Für mich grenzt die Euro 4, wie auch Zone 30 auf Hauptstrassen, wo von Schulen, Altersheimen und Krankenhäusern weit und breit nix zu sehen ist (klar: Umwelt - bzw. Lärmschutz, ein Totschlagargument erster Klasse) an Gängelei des Bürgers.
Und Euro 5 steht in den Startlöchern
Sinnloser Aktionismus.
Rant over.
Ich seh' das ein bisschen anders. Erstens finde ich, dass gerade wir Motorradfahrer bei der ganzen Umweltdebatte in Deutschland wirklich noch glimpflich davongekommen sind. Nimm einen VW Lupo 3L, das erste Großserienauto mit einem Verbrauch von unter 3 Liter, der 1999 eingeführt wurde und damals schlanke 27.000 Mark kostete, 10.000 Mark mehr als ein baugleicher Seat Arosa mit vergleichbaren Fahrleistungen. Die haben damals bei der Kiste in Sachen Öko alle Register gezogen, dennoch darf der Wagen in vielen Großstädten nicht mehr fahren, weil er keine grüne Plakette kriegt. Wer also vor 15 Jahren gesagt hat: "Ich wende mich ab von Schneller-weiter-höher und gebe mein Geld lieber für nachhaltige Ökologie aus", der ist heute gekniffen. Wer sich dagegen 1999 einen Zweitaktroller gekauft hat, darf damit nach wie vor die Umwelt verpesten. Und wer heute noch mit einer '78er Schwalbe durch die Gegend knattert, der haut mehr Schadstoffe in die Luft als ein Dutzend Kat-Autos mit Euro 6.
Wenn wir am Bestandsschutz nicht rütteln wollen (und da finde ich die Umweltplakettenschei.ße eigentlich schon zu viel), dann muss es einen anderen Hebel geben, mit dem sicher gestellt wird, dass der technische Fortschritt stattfindet. Die Leute haben zum Umweltschutz ein merkwürdig ambivalentes Verhältnis: Alle wollen Ruhe, saubere Luft, keine Strahlen etc. Aber wenn es konkret um die eigene Kaufentscheidung geht, dann kauft sich die Mehrheit eben lieber was Billiges, Schnelles, Starkes, Lautes als etwas, das das, was sie generell haben wollen unterstützt. Die Leute kaufen freiwillig keine umweltfreundlichen Produkte, die Industrie bietet sie freiwillig nicht an, also muss sie per Gesetz gezwungen werden. Traurig aber wahr.
Das Zweite: Ernstzunehmende Motorräder (also nicht Roller etc.) werden in Deutschland fast ausschließlich aus Hobbygründen gekauft. Und da ist es nicht einsichtig, dass ein Motorrad mehr Energie verbraucht, mehr Schadstoffe produziert und mehr Geräuschemissionen absondert als ein Auto. Es kann nicht angehen, dass Hobbygeräte die Umgebung mehr belasten als Alltagsgeräte. Wenn jemand im Park eine Slackline legt und dabei Seile um Bäume wickelt, muss er Sorge dafür tragen, dass sein Hobby diese Bäume nicht kaputt macht - und das ist auch gut so. Das ist finde ich etwas anderes, als wenn Bäume gefällt werden müssen, um dort zum Beispiel einen Bahnhof hinzubauen.
Ich kann es deshalb gut nachvollziehen, wenn immer schärfere Anforderungen an die Industrie gestellt werden, bei ihrer Entwicklung nicht nur die Bedürfnisse derer im Sinn zu haben, die ihre Produkte kaufen, sondern auch die Bedürfnisse derer, die durch den Einsatz dieser Produkte ggfs. belästigt oder gefährdet werden. Und ich kann ebenfalls nachvollziehen, wenn man Motorrädern in diesem Zusammenhang nicht mehr Freiheiten lässt als Autos.
Ich würde für diese Forderung nicht auf die Straße gehen - aber ich könnte sie wirklich gut nachvollziehen. Insofern finde ich, dass wir hier auf einem recht hohen Niveau jammern.