„Hallo Freunde des kritischen Denkens“,
mit diesen Worten beginnt ein Youtube-Freund von mir seine täglichen Beiträge.
Meine detaillierten Schilderungen entstehen erst während ich mir meine Fotos anschaue und überlege, was der Grund für das jeweilige Foto war.
Naja und so stelle ich fest, dass der Abend nach der Rettung aus der Mausefalle noch etwas chaotisch verlaufen ist.
Es kommt ein frischer, heftiger Wind auf, der so stark geblasen hat, dass mir mein Zelt total verbogen wurde. Habe mir angewöhnt, die Sache mit den Heringen weg zu lassen, da ich doch so viel Zeug ins Zelt schleppe, das zur Beschwerung reicht. Bei sog. Dunkelflaute hat das bis jetzt immer funktioniert. Aber heute Abend bläst der Wind so heftig, dass ein Riesenlärm im Zelt ist und es drückt sich mir die Zeltplane an den Kopf. Ich drehe mich so und lege mich anders, keine Chance der Zeltplane zu entkommen. Wie krass, mein Zelt ist eine kleine Folterkammer… Es nützt alles nix, ich muss mit dem Zelt umziehen, sonst mache ich die Nacht kein Auge zu. Der Wind bläst aus Richtung Staumauer, weiter hinten und oben gibt es eine Mauer, die mich somit schützen würde. Umzug mit dem Zelt, das habe ich noch nie machen müssen. Tja, einmal ist immer irgendwann das erste Mal.
Der Wind ist echt gigantisch. Mein Zelt ist total eingedrückt
Als ich mein Zeug aus dem Zelt geholt habe, fliegt es mir fast davon.
Wen´s interessiert, wie ich mein Zelt aufbaue, hier ne kleine Beschreibung.
Oberste Priorität ist ja das gute Liegen, aber auch dass ich nach Osten liege. Das mache ich nicht aus Glaubensgründen, sondern mir ist wichtig, dass mir der Sonnenaufgang ins Zelt scheint. Weiter ist mir es sehr angenehm, wenn ich eine Arschmulde habe, das entlastet die Lendenwirbel und ist in der Nacht, wie so ne Art Zentrierung für mich. Also lege ich mir immer zu Anfang nur die Isomatte auf den Boden und mache Probeliegen. Es kann schon vorkommen, dass ich mich dabei mehrere Male mit der Matte umlege. Wenn die optimale Position gefunden ist, stelle ich mein aufgebautes Zelt einfach diagonal auf die Isomatte. Ich schlafe diagonal im Zelt, damit ich mehr Länge zur Verfügung habe. Dann ziehe ich die Matte unten raus und lege sie in der gleichen Position wieder ins Zelt. Wenn es trocken ist, kommt es schon mal vor, dass ich sie auch unterm Zelt liegen lasse, Danach fliegt der restliche Kram ins Zelt, wobei da auch schon alles seine gewohnte Position hat. Wenn ich dann noch Lust habe, positioniere ich mein Krokodeel so, dass ich es sehen kann, wobei es mir aber nicht den Sonnenaufgang komplett verstellen soll.
Jeder hat halt so seine Eigenarten und Prioritäten.
Manche brauchen Televisor (ich liebe dieses Wort aus dem Buch 1984 von G.O.) mit Bluetooth, für ihre Hörgeräte.
Es sitzt ja eh schon jeder Handgriff, also ist es recht flott erledigt. Aber ne halbe Stunde braucht´s bestimmt.
Da liege ich jetzt hinter der Mauer auf der Lauer, wie ne kleine Wanze.
Nee, ich lausche dem Sturm, der Geräusche im alten Strommast macht und genieße es, dass die Zeltplane Ruhe gibt. Die Aktion hat sich voll gelohnt. Guter Schlaf ist mir heilig – und gutes Essen.
Hier gehört das Bild hin.
Tag 8 – 23.07.24 - Colle de Finestre, Assietta Kammstraße und weiter Richtung Süden
Hier im Schutze der Mauer schlafe ich wie ein Murmeltier und wache aber schon vor Sonnenaufgang auf.
Der neue Tag schleicht sich an
Die beiden Bilder ergeben auch ein Panoramabild.
Später verwöhnen mich die Sonnenstrahlen. Ein wunderschöner Morgen begrüßt mich. Leckeres Frühstück mit Tee im Zelt.
Heutiges Tee-Rezeptur: Klee, Thymian und Pfefferminze.
Ich feiere mein neu geschenktes Leben, diesen neuen, weiteren Tag. Das bedeutet aber auch, dass es jetzt einen Tag weniger ist, von der Zeit, die mir noch verbleibt. Also Leben jeden Tag, jeden Moment und Augenblick. Mach was Du willst und genieße es oder mach was anderes. Erst mal mache ich Musik. Habe mir daheim so gewünscht, dass ich die Zeit und Muße finde, viel Seelenmusik zu machen. Hier wieder einige Videos, wie aus Gedanken, Inspiration und Geduld etwas Neues entstehen kann.
Am Rande erwähnt: Meine Mutter ist Musikpädagogin und unterrichtete Klavier. Sie hat so einige Talente aus dem Ei gepellt und entwickelt. Letzte Woche war bei ihr im Dorf eine Weihnachtsfeier und sie berichtete ganz endtäuscht am Telefon, dass die Kinder heutzutage nicht mehr in der Lage sind selbst mit der Blockflöte ein Lied zu spielen. Früher waren ihre Klavierschüler immer aktiv bei solchen Feiern auf der Bühne. Bei dieser Feier wurden garkeine Musikstücke aufgeführt. Entweder sind die Kinder heutzutage zu blöde dafür oder wir wollen andere Kulturen nicht mit unseren Weihnachtsliedern und sonstigen Gepflogenheiten und Gebräuchen belästigen – wofür ich dann natürlich vollstes Verständnis habe. Kann man ja nicht verlangen, dass …. STOPTASTE wo bist du.
Nach dem Frühstück und meinen Musiksessions kommt mir dieses dunkle Loch weiter in den Sinn.
Ich habe schon ein paar Mal reingeschaut, aber das Hauptgefühl bei der Sache war mir immer unheimlich.
Doch heute bin ich ja sozusagen neu geboren, die Karten sind neu gemischt.
Heute zieht es mich unheimlich an und ich schaue mich mal genauer um dort.
Jetzt kommt mir auch den ursprünglichen Zweck dieses Gebäudes in den Sinn. Es war das Turbinenhaus des Stromerzeugers. Krass, die verbogen Gewindestangen, als wenn es Streichhölzer wären. Die müssen ganz schön gewütet haben, beim Ausbau der Turbine. Dann entdecke ich diesen Gang. Castle steht oben drüber. Bevor ich da aber weiter reingehe, hole ich mir erst mal meine Taschenlampe und Stirnlampe und überprüfe den Akkustand am Handy, da ich es ja auch als Lampe benutzen möchte - im Notfall.
Theoretisch könnte man also durch dieses Rohr bis zur Staumauer krabbeln.
Links ist der Gang zum Castele und das Rohr führt wahrscheinlich nach Susa
Es ist total spannend, ich mache ganz langsam und vorsichtig. Jeder Schritt ist spannend und kann mein Ende bedeuten. Der Boden ist staubig, es liegen Bretter rum und jetzt verstehe ich auch den ehemaligen Sinn dieses Ganges. Es ist der Verbindungsgang für die Mitarbeiter, oben in der Schaltzentrale ihren Dienst verrichten, um runter zur Turbine zu kommen. Hier unten gibt es riesige Hallen, vielleicht Wasserspeicher, keine Ahnung (Fotos gelingen nicht wegen der Dunkelheit) und als ich durch Rufen die Größe ermitteln möchte, bekomme ich bei dem Hall wieder Gänsehaut. Die Gänge und Räume müssen gigantisch riesig sein.
Diese Aktion gefällt mir echt gut, ich liebe Gänsehaut, allerdings brauche ich dabei natürlich auch die gewisse Sicherheit, die ich mir in diesem Fall durch meine Leuchten, Umsicht und Vorsicht erhoffe. Der Gang geht um eine Ecke, dann kommen ein paar Holzbretter, denen Festigkeit ich erst ein wenig teste. Danach sind Eisenbügel in der Wand eingelassen mit denen man ins darüber liegende Gebäude kommt. Erst wollte ich dort abbrechen, aber was soll´s? Jetzt bin ich hier.
Kann nicht mit Gewissheit sagen, ob ich jemals nochmal hier her kommen werde. Wollen tät ich´s ja schon, aber die Pläne macht ein anderer. Also vorsichtig die Bügel hoch gekrakselt. Spannend ohne Ende, ich bin tatsächlich im oberen Gebäude und genieße die Behausung mit ihrer gigantischen Aussicht.
Zwei Krähen, die mir schon draußen eins geträllert haben, sind jetzt auch in dem Gebäude und krächzen mir wieder eins. Da die Fenster nur mit Brettern verschlossen sind, können die Vögel nach Belieben rein und raus fliegen. Mir kommt schon vor, als ob sie verstehen, dass ich der Mensch bin, der eben noch draußen ungewohnte Klänge gemacht hat.
Doch extreme Vorsicht ist geboten. Im Boden sind rechteckige Löcher, teilweise mit Brettern abgedeckt. Wer in ein solches Loch reinfällt, muss hier bleiben. Keine Sau würde mich jemals finden. Genug Risiko gespielt, ich bin satt vom eigenen Adrenalin und begebe mich auf den geordneten Rückzug. Jeder Schritt und Handgriff muss passen und mit Bedacht ausgeführt sein. Die Erleichterung, als ich wieder unter freiem Himmel stehe, ist bemerkenswert.
Das Gefühl, über sich selber hinausgewachsen zu sein, sich herausgefordert zu haben ist es ebenfalls. Dies Gebäude ist erkundet, abgehakt.
Es gibt aber noch einige Gebäude hier auf dem Gelände… keine Frage – ich komme wieder.
Als ich mit dem gepackten Motorrad das Areal verlasse, schaue ich mir nochmal die Begebenheiten von gestern an. Bin immer noch erstaunt, was mich geritten hat, da runter zu fahren.
Wie gesagt, habe in dem Moment gedacht, ich sei da immer schon an der Stelle runter gefahren.
Das ist die Schotterstrecke hoch zur Staumauer und dort beim Busch ist der Abzweig auf die Traktorspur
Wenn man weiter hoch fährt, schaut man von hier runter auf die Traktorspur.
Die Steine habe ich mit dem Koffer noch rausgeruppt, als ich da runter bin.
Ey, das war richtig knapp, einen Meter weiter und ich hätte mich selber beerdigt.
Das war dann der weitere Weg der Bergung
1000 Dank, dass der Koffer als Bodenakner funktioniert hat
Genug der Ergründung des Missgeschickes. Weiter geht´s - ich liebe dieses Gelände.