ich auf der Great-Ocean-Road doch eher untermotorisiert unterwegs war. Wenn man an einer Steigung vom Gas geht, verhungert die XT doch ziemlich schnell. Das verhindert in vielen Fällen gefährliche Überholmanöver. Schnelle Rechtskurven bei gegebenem Linksverkehr erfordern nämlich ein wenig Übung. Erschwerend kommt hinzu, dass mir Rechtskurven überhaupt nicht, oder eher weniger liegen.
Das soll aber bei Rechtshändern häufiger der Fall sein. Sagt man jedenfalls.
Mit der halben Leistung und nur einem, wenn auch hubraumgleichen Zylinder ausgestattet, muss man es ruhiger angehen lassen. Ob ich diese Zeilen noch schreiben könnte, wenn ich damals auf meinem aktuellen Mopped unterwegs gewesen wäre, halte ich eher für unwahrscheinlich.
Alles Karma eben … womit sich der buddhistische Kreis wieder schließt.
Trotz der maulenden Kollegen fuhr ich meinen Stiefel durch. Am nächsten festgelegten Treffpunkt meditierte ich dann meinen Adrenalinspiegel wieder runter. War ja genug Zeit, bis der Letzte endlich eintraf.
Der sah allerdings ziemlich mitgenommen aus. Unser guter Heinz pfiff deutlich erkennbar, auf dem allerletzten Loch.
Wir saßen dann beim Getränk in einem kleinen gemütlichen Imbiss mit Zapfsäule. Der Heinz starrte teilnahmslos in die Gegend. Aus seinem Mundwinkel lief unkontrolliert der letzte Schluck Kaffee und tropfte auf seine Jacke.
Wenn das kein Grund für lustige Bemerkungen war. Aber die kamen nicht.
Eva hatte mit klinischem Blick die Situation direkt erfasst. Den armen Heinz hatte wohl der Schlag getroffen.
Die Great-Ocean-Road hatte ihn geschafft. Das war wohl nach der ganzen Wüstenschleicherei ein Häppchen zu viel, für unseren alten Haudegen.
Sein rechter Arm und das Bein waren auch außer Betrieb. Er nuschelte nur unverständlich und stierte verwirrt umher.
Der Heinz braucht dringend eine große Inspektion. Und zwar zügig.
Knut, der kurze Zeit nach uns eintraf, mobilisierte dann das australische Gesundheitswesen. Die Jungs aus dem Ambulanzwagen verluden dann ihre neueste Beute und fuhren eilig davon.
Wieder eine XT übrig. Die Dinger halten wirklich erheblich mehr aus als ihre Fahrer.
So kann’s gehen. Eben noch lustig und guter Dinge und nur Minuten später ein Pflegefall. Teufel, Teufel.
Aber es gab noch Hoffnung. Mit ein bisschen Glück und rechtzeitig eingeleiteten Maßnahmen, kann er diesem Kameraden noch durchaus von der Schippe hüpfen.
Ist er dann auch, um die Sache ein wenig abzukürzen.
Sein Rückflug verzögerte sich dann allerdings noch um eine Woche.
Manchmal dauert eine ordentliche Instandsetzung eben.
Martin war ab sofort wieder auf zwei Rädern unterwegs und ich hatte einen Herausforderer. In Rechtskurven war er eindeutig besser als ich.
Aber nur da. Das reichte aber um einen spannenden Ablauf des restlichen Tages zu gewährleisten. Der Bursche war nicht abzuhängen. Immerhin war er sicherlich auch einen halben Zentner leichter. Und eine XT ist eben keine GS. Da hätte die Sache anders ausgesehen. Möglicherweise!
Wir einigten uns dann auf … Unentschieden. Immerhin!
Der ausgewählte Platz war einfach toll. Die nervige Nörgelei über meinen Fahrstil weniger. Anke und der Zahnarzt waren sich darüber einig, dass meine Lebensdauer begrenzt war.
Nun, das wusste ich vorher auch schon.
Die beiden gaben mir allerdings deutlich weniger Restlaufzeit, als ich mir bis dahin so vorgestellt hatte.
Ich durfte mir dann auch mehrfach anhören, worauf sich ihre Theorie begründete.
Wie immer. Die übelsten Blindschleichen wussten wieder wie es geht.
Wie ich das hasse. Fahrschulweisheiten gepaart mit Wohlwollen.
Da kann man nicht argumentieren … Leidenschaft hat eben nichts mit Theorie zu tun. Entweder man kennt und versteht es, oder nicht.
Ende der Diskussion.
Knut beteiligte sich nicht an diesen fruchtlosen Gesprächen. Er telefonierte hinter unserem letzten Totalausfall her. Und da er gerade schon mal dabei war, auch noch mit Jürgen, dessen Vorgänger im Amt.
Jürgen war nun nach seiner Operation, mehr oder weniger stolzer Besitzer eines Gipsbeines und begierig zu seiner Eva zurückzukehren. Das behauptete Knut jedenfalls.
Eva schien entzückt. Zumindest tat sie so. Anke ebenfalls. Aber bei ihr wirkte es irgendwie echter.
Ich sah die ganze Sache nüchtern. Die Dinge regeln sich manchmal von ganz alleine. Ich blickte unauffällig in Richtung Martin. Der lächelte mich entspannt an.
Vielleicht hätte ich ihn heute doch gewinnen lassen sollen. Man weiß ja nie.
Fortsetzung folgt