Die "Szene" war zu der Zeit ausgesprochen klein, fast jeder kannte fast jeden. Den Gründer von H-D Hannover, wo ich 1991 meine erste Harley gekauft habe, habe ich 1972 kennen gelernt, und da haben ihn Ernst, Michael Lohmann und Ernest Wendt noch ausgelacht mit seiner spinnerten Idee, einen Harley Laden zu eröffnen. Viele Jahre später, in den 90ern, konnten sie gar nicht mehr drüber lachen
. Allerdings sind in den 70ern in der kleinen Szene auch Sachen passiert, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Hondas beliebte 750er, damals "das" Motorrad schlechthin, konnte nicht geliefert werden. "Schiff untergegangen" und ähnliche "Scheißhausparolen" kursierten, niemand konnte Maschinen liefern. Und dann stand eines schönen Tages auf der Wunstorfer Straße, vor der Werkstatt des Motorrad-Service-Center, ein LKW mit vielen Kisten voller 750er und lud eifrig ab
. Die Kisten stapelten sich auf dem Hof, wir machten eine Wochenendschicht (Freitag, Sonnabend, Sonntag, Montag, bis in die Nacht), um die Dinger zusammen zu bauen (Vorderrad u. Lenker mussten montiert werden, Bremsflüssigkeit kontrolliert, Motoröl ausgetauscht werden, da war ein Konservierungsöl drin, das richtige gab's erst bei Montage und Übergabeinspektion, Batterie befüllt und Licht kontrolliert werden. Derweil telefonierte Ernst die Leute ab, die bereits bestellt hatten, wie auch die, die gern eine Maschine gehabt hätten, aber noch keinen Vertag unterschrieben hatten. Voller Erfolg, die gingen weg wie warme Semmeln (unter Hinterlassung einer großen Menge Pappe von den Transportkisten, Styropor aus denselben, wie auch Holzlatten, die das ganze stabilisierten. Ich habe noch heute Regale u. Latten aus japanischem Holz
). Und dann stand, etwa eine Woche später, eher zwei, der Herr Richter von "Honda Hentschel", einem Ableger der Fa. "Ford Hentschel" (die es noch heute gibt) auf dem Hof und wollte die fehlerhaft gelieferten Maschinen bei uns abholen. Blöd nur, daß nicht nur die durch uns bestellten, sondern auch die meisten der für ihn vorgesehenen bereits verkauft waren. Aufgrund der kleinen Szene dürften die Kundenkontakte beider Läden etwa deckungsgleich gewesen sein, so daß wir nat. auch Maschinen an Leute verkaufen konnten, die eigentlich bei ihm hätten kaufen wollen. Er hat dann noch ein paar bekommen, aber nicht alle. Unterschiede gab es eh nur in der Farbe, Candy-Gold war die meist gewünschte, dann gab's noch ein Rot und ich meine Blau, das war's.
Das hat unserem guten Verhältnis zu Herrn Richter/Honda-Hentschel zum Glück keinen Abbruch getan, wir haben weiterhin bei ihm Ersatzteile geholt, wie umgekehrt seine Leute bei uns, je nachdem, wer was dringend brauchte und wo es vorrätig war.
Soviel dazu, eine weitere Anekdote später, sonst wird der so schon lange Text viel zu lang
.
Uli