Da ich in meiner Unterkunft kein Frühstück erhalte, muss ich im Ort suchen. Ich finde das "Cafe Chbika" in der Nähe des Hafens, wo mich Jawad versorgt, der hervorragend Englisch spricht. In Marokko wird meistens Französisch gesprochen, was mir nicht so liegt und bei mir nur für die ganz grobe Kommunikation reicht.
Das (hervorragende) Frühstück dauert deshalb sehr viel länger als geplant, weil wir uns völlig verquatschen. Jawal war auch schon etwas unterwegs in seinem Leben und hat einen interessanten, respektive weiten Horizont ohne Illusionen. (Ich hoffe, das ist jetzt neutral genug)
Zurück zur Lage: Ab Guelmim kannst du eigentlich nur noch eine Strasse - die N1 - in den Süden fahren und alle Overlander müssen auf der Westafrika-Route hier lang, denn die Route nach Guelta Zemmur ist eine 250 Kilometer lange Sackgasse...
Mein nächster Navigationspunkt ist daher Tarfaya. Allerdings nicht nur Navigationspunkt, sondern auch Reise-Minimalziel. Bis dahin wollte ich mindestens kommen.
Tarfaya ist für mich deshalb wichtig, weil dort ein gewisser "Antoine de Saint-Exupery" stationiert war. Die meisten kennen ihn als Autor des kleinen Prinzen, aber Antoine war vor allem auch ein grosser Luftfahrt-Pionier und vor knapp 100 Jahren 18 Monate lang in Tarfaya stationiert, um die Luftpost-Route von Paris nach Dakar zu betreiben. Da ich in den 90ern meine Pilotenlizenz erworben habe und leidenschaftlich gerne fliege, muss ich da also hin, zumal es in Tarfaya noch die alte Landepiste und ein kleines Museum von Saint-Exupery geben soll. (Sorry, ich soll mich kurz fassen)
Ich verlasse El Ouatia um auf der küstennahen Strasse zu fahren. Ab jetzt ist rechts von mir immer das Meer, links die Sandwüste. Dieser Kontrast ist zunächst noch ganz interessant, aber wenn man das Bild dann stunden- oder tagelang hat...
Später passiere ich noch den Nationalpark Khenifiss, der landschaftlich ebenfalls sehr schön ist.
Weiterhin laufen hier überall wilde Kamele rum. Das sind so viele, dass ich sie dann nicht mehr richtig registriere. Bei meiner ersten Marokko-Reise war ich total aus dem Häuschen, als ich freie Kamele gesehen habe, hier sind die völlig normal. Es sind so viele, dass du aufpassen musst, keins umzufahren.
Was hier ebenfalls erheblich zunimmt, ist die Militärdichte. (Die Erwähnung direkt nach den Kamelen ist reiner Zufall, ehrlich!)
Die Anzahl an Checkpoints ist schon seit Guelmim angestiegen, aber je weiter ich nun in den Süden komme und je näher die "Grenze" zur Westsahara heranrückt, desto mehr Präsenz von Fahrzeugen mit Tarnbemalung ist vorhanden. Meistens wird man durchgewunken, aber die Posten, an denen Männer in grauer Uniform mit Mütze oder - offenbar noch wichtiger - Männer in Zivil (ohne Mütze) kontrollieren, verlangen eine Identifikation, Personal- und Fahrzeugdaten und die Reiseroute. Alles sehr förmlich-freundlich, aber bestimmt.
Das alles dient weniger der Überwachung, sondern eher dem eigenen Schutz. Wie schon erwähnt ist die Lage hier unten, sagen wir mal "etwas angespannt". Jedenfalls versuchen UN-Posten die beiden Lager (Marokkaner und Frente Polisario) zu trennen. Zum echten Problem wird das aber erst im Osten dieser Region oder ganz im Süden, an der Grenze nach Mauretanien.
Hmm, ich schweife schon wieder ab?! Entschuldige. Ich habe vor Tarfaya noch weitere Aufgaben auf meiner Todo-Liste: Tiefsand, Offroad, Dreckpisten. (Habe das "s" entfernt, so passt der Begriff besser). Naja, und Sand gibts hier genug.
Bevor ich wieder die Zeit verliere, erreiche ich Tarfaya. Zu meiner grossen Enttäuschung ist das Museum geschlossen. An der Tür hängt ein Zettel mit einer Telefonnummer und ich rufe da an. Leider wird mir erklärt, dass heute Freitag ist. Da geht in Marokko nichts, denn Freitags wird gebetet. Das Museum bleibt also heute geschlossen.
Ich ärgere mich zunächst über mich selbst, denn das habe ich nicht berücksichtigt. Andererseits muss ich auf dem Rückweg mangels Alternativen wieder hier lang, erhalte im Idealfall also eine weitere Chance. Ich nutze dann noch die Gelegenheit, Antoines Denkmal zu fotografieren.
Im Hintergrund siehst du ein verfallenes Gebäude, das heute dem Militär gehört. Links daneben, fast am Strand ist der Posten, der die Zufahrt zur Landepiste bewacht. Ich konnte ihn nicht überreden, da mit dem Motorrad reinfahren zu dürfen.
Ansonsten gibt es in Tarfaya nicht viel und selbst das Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten ist "überschaubar". Der Ort ist eher trostlos und wenn ich hier eineinhalb Jahre verbringen müsste, würde ich mir auch eine Beschäftigung suchen, die zeitintensiv ist. Ich kann Antoine gut verstehen und der hatte nicht mal Instagram...