irgendwie werden die Vorschläge immer weiter weg von der Wirklichkeit.
Der Markt regelt, was gebaut wird.
Nein, das regelt irgendwann nicht mehr der Markt. Mal ein simples Beispiel: Als Österreich noch nicht in der EU war, hatte Red Bull in Österreich mehr Taurin als in der EU, weil sich Österreich nicht an die EU-Lebensmittelrichtlinien halten musste. Das österreichische Zeug hat mehr gekickt als die EU-Version. Hätte man den EU-Kunden die Entscheidung überlassen, hätten die lieber die Ösi-Variante gekauft. Dabei schädigt man sich beim Verzehr potenziell ungesunder Nahrungsmittel ja in erster Linie selbst. Bei lauten Auspuffanlagen, beim Rauchen in der Öffentlichkeit und beim besoffen Fahren schädigt man hingegen auch andere.
ich nehme da eine Polarisierung wahr. Mercedes, Audi und BMW liefern heute ab Werk Ludenautos, die sie früher einfach als nicht mit ihrem Markenimage vereinbar eingestuft hätten und die wie merkwürdige Fremdkörper wirken. Ich finde es grotesk, wenn einerseits in jeder deutschen Stadt irgendeine Bürgerinitiative die Sperrung der Innenstadt für Autos fordert und andererseits BMW beim neuen M5 die Motorleistung von 560 auf 625 PS erhöht. Da baut Audi nicht nur Diesel-Autos, die die Abgasreinigung abschalten, damit am Ende vom Service-Intervall noch genügend AdBlue im Tank ist (was muss man rauchen, um so drauf zu kommen?), sondern sie bauen einen Soundgenerator und zwei fette Lautsprecher in die Auspuffanlage ein, damit der Diesel blubbert und röhrt wie ein V8 Hemi Interstate. Ich stelle mir gerade vor, ich bin Ingenieur für die Entwicklung von Endschalldämpfersystemen bei Brose, und mein Audi-Kontaktmann bespricht mit mir, wie der nächste Auspufftopf für den A8 TDI aussehen soll, und ich frage den: "WAS soll ich da einbauen? Lautsprecher? WTF?"
Man hat den Eindruck, dass es eine Menge von Leuten gibt, die entweder so dämlich sind, dass sie gar nicht merken, wie sie mit ihrem Verhalten anderen Leuten auf den Sack gehen, oder die es darauf anlegen. Ich finde das schade, aber das ist mal so. Und so lange ich unseren Rechtsstaat kenne, hat er die Leute, die anderen Leuten auf den Sack gehen, immer früher oder später in die Schranken gewiesen - zum Teil mit überzogenen Regeln. Und ich hatte früher die Industrie immer so eingeschätzt, dass sie ein feines Gefühl dafür hat, wie man sozialverträgliche Produkte baut, um nicht in ein schlechtes Licht gerückt zu werden. Dieses Gespür, so ist zumindest mein Eindruck, ist verloren gegangen.
In Hamburg und Berlin fackeln immer wieder Idioten irgendwelche Autos ab. Finde ich nicht in Ordnung und muss aufhören. Doch wenn einer sich (natürlich auf Firmenkosten und von der Steuer abgesetzt) eine Ludenkarre kauft, die extra-aggressiv lärmt und dann noch illegal die Luft verpestet, dann macht das die Sache auch nicht einfacher.
Und ich finde es schade, wenn eine ganze Industrie, nämlich die Motorradindustrie, immer mehr auf Aggro geht, damit die Wünsche derer bedient die rumprollen wollen und unseren sozialen Rückhalt in der Gesellschaft komplett zerstört. Abgesehen davon, dass ich zu viel Lärm auch dann störend finde, wenn ich ihn selbst verursache. Und natürlich habe ich Bedenken, dass der Staat mein Hobby kaputtreglementieren wird, wenn sich die Industrie nicht selbst darum kümmert.