Zuerst: Glück auf, Holger. Meine besten Wünsche. Ich drücke dir alle Daumen.
Jetzt zum lustigen Teil. Man stelle sich folgende Situation vor: Vor der Halle, in der Halle und dann noch in der angrenzenden Boxengasse haben sie sich versammelt. Die Wochenende- und Hobbyracer aus den unterschiedlichsten Ecken des Landes. Triumph, Honda, Kawasaki, KTM. Die BMW-Fraktion ist auch vertreten. K 1300, S1000RR, S-Boxer. Die ganze Palette eben. An beiden Rädern aufgebockte Rennsemmeln mit Slicks und Reifenwärmern. Überall Stromkabel für die Reifenwärmer, überall Gebückte in bunten Rennlederkombis. Teilweise keine Nummernschilder an den Kisten. Optimierte Motoren, fein justierte Rennfahrwerke, vorgewärmte Rennslicks. Trotz lockerer Stimmung, immer wieder versteckte neugierige Blicke auf die Konkurrenz. Es geht hier nur um die Ehre, vielleicht deshalb relativ wenig Testosteron in der Luft. Niemand flüstert: Pokal oder Spital. Alles ist locker und entspannt.
Vier Gruppen werden eingeteilt, mehr oder weniger freiwillig. Langsame und Anfänger, normale Mittelschnelle, schnellere Mittelschnelle, ganz Schnelle. So ungefähr lautet die Klassifizierung. Jeweils 20 Leute, jeweils 15 Minuten. So weit, so gut.
Kurz noch eine Einweisung. Verhaltensregeln, kleine Flaggen-und Ampelkunde. Fertig!
Einige Stunden später: Einige wurden ungefragt umgruppiert. Zu schnell, zu langsam, zu blöd. Einigen haben sie die schwarze Flagge gezeigt. Auspuff zu laut!
Auf der Strecke wird immer noch und schon wieder gefightet. Hart aber fair. Bestenfalls mit dem Klappmesser zwischen den Zähnen. Allerdings: Niemand verschenkt eine Position, außer vielleicht in der ersten, der langsamen Gruppe. Die ist auch als einzige ziemlich unansehnlich. Da wendet sich jeder Beobachter mit Grausen ab. Ein ADAC-Kurventraining ist dagegen eine Rennveranstaltung.
Bei den anderen Gruppen haben die Zuschauer allerdings ihren Spaß. Da fahren ein paar Exoten den Rennsemmeln um die Ohren. Mithalten ist hier für Normalsterbliche auf normalen Straßenmotorrädern mit Straßenreifen schon eine echte Herausforderung. Mein Herz schlägt aber schon immer für die Underdogs. Für die Leute, die mit ganz normalem Material gegen die sogenannten Experten antreten. Hier bedeutet das: Keinerlei Erfahrung auf “Rennstrecken“, keine Rennreifen, nichts davon. Dafür dann aber: Leichtes Übergewicht und mindestens 50 PS weniger. Theoretisch eine klare Sache. Theoretisch!
Wenn da nicht, nur mal als Beispiel, dieser ältere Herr mit der ollen 1100er GS wäre, nennen wir ihn einfach einmal … Ralf. Die schwarze Flagge hatte er schon gesehen, ein wenig zu laut, meinte die Rennleitung. Gut, dann stopft man eben eine alte Socke in den Auspuff und fährt im nächsten Turn wieder mit raus. Wer braucht schon ein Motormapping, ein Rennfahrwerk oder vorgewärmte Slicks. Wer braucht schon 200 PS … wenn man auch eine 1200er Kurbelwelle in den alten Motorblock basteln kann. Nockenwellen natürlich auch, passt ja sonst nicht. Vielleicht noch ein paar neue Kolben,der Rest kann ruhig drinbleiben. Theoretisch … ein wenig optimistisch, könnte man meinen. Praktisch allerdings, eine mehr als frustrierende Erfahrung für eine ganze Reihe von ambitionierten … sagen wir mal:Hobbyracern. Wenn der gute Ralf auf seinem alten Eisenschwein um die Ecken geflogen kommt und wenn er dann die Start-Ziel-Gerade mit allerbestem Boxersound (trotz Socke) herunterballert und dabei an einer giftgrünen Rennkawa vorbeischießt, dann geht einem das Herz auf. Ich sah ihn mehr als einmal durchs Sandbett pflügen und dann in einem flachen Winkel über den Hang davonfliegen, aber eben nur theoretisch. Praktisch hat er sie niedergebügelt, aufrechtsitzend und mit Straßenreifen. Nicht alle Kollegen natürlich, aber verdammt viele. Annähernd die Höchststrafe …noch mehr Frust kann man nicht verteilen.
Halt, nicht ganz, denn da gab es noch eine schwarze SMT.
Das ist dann aber wieder eine ganz andere Geschichte.