Ich das Problem der weichen Hinterradbremse und die möglichen Problemlösungen endlich verstanden.
Ich reduziere die Arbeit bewusst auf das Ergebnis der Root-cause Analyse (RCA) und damit ca 10% der gesamten Untersuchung.
In der RCA sind auch Probleme an Sattel, HBZ, ABS-EInheit, Löslichkeit durch Temperatur, Chemische Reaktionen, ... beinhaltet.
Physikalische Grundlagen der Gasbildung
Technologisch ist das Problem im Bereich der Gaslöslichkeit von hydraulischen Flüssigkeiten angesiedelt. Wenn sich Gasblasen bilden, resorbiert die hydraulische Flüsigkeit das Gas aber nur wieder langsam. Ohne Druck und Bewegung entsteht an der Blasenoberfläche schnell eine gesättigte Randschicht, wodurch der Prozess der Resorbtion gestoppt wird. Wenn neue Bläschen hinzukommen, wachsen größere Blasen wodurch die Oberfläche der Randschicht pro Volumen weiter reduziert wird. Die Aufnahme der "Luft" wird immer geringer.
Gasblasen können durch Überschreiten des Siedepunkts der Flüssigkeit entstehen. Das kann durch Erhöhen der Temperatur oder durch Druckreduktion erfolgen.
Würde man den Druck erhöhen oder die Flüssigkeit mischen, könnte wieder mehr Gas in von der Flüssigkeit aufgenommen werden (--> Der Stein am Pedal)
Systematik des Problems:
Beim Bremssystem der GS entsteht bei der Integralbremsung ein Unterdruck im System, der Kavitationsblasen erzeugt. Diese Blasen kummulieren sich im Saugbereich der Pumpe. Dort sitzen sie im Regelkreis fest und bleiben dort
Das Problem des Teilintegralsystems:
Das Teilintegralbremssystem kennt zwei Regelmechanismen:
Volumetrische Steuerung und Overflow Steuerung. Die Startgeschwindigkeit der Bremsung entscheidet über die Art der Teilintegralsteuerung.
Startet man die Bremsung über einer Grenzgeschwindigkeit, wird die volumetrische Regelung aktiviert. Ist man langsamer, wird die schneller regelnde Overflow Steuerung aktiviert.
Im Ausgangszustand ist der Hauptbremszylinder direkt mit dem Bremssattel verbunden. Sobald es zu einer Teilintegralbremsung wird, startet die Pumpe um Bremsdruck aufzubauen. Dazu muss das Saugventil vor der Pumpe geöffnet werden und das Trennventil geschlossen, um den Druck aufrechtzuhalten. Das ist in beiden Fällen gleich und der Druck würde so immer mehr ansteigen.
Damit man den aufgebauten Druck jetzt regeln kann, gibt es jetzt die beiden Verfahren mit unterschiedlichen EIgenschaften:
Overflow Regelung:
Die Pumpe läuft die ganze Bremszeit durch und das Trennventil regelt den Druck. Die Regelung erfolgt sehr rasch.
Da die Pumpe dauerhaft läuft und das Saugventil dauerhaft geöffnet ist, kommt es auf der Saugseite zu keinem Unterdruck. Erst am Ende beim Schließen des Saugventil kommt es einem kurzen Unterdruckimpuls. Durch die kurze Zeit entsteht aber wenig Gas/Luft im Bremskreis.
Volumetrischen Steuerung
Hier öffnet das Saugventil nur kurz bis der Bremsdruck erreicht ist und schließt danach. Die Pumpe schaltet elektrisch zwar sofort ab, läuft aber aufgrund der Trägheit ca. 500ms nach. Das erzeugt einen Unterdruck im Saugkreis von -0,85bar, der dann über die gesamte Zeit der Bremsung anliegt. Je länger die konstante Bremsung dauert, desto höher ist die "Luft-Erzeugung" im Hydrauliksystem während des Bremsvorgangs.
Damit ist eine konstante Bremsung mit möglichst hohen Geschwindigkeiten (volumetrische Steuerung) in Bezug auf Kavitation das schlechteste Szenario.
In der Praxis zeigt sich, dass selbst aktive Bremsungen den Effekt nicht umkehren können.
Reproduktion des Ergebnisses
Man hat Probfahrten über 2500km mit verschiedenen Modi gemacht und ca. alle 500km das Luftvolumen gemessen.:
- ABS ein, Teilintegral ein
- ABS ein, Teilintegral aus
- ABS aus, Teilintegral aus
Die Kurven des Luftvolumens über die Wegstrecke zeigen deutliche lineare Charakteristiken - die Luft akkumuliert sich linear über dem zurückgelegten Weg.
Die Luftmenge beim Fahrem mit Teilintegral und ABS sind ca. 10mal zu hoch wie bei ausgeschaltenem Integralsystem und ABS.
Die Ergebnisse bestätigen durch ihre Deutlichkeit gut die Kausalität der RCA, allerdings ist die Samplezahl zu gering um praktische Tendenzen im Fahrbetrieb präzise vorherzusagen.
Abstellmaßnahmen
- System unter Druck setzen, damit das Gas von der Hydraulikflüssigkeit resorbiert wird
- Möglichkeiten mit Software
- Volumetrische Teilintegral Funktion reduzieren / deaktivieren
- Teilintegral Funktion reduzieren / deaktivieren
- Saugventil nicht oder zeitlich versetzt schließen.
Ich hoffe, das hilft ein wenig und nimmt vor allem das Voodoo aus der Diskussion!
LG,
Lupusz