sampleman
Das Problem dabei ist, dass viele Leute börsennotierte Konzerne mit Personen gleichsetzen. Ich will jetzt auf keinen Fall den Winterkorn in Schutz nehmen, und ich glaube auch, dass er bei VW eine Firmenkultur installiert hat, die das Entstehen des Dieselskandals erst möglich gemacht hat (Oder Ferdinand Piech hat diese Kultur bereits installiert und WiKo hat sie nur weitergeführt).Klar, Hauptsache keine Fehler zugeben und die Leute bleiben auf Ihren Schummelautos sitzen. Ich würde nicht so handeln, da ich ein GEWISSEN habe.
Aber WiKos Job war es - und dafür hat man ihm rasend viel Geld versprochen - dass er aus VW einen hoch profitablen Laden macht. Vor dem Dieselskandal hat VW 15 Milliarden Euro Reingewinn im Jahr gemacht. Nur um das mal in Größenordnungen zu setzen: Als GM vor ein paar Jahren Opel an PSA verkauft hat, hat das gerade einmal 1,3 Milliarden Euro gekostet. Und natürlich haben alle davon profitiert: Die Porsche-Holding, eine der reichsten Firmen Europas. Das Land Niedersachsen, das ansonsten eher strukturschwach ist, der Katar State Fund, der seine Petro-Dollar gut angelegt sah, und die vielen Kleinaktionäre, für die VW immer ein sicherer Wert im Portfolio war.
Auch die zweistelligen Millionenbeträge, die WiKo jedes Jahr kassiert hat, sind vor dem Hintergrund zu sehen. Ich komme aus dem Medienbereich, da gibt es den Begriff 15% AE, das sind 15 Prozent Ermäßigung, die eine Agentur auf den Anzeigenpreis bekommt, wenn sie Anzeigen für einen Werbekunden schalten. Wenn die Anzeige 10.000 Euro kostet, kriegt die Agentur 1.500 Euro dafür. Und was kriegt ein CEO als Prämie, wenn der Gewinn seines Unternehmens um fünf Milliarden Euro zulegt?
Mit Gewissen allein kommt man da nicht weit. Von CEOs werden brutale Entscheidungen erwartet, die vor allem und immer die Interessen der Aktionäre befriedigen. Nehmen wir mal an, WiKo hätte realisiert, dass VW das mit den Diesel-Emissionen nicht auf die Reihe kriegt, und hätte danach erst einmal die ganze Diesel-Auslieferung auf Eis gelegt. Ich behaupte, der Schaden für das Unternehmen wäre sofort in die Milliarden gegangen, und kein CEO stellt sich dann hin und sagt, es ginge leider nicht anders.
Und dass sich die aktuelle VW AG mit allem dagegen sperrt, lastwagenweise gutes Geld dem schlechten hinterherzuwerfen, finde ich völlig verständlich. Von zehn Leuten, die heute in der Fußgängerzone sagen „VW ist ein Betrügerverein, von denen kaufe ich nix mehr“, wie viele würden denn ihre Meinung ändern, wenn VW jetzt noch mal 20 Milliarden Euro ausgibt, um Leuten Geld in den Rachen zu werfen, sie sich vor neun Jahren mal ein Auto von denen gekauft haben?
Willkommen im Kapitalismus.
Viele Grüße vom Sampleman