Ehrlich gesagt habe ich auch immer gedacht, dass ein Tempolimit sich allein aus der CO2-Einsparung ergibt, und auch daraus, dass bei der WLTP-Verbrauchsmessfahrt - die ja auch zur Berechnung des CO2-Ausstoßes herangezogen wird - Geschwindigkeiten über 130 nicht vorkommen. So gesehen, werden Kfz bei Tempi über 130 quasi außerhalb ihrer Normspezifikationen betrieben. Ich dachte, daraus müsse sich ein Tempolimit mehr oder weniger zwingend von allein ergeben. Allerdings las ich neulich, dass ein Tempolimit von 130 den Gesamt-CO2-Ausstoß des AB-Verkehrs nur um wenige Prozent senken würde, nicht der Rede wert. Meine Vermutung: Der Großteil des CO2-Ausstoßes auf Autobahnen wird vom gewerblichen Güterverkehr verursacht, und der wäre von einem Tempolimit nicht betroffen.
Ähnlich ist das mit den Unfällen. In Deutschland sind 2019 (2020 zählt nicht wg. Corona) 3046 Menschen im Straßenverkehr umgekommen, so wenige wie noch nie in den letzten 50 Jahren. Die Autobahnen sind daran zu 11 Prozent beteiligt, macht 335 Tote. Wie viele von denen sind wohl auf AB-Abschnitten ohne TL umgekommen, und wie viele würden noch leben, wenn in ihrem speziellen Fall die Unfallbeteiligten nicht schneller als 130 gefahren wären? Da bist du dann ruckzuck bei einem "Einsparpotenzial" von 10 bis 15 Menschen pro Jahr, und dann rauscht ein Flixbus in einen Laster, 25 Leute sind tot und die Zahlen steigen trotz Tempolimit - und du bist dann der Verkehrsminister, den Maybritt Illner dann im ZDF grillt.
Gemessen an der enormen Verkehrsdichte in Deutschland sind unsere Autobahnen sehr sichere Straßen, da sehen haufenweise Länder mit Tempolimit weit schlechter aus.
Das ist vermutlich auch der Grund, weshalb der Kampf um das Tempolimit mit so viel ideologischer Härte geführt wird. Die sachlichen Argumente sind nicht so stark, wie man meinen möchte.