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GS-Zwerg
- Dabei seit
- 23.02.2022
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Ich wuchs in einer Zeit auf, in der Sexismus noch gelebte Realität war. Das berüchtigte Hinterherrufen und -pfeifen und anzügliche Bemerkungen sowie eindeutige Aufforderungen und Einladungen waren "normal". Von männlichen Mitschülern und später von Arbeitskollegen musste man sich eniges gefallen lassen. Je nach Kinderstube waren da auch oft recht deftige Formulierungen zu hören.Mir geht’s ausdrücklich nicht darum, irgendwelche Maximalpositionen zu vertreten und Leute anzustänkern, sondern zum Nachdenken anzuregen. Und nein, das ist kein Versuch der Zensur!
Allerdings war ich nie übermäßig attraktiv, somit habe ich vermutlich weniger darunter gelitten als manche andere Mädchen/Frauen.
Die Beweggründe reichten von allgemeiner Beleidigung bis zum ehrlich gemeinten und leider unmöglich formulierten Kompliment bis zur ungeschickten oder unsensiblen Anmache.
Vor allem im pubertären Alter hatte man dem nicht viel entgegenzusetzen und einige Bemerkungen lösten großes Entsetzen aus, dem man hilflos gegenüberstand. Gesprochen hat man da nicht drüber, war ja peinlich.
Irgendwann gewöhnte man sich dran und noch später kam auch eine gewisse Schlagfertigkeit hinzu und ich hatte dann auch oft das letzte Wort und die Lacher auf meiner Seite.
Witze sind ja eigentlich immer eine überspitzte und pointierte Skizzierung einer Situation. Damit könnte man sie theoretisch zu einer Kunstform erheben, der Kunst des Humors. Mir muss nicht jede Art von Kunst gefallen und nicht jede Art von Kunst gehört überall hin. Es gibt durchaus Kunstformen für Genre-Fans und Kunst, die auf andere abstoßend, auf jeden Fall aber auch polarisierend wirkt. Ich habe ein Faible für gute Witze und kann durchaus auch über mich selbst oder über Stereotypen lachen. Von daher haben auch sexistische Witze ihre Daseinsberechtigung.
Wünschen würde ich mir aber, dass Personen, die wehrlos, zu jung, zu unbedarft, sehr sensibel oder auch einfach nur daran nicht interessiert sind, darunter nicht leiden müssten. Sie sollten weder solchen Worten, noch Bildern oder Taten ausgesetzt sein. Schon klar, dass dieser Wunsch leider nicht in Erfüllung gehen wird.
Eine praktikablere Lösung ist vielleicht, dass sich diese Personen (wie ich selbst früher auch) eine dickere Haut zulegen sollten, was Sexismus, Bodyshaming, etc. betrifft. Die Akzeptanz wird natürlich bei jeder Person nur einen individuellen Pegel erreichen. Abstellen kann man es leider nicht. Witze zum Thema haben mir eigentlich diesbezüglich sogar geholfen. Man muss auch nicht gleich bei jeder Bemerkung zur Figur oder zu Brüsten (oder Penissen) gleich zur Sexismus-Trillerpfeife greifen. Wir leben momentan wohl im Zeitalter der allgemeinen Empörung und es bereitet offenbar vielen Menschen Befriedigung, sich über irgendetwas enorm aufzuregen und mit feinsten Sonden danach zu stochern und zu suchen.
Es sollte mehr Institutionen geben, die betroffenen Personen Hilfe beim Umgang und der Verarbeitung anbieten und wenn es einen gewissen Grad übersteigt, würde ich vermutlich den Mund aufmachen und versuchen es zu unterbinden. Im Netz selbst habe ich wenig Möglichkeiten. Ich habe schon zufällig gefundene Seiten mit fragwürdigem Material gemeldet. Grundsätzlich versuche ich derartige Seiten zu vermeiden.
Ok, hab also nachgedacht.
Schöne Grüße
Bettina
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