Es geht nicht um „Bewertungen“, es geht ums Zerreden, um möglichst alles hinauszögern zu können. Und klar, man kann zB der Industrie nicht so einfach den Stecker ziehen. Ohne Verzicht und grundlegende Lebensumstellungen in unterschiedlichen Bereichen wird es nicht abgehen. Es sind nur alle Entscheidungsträger zu feige, das auszusprechen.
Selbst hab ich übrigens auch keine gesteigerten Ambitionen auf Verzicht. Warum? Warum soll ich mich geißeln, wenn rundherum alles brennt - und da bin ich noch lange nicht in China (ja, das ist auch eine Form des Whataboutism).
Einfaches Beispiel, um zu erläutern was ich meine:
Seit 01.01.2021 ist in der BRD die Gebäudeenergiesparverordnung (GEV) in Kraft. Davor lief das unter dem Energieeinspargesetz. Ähnlich aber nicht gleich. Die GEV fordert die Einhaltung von Grenzwerten (U-Werte) bei Sanierungsarbeiten (Einzelmaßnahmen wie z. B. Fenstertausch, Fassadenerneuerung, Dachneueindeckung usw.). Alternativ Wärmebedarfsnachweise mit Einhaltung der Grenzwerte (Energiebilanz). Die zu beauftragenden Handwerker sind verpflichtet vor Durchführung der Maßnahmen einen Sanierungsplan mit Leistungsverzeichnis vorliegen zu haben. Um staatliche Förderungen zu erhalten ist das ebenfalls zwingend (nachvollziehbar, denn die Gemeinschaft die zahlt, hat ein Recht darauf zu wissen, daß das auch funktioniert). Sanierungspläne werden von Energieberatern durchgeführt. Energieberater kann nahezu jeder sein. Es reicht aus, wenn man fachlich halbwegs imstande ist zu wissen wie ein Hausbau funktioniert. Man bekommt eine Schulung, muß aber nicht zwangsläufig Energietechnik studiert haben. Auch Architekten werden mit solchen Aufgaben betreut. Für den Sanierungsplan zahlt der beauftragende Immobilienbesitzer 300 Euro, der Staat schießt 1500 Euro hinzu. Eine Gelddruckmaschine.
Jetzt werden Vorschläge erarbeitet. Je nach Qualität des Berater können die qualitativ unterschiedlich ausfallen. Da werden dann beispielsweise Dämmungen von 14 cm aufwärts vorgeschlagen, obwohl es auch mit 12 cm gehen würde, um in der Summe nur wenige Prozent Einsparung zu erzielen. Es werden Wärmepumpenkonzepte auch in Altbauten mit Austausch der Heizkörper gegen Flächenheizungen vorgeschlagen. Dafür gibt es dann auch rechnerische Nachweise, wie genau die auch immer die realen Verhältnisse widerspiegeln, um CO2-neutral zu werden. Diese Anlage sind gegenüber konventionellen Heizungsanlagen schweineteuer, aber man bekommt ja Zuschüsse. Das mildert die Sache etwas. Das böse Erwachen kommt nachher, weil die Jahresarbeitszahlen nicht das halten was vorher versprochen wurde. Weil die Beratung schlecht war. Hier wird ein riesiger Aufwand mit hohen Investitionskosten gemacht um Einsparungen zu erzielen, die man an anderer Stelle effektiver lösen könnte.
In Deutschland haben wir einen vereinbarten Endausstiegstermin für die Nutzung der Kernkraft in 2022. Aus gutem Grund. Der wurde bereits durch Rot-Grün festgelegt und durch Fukushima vor Jahren bestätigt. In der angespannten Situation in der wir uns derzeit befinden und insbesondere da immer mehr Menschen jetzt auch einen vorzeitigen Ausstieg aus der Nutzung der Kohlekraft fordern (verständlicherweise), müsste man m. E. doch so flexibel sein, ehemals getroffene Entscheidungen der aktuellen Situation anzupassen. Warum wohl hat Frankreich einen deutlich niedrigeren CO2-Ausstoß als Deutschland, es ist tatsächlich so, ich hatte nachgeschaut, weil der überwiegende Teil der elektrischen Energie dort weitestgehend CO2-neutral über Kernkraft gedeckt wird. Und weil natürlich auch der Wärmebedarf in F niedriger ist als bei uns in den nördlicheren Gefilden. Und weil Frankreich einen Großteil seines CO2-Ausstoßes der in den Bilanzen nicht auftaucht importiert. Und zwar prozentual mehr mehr als wir das als Exportland in Deutschland tun.
Die größten CO2-Verursacher in D sind die Energiebereitstellung (Strom ca. 40 %), die Industrie (ca. 20 %), der Verkehr (ca. 18 %) (hierzu zählen alle Verkehrsarten außer Strom) und dann die Haushalte (ca. 10 %). In der Summe ca. 88 %. Ändere ich nun den Ausstoß bei den Haushalten um 50 %, dann reduziert sich die genannte Summe um 6 %. Reduziere ich den den Anteil bei der größten Position um 50 %, dann reduziert sich die Summe um 23 %. Das ist keine große Wissenschaft und das ist auch der Politik klar, auch die Maßnahmen, nämlich Kohlekraftwerke außer Betrieb nehmen. Unklar ist wie man den Ausfall der gelieferten Energie ersetzen soll. Das Zauberwort ist in diesem Zusammenhang wieder Ausbau Windenergie und PV. Und als Beweis gibt es dann eben die Rechnungen mit den TWh. Wobei Energie und Leistung nicht das gleiche ist. Insbesondere nicht in der praktischen Anwendung.
Als Lösung werden dann Speicher genannt, die es derzeit in der Menge über die wir hier reden müssen, überhaupt nicht gibt. Als Beispiel werden dann immer wieder, auch hier, die eigene PV-Anlage auf dem Dach genannt. Ich habe auch eine, sogar mit Speicher und speise ca. 40 % der erzeugten Energie aus. Ja, das funktioniert. Weil es noch ein funktionierendes Netz gibt und weil der Versorger verpflichte ist die Energie abzunehmen und weiterzuverteilen. Was aus eigener Erfahrung vielfach nicht einfach ist. Die Höhe unserer Strompreise zeigen die Problematik.
Genehmigungsverfahren dauern ewig und haben bei uns in D aufgrund des Einspruchsrechts der verschiedenen Interessengruppen Prinzip. Beispiel Nord-Süd-Leitungstrassen oder auch auch die Zufahrtstrecken der Bahn im Rheintal für die Nord-Süd-Verbindung durch die Schweiz. Während wir noch planen und einsprechen, haben die Schweizer ihren Basistunnel gebaut und in Betrieb genommen.
Um wirksam die CO2-Werte zu reduzieren benötigen wir klare, realisierbare und gesellschaftskonforme Konzepte. Solche die auch unseren Wohlstand erhalten. So gesehen sehe ich den Ausgang unserer Bundestagswahl mit Beteiligung der Grünen und der FDP mit ihren gegensätzlichen Konzepten als Chance an, hier tatsächlich voranzukommen.
Noch eine Information am Rande, weil ich mich auch beruflich mit diesem Thema beschäftige, zumindest teilweise. Mit den bisher vorgesehen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität wird bis zum Jahr 2050 etwa mit einer Verdopplung des elektrischen Energiebedarfs gerechnet. Und zwar ohne die Industrie! Das sind Zahlenwerte, die von verschiedenen anerkannten Beratungsgesellschaften genannt werden, die sich vorrangig mit diesem Thema beschäftigen. Was das bedeutet, insbesondere nach Abschaltung der KKW und der Kohlekraftwerke, kann sich ja jeder selbst mal überlegen. Da ist es doch legitim die immer wieder genannten Lösungsansätze zu hinterfragen.
Grüße Thomas