Mit dem Begriff der Betriebsgefahr wurde ein weitreichender Ausnahmetatbestand von dem im deutschen Schadensrecht geltenden Verschuldensprinzip geschaffen. Grundgedanke dieses Haftungsbegriffs ist die Annahme, dass mit dem Betrieb bestimmter technischer Maschinen und Geräte wie Kraftfahrzeugen, eine besondere Gefahrenquelle für die Allgemeinheit oder für Einzelne geschaffen wird.
Diese abstrakte Gefahrenquelle soll im Falle eines Unfallereignisses im Verursachungszusammenhang angemessen berücksichtigt werden. Diese grundsätzlich verschuldensunabhängige Mitverantwortung
mindert regelmäßig die sonstigen Verschuldensanteile der anderen unfallbeteiligten Personen.
Bedeutet aktuell,
Der Kläger, ein Fahrradfahrer, war auf einer drei Meter breiten befestigten Strasse unterwegs. Weil dort ein Auto endgegen kam, fuhr er auf einen unbefestigten, zum Unfallzeitpunkt feuchten Seitenstreifen nach rechts. Das Manöver hatte zunächst noch keine Folgen. Das Fahrrad passierte das Auto,
ohne mit ihm in Berührung zu kommen.
Als der Radfahrer dann wieder auf die befestigten Straße auffahren wollte, stürzte er und verletzte sich
erheblich. Neben dem Ersatz der Heilbehandlungskosten sowie der Kosten für die Reparatur des Fahrrades machte er
Schmerzensgeld in Höhe von mindestens
10.000 EUR geltend.
Schon das Landgericht hatte den Fahrzeugführer zum Ausgleich von 50% des entstandenen Schadens verurteilt. Auch das OLG Frankfurt entschied, dass obwohl es sich um einen
berührungslosen Unfall handelte, der Sturz auch dem Pkw-Fahrer zuzurechnen sei, weil er
bei dem Betrieb des von der Beklagten gesteuerten Fahrzeugs entstand.
Das
Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ nach § 7 Abs. 1 StVG sei dem
Schutzzweck entsprechend
weit auszulegen.
- Es genüge, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt habe
- und das Schadensereignis in dieser Weise mitgeprägt worden sei.
Zwar sei bei dem Wiederauffahren auf den befestigten Radweg die
eigentliche Gefahr einer Kollision mit dem Auto vorüber gewesen, dennoch sei der Sturz der
Betriebsgefahr des Fahrzeugs zuzurechnen, die für das Ausweichen mitursächlich war. Das Gericht wies zudem darauf hin, dass der Ausweichvorgang durch das endgegenkommen der Beklagten veranlasst worden sei.
Ursache für Haftungsanteil an den Folgen des Ausweichvorgangs
- Der Sturz erfolgte im nahen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Parken des Autos.
- Das Wiederauffahren des Fahrradfahrers auf den befestigten Radweg sei Teil des Ausweichmanövers gewesen, das der Radfahrer zu Ende führen wollte.
Letztlich liege ein insgesamt missglücktes Ausgleichmanöver vor, das nach Auffassung des Gerichts der Betriebsgefahr des Fahrzeugs auch zuzurechnen ist.
Abwägen der Verursachungsbeiträge und Verschuldensanteile
Bei Abwägung der Verursachungsbeiträge und Verschuldensanteile kam das Gericht aus folgenden Gründen zu einer
hälftigen Haftungsverteilung.
- Der Betriebsgefahr des Pkw stehe eine Mitverursachung des Unfalls durch den Fahrradfahrer gegenüber.
- Denn dieser hätte die Möglichkeit gehabt, sein Fahrrad anzuhalten und es am Auto vorbei zu schieben.
- Zumindest habe der Fahrradfahrer beim Wiederauffahren auf den Radweg unter Berücksichtigung der matschigen Verhältnisse nicht die gebotene Sorgfalt walten lassen.
Ergo: Du kannst noch so blöd sein als Radfahrer, auch von vor dir 1000 Radfahrer ganz normal an dem Auto vorbei gefahren sind, aber 5.000 € bekommst du dennoch.