Heute, Südrampe Bernina: Bemerke beim Passieren der Zollstation La Motta (dort, wo’s nach Livigno abzweigt) einen Wagen der Polizeistreife (normalerweise stehen da nur welche vom Zoll). Beachte das nicht weiter und fahre in gewohnter Manier weiter Richtung Passhöhe. Oben angekommen mache ich kehrt für eine zweite Runde (war unerhört schön heute dort oben - sonnig und warm). Kommt mir bereits in der ersten Kurve passabwärts ein Streifenwagen entgegen und - kaum sieht er mich - aktiviert Blaulicht und leitet mich in eine Parkbucht am Straßenrand. Ich weiß natürlich genau, was los ist. Stelle den Töff ganz gemächlich ab, ziehe Handschuhe aus und den Helm runter (Ohrstöpsel ebenfalls) und begrüße die beiden (Männlein und Weiblein) betont respektvoll und höflich.
Das ist bereits der Eisbrecher. Der Polizist schaut mir freundlich in die Augen und meint, dass mir vermutlich schon klar sei, warum sie mich raus gewinkt hätten. Ich ganz naiv und unschuldig: "Nein, ehrlich gesagt überhaupt nicht." Er daraufhin: Ich sei ja wohl schon ein bisschen sportlich unterwegs gewesen - ein bisschen sehr sportlich! Ich verneine das und finde, dass das gar nicht besonders sportlich gewesen sei. Er merkt, dass er keinen Trumpf in der Hand hat und stellt fest, dass ich auch die Kurven geschnitten habe, was ich aufs Entschiedenste von mir weise (was tatsächlich stimmte, weil ich Kurven prinzipiell nie schneide - ich hasse Kurvenschneiden, weil es saugefährlich ist). Er konnte es vermutlich gar nicht beurteilen, weil sein Abstand deutlich zu groß war - er war nie in meinem Rückspiegel aufgetaucht. Er hatte vermutlich nur festgestellt, dass er mir trotz heftiger Anstrengungen keinen Meter nähergekommen war. Auch meine Schuhe seien verdächtig angeschliffen, was ich aber ebenfalls entkräften kann, da die aufgeriebenen Stellen vom Schalthebel herrühren.
Irgendwie hatte er nun einen besänftigten bis bewundernden Blick (vermutlich selber Motorradfahrer), und ich wusste, dass ich gewonnen hatte. Er war mir - muss ich ehrlich gestehen - sehr sympathisch. Er vertrat nicht nur das Recht, sondern hatte natürlich auch recht. Es folgte eine Aufklärung über die Gefahren des Motorradfahrens und dass sie hier keine Verletzten und Toten haben wollten. Ich bestätigte ausdrücklich, dass das auch mein Wunsch sei und das ich alles dafür tun würde, Vorsicht walten zu lassen, worauf es der begleitenden Polizistin vermutlich zu salbungsvoll wurde und sie meinen Fahr- und Fahrzeugausweis sehen wollte. Auch sie war äußerst respektvoll und höflich. War natürlich alles in Ordnung und so verabschiedeten mich die beiden mit den besten Wünschen für eine unfallfreie Fahrt. Die Rückfahrt mit Tacho 85 hinter dem Streifenwagen war natürlich alles andere als spannend, aber ab dem Abzweig Julier fuhren die beiden in die andere Richtung weiter das Tal hinab.
Gruß
Serpel