Ja, das Öhlins funktioniert wirklich ganz ausgezeichnet. Sogar an so Nebensächliches wie die Radmontage haben sie gedacht. Bei den S 1000-Modellen war es immer ein Problem beim Einfädeln der Achse, bis endlich das Gewinde der Achse gegriffen hat. Geht beim Öhlins wie von selbst.
Aber es wird Zeit, endlich mal etwas objektiver von dem Motorrad zu berichten, nachdem sich die Anfangseuphorie etwas geglättet hat:
Das Fahrwerk beeindruckt mich nach wie vor, der Federungskomfort scheint sogar noch etwas besser geworden zu sein. Einzig das Handling in engen Kehren hab ich bei der S 1000 eine Spur agiler in Erinnerung. Bei der Triumph müssen solch enge Kurven geplant sein - Korrekturen gehen nicht so leicht von der Hand. Dafür sind Stabilität und Zielgenauigkeit von einem andern Stern.
In dem Zusammenhang fällt auch - immer noch - die etwas harsche Gasannahme nach dem Schiebebetrieb auf. Der kleine Ruck ist zwar vermeidbar, bedingt aber eine sehr feinfühlige Hand und führt dann manchmal zu einer etwas verspätet einsetzenden Beschleunigung. In engen Kehren nicht optimal!
Passt im Grunde gar nicht zu diesem feinen gleichlaufenden Dreizylinderreihenmotor mit den ansonsten einwandfreien Manieren. Bei keiner BMW war gleichmäßige Fahrt mit konstantem Tempo jemals so gleichmäßig wie bei der Triumph. Da hat der Tempomat leichtes Spiel und wird dementsprechend oft eingesetzt - bei konstant 80 in den Alpentälern eigentlich immer. Wobei dann seltsamerweise "100" auf der Anzeige steht - aber das war bei den BMW auch so
Leistungsmäßig sind 180 PS natürlich 180 PS - obwohl ich das bis jetzt noch gar nicht ausprobiert habe. Wobei die Leistungsentfaltung beim Beschleunigen aus engen Kurven und Kehren heraus bisweilen seltsam zugeschnürt wirkt - vermutlich aber einfach dem supersensiblen Eingriff der Traktionskontrolle geschuldet. Obwohl es sich nicht so anfühlt, sondern eher wie ein alter Sauger, dem man die Drosselklappen zu schnell öffnet.
Was mir an dem Motor besonders gut gefällt, ist die weitgehende Abwesenheit mechanischer Geräusche. Da war der S 1000-Vierzylinder eine wahre Rappelkiste im Vergleich. Lediglich das turbinenartige Heulen der S 1000 RR ab 12000 Touren aufwärts hat die Speedy nicht zu bieten. Aber erstens hatte die S 1000 R das auch nicht und zweitens entschädigt der Drilling durch seine Geräuschentfaltung untenrum. Wo ich bei den BMW immer die Luft anhielt und mir ohne Ohrstöpsel Sorge um die Gesundheit des Triebwerks machte, scheinen die drei Zylinder mit ihrer Steuerungsperipherie in besonderer Eintracht und Harmonie zu leben. 98 Dezibel Standgeräusch - wenn das so musikalisch rüber kommt wie bei der Speed Triple, verzichte ich gerne auf einen Besuch des Landes mit der "Trottelverordnung".
Kommen wir zum vielgelobten Schaltautomat: der ist gut, wenn er funktioniert. Bin bisher nur nicht drauf gekommen, warum er nach längerer Benutzung immer seltener funktioniert. Und selbst, wenn er funktioniert, kann ich das einhellige Lob der Fachjournalisten nicht wirklich nachvollziehen. Zu unberechenbar der Schalterfolg zwischen den Gängen: Mal nahezu unspürbar, mal geschmeidig wie handgeschaltet, oft jedoch auch mit kurzem Ruck durchs Fahrzeuggebälk. Da hilft auch der Einsatz der Kupplung nicht weiter, denn flutschende Gangwechsel wie bei den K46-Modellen von BMW sind damit nicht möglich. Sag keiner mehr was über BMW-Getriebe ...
Inzwischen bin ich mir auch sicher, dass die Sitzposition auf der BMW-RR bequemer war als bei der Triumph-RR. Hat vermutlich mit der Gestaltung des Tanks zu tun, die weit vorn angeschnallte Lenkerstummel verlangt, um den Lenkeinschlag nicht durch eingeklemmte Daumen zu begrenzen. Vermutlich wussten sie beim Entwurf der RS noch nichts von einer RR - die Idee dazu wurde mutmaßlich erst im Nachhinein geboren. Wobei mir die sonstige Umsetzung des Projekts jeden Respekt abnötigt, da die RR vom Gestalterischen her wirkt, als sei sie Maßstab und Erstgeborene.
Das Beste hätte ich beinahe vergessen - neben dem Fahrwerk natürlich die Bremsen! Anfänglich etwas ruppig und heikel in der Dosierung, mittlerweile aber in jeder Hinsicht untadelig, was damit zu tun hat, dass Sport-Beläge etwas mehr Zeit benötigen, bis sie eingeschliffen sind. Für mich aber das Wichtigste, dass sie auch bei längeren Passabfahrten nicht nachlassen. Druckpunkt und Bremswirkung bleiben stabil.
Was gibt es sonst noch? Kleinigkeiten wie ein bei Betätigung in den Anschlag klackender Seitenständer, was einem >20'000 CHF-Motorrad einfach nicht gut zu Gesicht steht, eine am Wasserkühler befestigte, weit abstehende Billighupe, die so klingt, wie sie aussieht, auffallend wasserempfindliche Armaturen und - lbnl - nicht reproduzierbare Elektronikbugs. Heute konnte ich zum Beispiel im Road-Modus das Fahrwerk nicht mehr von "normal" auf "Komfort" stellen. Musste anhalten und Zündung abstellen.
Aber was schreibe ich hier lang - komme gerade von einer ausgedehnten Pässerunde im Flugmodus zurück und finde das Motorrad schlicht hammer. Fertig.
Gruß
Serpel