Wenn wir mal zum Thema zurückkehren.
Warum reagieren die Leute so allergisch, wenn es um eine durch Richter kontrollierte gesetzlich geregelte Vorratsdatenspeicherung geht, wenn aber ein privater Konzern Unmengen Daten sammelt, Bewegungsprofile erstellt, die Menschen schlicht zur Ware degradiert, einen zu lenkenden Konsumenten aus ihnen macht, dann erscheint das vielen völlig normal. mir erscheint das paranoid
Also, zunächst einmal reagieren "die Menschen" auf die Vorratsdatenspeicherung in der Mehrzahl gleichgültig bis zustimmend. Eine Online-Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung kam noch nicht einmal auf ein Viertel der Stimmen, die eine Petition erhalten hat, in der es darum ging, Markus Lanz als Talkmaster in die Wüste zu schicken, weil er ungalant zu Sahra Wagenknecht war...
Was mich persönlich an der Vorratsdatenspeicherung nervt, das ist die reflexhafte Forderung der Politiker nach mehr Ermittlungsbefugnissen bei gleichzeitigem, extremem Schlendrian bei den Ermittlungen. Kaum ein Attentäter, den die Behörden nicht schon Jahre vorher "im Visier" hatten - und, was hat es ihnen genutzt?
Zurück zum Thema: ich habe im Moment den Verdacht, dass wir hier in Europa durch unsere Datenschutzparanoia den Anschluss verpassen. Es gilt - so weit eigentlich ganz logisch - das Gebot der Datensparsamkeit, nach dem Motto: Daten, die nicht erhoben werden, können auch nicht missbraucht werden. Die Amis, allen voran Google gehen ganz anders vor, die erfassen erst einmal bis der Arzt kommt und schauen dann, was sie damit anfangen können. Und dann kommen auf einmal interessante Sachen dabei heraus: Zum Beispiel erfasst Google den Standort eines jeden Android-Handys. Und bei dem Marktanteil, den Google hat kann man zum Beispiel davon ausgehen dass in rund jedem zweiten Auto ein empfangsbereites Android-Handy liegt. Und damit lassen sich dann hochgenaue Verkehrsströme erfassen und Störungen anzeigen. Was dabei herauskommt, ist eine Echtzeit-Stauanzeige auf Google Maps, die wirklich funktioniert. Oder Google erfasst, wenn in einer Region vermehrt Suchanfragen nach bestimmten Krankteitssymptomen auftreten, dann ist dort eventuell eine Epedemie im Gang.
Eine typische Ausforsch-Geschichte ist zum Beispiel die Smartwatch, die ich im Moment habe. Sie basiert auf Google Now, dem persönlichen Assistenten von Google. Das Ding macht zum Beispiel folgendes: Es liest meine Mails und erkennt, wenn eine Buchungsbestätigung für einen Flug darunter ist - oder ich einen entsprechenden Termin im Kalender habe. Dann checkt das System vorher durch eine Anfrage bei der Airline ab, ob der Flug auch pünktlich stattfindet. Außerdem weiß das System, wo ich mich befinde und was für eine Verkehrslage herrscht. Also bekomme ich rechtzeitig eine Nachricht, dass ich mich jetzt auf die Socken machen muss, um meinen Flug noch zu erreichen.
Eine lückenlose Erfassung aller Vorgänge im Fahrzeug könnte natürlich auch von Nutzen sein. Es gibt schon Fernwartungs-Telemetriesysteme für Flugzeuge und Schwerlast-Lkw, die rechtzeitig erkennen, wenn sich ein Schaden anbahnt. Dann machen sie eine Kalkulation, ob man damit noch fahren kann bis zum geplanten Wartungsstop, ob ein sofortiger Werkstattbesuch erforderlich ist oder ob gar das Fahrzeug stehen bleiben und der Pannenservice kommen muss.
So was ist praktisch, effizient und erhöht die Sicherheit. Ich finde es schwierig, all solche Entwicklungen mit der Pauschalkeule Datenschutz im Ansatz abzuwürgen.
Und was das Degradieren des Menschen zur Ware angeht: In aller Regel hat er von Diensten wie Google viel und zahlt nix. Und damit am Ende Google auch was verdient, beschmeißen sie dich nicht mit Werbung für Tampons, sondern für die neue Enfield Himalayan, weil sie wissen, dass dich das eher interessiert. Ich persönlich finde Tampon-Werbung in meinem Leben durchaus entbehrlich...
Ist aber grundsätzlich ein schwieriges Thema.