Mich hat weniger gestört, dass meine Texte als "Geschreibsel" abqualifiziert werden als der Vorwurf, ich habe nicht genügend nachgedacht.
Ich spreche mich hier vehement gegen die Helmpflicht aus, obwohl ich selbst immer mit Helm fahre und dies vermutlich auch immer tun würde, wenn es keine gäbe. Das ist für mich eine Prinzipienfrage. ich bin auch vehement für das Postgeheimnis, obwohl ich so gut wie keine Briefe verschicke, und wenn doch, dann ist der Inhalt in aller Regel eher harmlos und langweilig. Und selbst wenn man durch die lückenlose Postkontrolle eine Menge von Verbrechen präventiv verhindern könnte, dann wäre ich immer noch dagegen.
Das Grundproblem ist, dass unsere Zufriedenheit als Motorradfahrer gesamtgesellschaftlich gesehen zur Disposition steht. Wenn man sich mal vorstellt, dass die Fahrradfahrer unter ähnlichem Regel- und Verfolgungsdruck stehen würden wie die Motorradfahrer (Helmpflicht, Versicherungspflicht, Kennzeichenpflicht, regelmäßige technische Kontrollen, regelmäßige Polizeiaktionen zum Durchdrücken der Verkehrsregeln, Fahrverbote auf Strecken, auf denen es zu Fahrradunfällen kommt, Haftung durch Betriebsgefahr, allgemeine Sicherheitshysterie), dann würde folgendes passieren: Die Unfallrate mit Fahrrädern würde signifikant zurückgehen - weil einfach viele Leute darauf verzichten würden, Fahrrad zu fahren. Da es aber einen gesamtgesellschaftlichen Konsens gibt, das Fahrradfahren zu fördern (In München prangt am Kreisverwaltungsreferat, das unter anderem die zentrale Führerscheinstelle ist, ein riesiges Fahrrad-Logo an der Fassade) unterbleiben solche Sanktionen. Es ist mir auch nicht einsichtig, warum Radsportler ihren Sport mit Fahrzeugen, die nicht die minimalen Sicherheitsanforderungen erfüllen, auf öffentlichen Straßen ausüben dürfen und noch nicht einmal den Fahrradweg benutzen müssen, wenn einer da ist. Sporttaucher zum Beispiel dürfen nur dann in einem öffentlich zugänglichen See tauchen, wenn dies ausdrücklich gestattet ist. Baden darf man hingegen immer, solange es nicht ausdrücklich verboten ist.
Übrigens sind 2015 in Deutschland mehr Leute bei Badeunfällen ums Leben gekommen als bei Motorradunfällen, nur um mal die Verhältnisse geradezurücken.
Ich nehme für mich als Staatsbürger das Recht in Anspruch, mich unvernünftig verhalten zu dürfen, wenn es meinem persönlichen Vergnügen dient und mir hilft mein seelisches Gleichgewicht aufrecht zu erhalten (wenn ich das nämlich nicht mehr kann, dann kann ich auch nicht mehr raboten gehen und Steuern bezahlen).
Ich finde, die Gesellschaft hat an uns als Motorradfahrer nur insoweit Ansprüche zu stellen, wo wir andere stören, belästigen und gefährden. und da kommen dann Wheelies, Burnouts, zu laute Auspuffanlagen oder Drehzahlorgien in der verkehrsberuhigten Zone zum Tragen, nicht aber der Selbstschutz der Fahrer.
Ich möchte mal eine Analogie zur aktuellen Debatte rund um das Burka-Verbot ziehen. Meines Erachtens geht es den Staat exakt nix an, was man sich anzieht oder nicht. Allerdings gibt es im öffentlichen Zusammenleben viele Situationen, in denen es wichtig ist, das Gesicht des Anderen zu sehen. Deshalb bin ich gegen eine Vollverschleierung und würde sie in bestimmten Situationen auch verbieten. Ansonsten muss das jedermann selbst entscheiden dürfen, wie viel oder wenig er/sie wann trägt.