Schritt 2 – Das Sakrileg und was fürn Arsch
Bevor diese Geschichte in den tiefen des Forums versinkt ein weiteres Update. Die GS wird ja aktuell viel bewegt und ich finde immer mehr Freude an der Kiste. Sie ist in den Bergen (fast) so gut wie die Guzzi und nach mittlerweile 3.800km weiß ich, wo unsere gemeinsamen Grenzen liegen. Parallel passiert aber trotzdem einiges beim Umbau. Der rote Tank, so Marrakesch Retro er auch sein mag, passt mir nicht ins Konzept. Im Juni ergab sich über eine Börse der Kauf eines noch werksversiegelten „Old New Stock“ Tanks in Sonderlackiert zu einem wirklich vernünftigen Preis. Da musste ich natürlich zuschlagen, zumal der Tank „nur“ 300km weit weg angeboten wurde.
Was war der Plan? Die Fangga sollte einen Blankmetall-Tank bekommen und das geht natürlich nur mit einem blanken Tank. Ich wollte es mit der Chemiekeule probieren, aber wie geht man sowas im Jahr 2021, in einer Zeit, wo alles was schärfer als ein Pfefferminzbonbon verboten ist, am besten an? Jetzt muss man wissen, dass dieser Tank in Sonderlackierung an manchen Stellen bis zu 5(!) Schichten Lack oben hat. Nach einigem Trial und Error hat sich schlussendlich die 2K Entlackungspaste vom Korrosionsschutzdepot als Waffe der Wahl herausgestellt.
Der Tank wurde im Carport auf einem Werkstatttisch aufgebaut, und schon steht ein etwas entfernterer Nachbar, der eine 1150er GS sein eigen nennt, da: „Wow, ein nagelneuer Tank! Der ist ja makellos… Sogar mit der Werksversiegelung! Was hast denn damit vor? Der passt ja farblich nicht zu deiner?“ „Abbeizen“ ist meine etwas genervte Antwort. Um seine Reaktion nochmal zu sehen würde ich sogar Eintritt bezahlen. Der arme Kerl ist völlig fertig. „Wie abbeizen!? Du kannst doch so einen Tank nicht einfach entlacken. Der ist Gold wert! Für den würden GS Fahrer in der Lackierung ihren linken Arm geben“. Mit Mitte vierzig habe ich gelernt, dass manche Dinge einfach nur Dinge sind und die Welt sie nicht vermisst und so schmatz ich vor seinen ungläubigen Augen die erste Fuhre Gift aus der grünen Dose großzügig (also wirklich 5mm dick) auf den jungfräulichen Tank… „Ein Sakrileg“ murmelt mein Gegenüber und geht zur Beruhigung vermutlich den Tank seiner eigenen Q zärtlich polieren.
In Frischhaltefolie eingewickelt wirft der Lack an einigen Stellen bald dicke Blasen und kann weggewischt werden, an anderen wirklich dicken mehrschichtigen Stellen hat er sich auch nach drei Tagen geweigert klein beizugeben. Hier musste die Klingenspachtel ran.
Ein Nachteil soll nicht verschwiegen werden: Beim Abbeizprozess entsteht chemisch irgendwo Wasser. Das führt sehr schnell zu Rost. Man muss also höllisch aufpassen, dass dieser nicht überhandnimmt.
Während der Tank so im eigenen Saft vor sich hin beizt, habe ich mich um den Sattel gekümmert. Nochmal der Anspruch: Scrambler Look, Tourentauglich. Wieder über die Kleinanzeigen komme ich auf einen Corbin Sattel. Warum nicht? Sieht Retro aus, wird über alle Himmel gelobt und passt in das 1+1 Konzept (also abnehmbarer Sozia Sitz). Wenige Tage später trudelt der Sitz ein und ich bin begeistert. Nicht nur vom Look, auch vom Sitzkomfort. Da das Leder allerdings etwas hart geworden war musste er etwas aufgefrischt werden. Sitz erst gründlich reinigen, damit alle Rückstände verschiedener Pflegemittel weg sind und dann ab in die Dusch auf einen Hocker. Die Dusche auf volle Hitze und ordentlich dampfen lassen. Nach zehn Minuten hat sich das Leder wieder mit Feuchtigkeit angesaugt und wird etwas geschmeidiger. Kurz trocknen lassen und dann ordentlich mit Sattelfett einlassen. Voilá, wie neu!
Der Abbeizer war mittlerweile an die Grenzen des Machbaren gestoßen und der Rest der Farbe musste händisch ab. Hierfür eignen sich am besten CSD- oder Reinigungs-Scheiben (Bekannt auch unter einem nicht mehr politisch korrekten Namen, frei interpretiert „Backware für Personen mit afrikanischer Abstammung“) Mit einer solchen Scheibe wurden die letzten Lackreste entfernt und der Tank anschließend von 320 bis 1600er nass geschliffen.