Muss so 1976 gewesen sein, NSU Konsul II + Steib S350, meine Frau im Seitenwagen, Freund Wolfgang auf 125er Honda
"Enduro", auf dem Weg nach Frankreich.Irgendwo zw. Kassel u. Frankfurt wurden die mahlenden Geräusche aus dem Motor
immer lauter, es war eh schon spät, also ab von der Autobahn. Ab hieß über den Seitenstreifen auf die Wiese (nix
Leitplanken, die Seuche hatte noch nicht um sich gegriffen), bis zum nächsten Feldweg, etwas gesucht, passende Stelle
gefunden, Zelte aufgeschlagen. Konsulmotor angehört, Lagerschaden.
Früh am nächsten Morgen los nach Frankfurt, Telefonzelle gesucht u. gefunden (gelb waren die damals, nicht zu übersehen), gelbe Seiten durchgeblättert u. Selbstschrauberwerkstatt gesucht. Auch gefunden, hin, Seitenwagen abgebaut, Primärtrieb abgebaut, Motor ausgebaut, Zylinder runter, Kurbelgehäusehälften geteilt und Lager begutachtet. Normlager, Freund Wolfgang steckte sie in die
Tasche und machte sich auf die Suche nach einem Lagerhandel (kein GPS, kein Handy, ...), den er auch fand. Die wollten grad abschließen, Samstags hatten sie nur bis 13.00 auf
. W ist's gelungen, sie zum Verkauf der passenden Lager zu überreden.
Als er zurückkam, hatte ich derweil die Lagerinnenringe mit einer Flex geschwächt, passende Abzieher gab's nat. nicht, ein Hieb mit einem scharfen Meißel, die Ringe waren gesprengt u. ließen sich problemlos abziehen. Die neuen Lager drauf, Motor zusammengebaut, nat. mit den alten Dichtungen, neue hatten wir ja nicht. Inzw. war's früher Abend, wir mussten den Schrauberplatz räumen, weil die Werkstatt schloss, samstags, wo fast alle Leute Zeit haben, nat. früher als an anderen Wochentagen
. Also Maschine rausgeschoben, Seitenwagen rausgeschoben, Gepäck rausgetragen, und draußen fröhlich weitergeschraubt. Der Primärdeckel musste noch drauf, der Seitenwagen dran.
Primär übernahm Wolfgang, Sw ich. Irgendwann Wolfgangs Frage:
"Wieviel Öl kommt eigentlich in den Primärtrieb?" ...
"Na, so ein halber Liter, dann ist's an der Unterkante des Schaulochs" ....
"Ähhh, ich habe schon über 1l aufgefüllt, da ist nichts am Schauloch"
.
Konnte auch nicht, die große, wassertropfenförmige Dichtung des Primärdeckels, nur ca. 5mm breit, hatte sich im unteren Bereich über eine Schraube gehängt, und da lief das Öl munter raus. Der nächste Vorgarten wurde umgegraben, um das Öl zu binden, wir sahen, mangels Schaufel, aus wie die Schweine
. Irgendwann war alles zusammen, der Konsulmotor lief wieder, wunderbar ruhig, und wir brachen wieder zu unserem Übernachtungsplatz auf, wo wir die nächste Nacht verbrachten.
Bis Nimes passierte nichts weiter, dann aber gab die -alte- Kopfdichtung ihren Geist auf. Wir nächtigten am Canal du Midi, ohne Zelte. Der zeitweilig strenge Geruch, der manchmal zu uns wehte, entstammte dem Kadaver eines Hundes, den wir am nächsten Morgen nahe unseres Schlafplatzes fanden. Naja, auch Fronkreisch kann ganz schön scheixxe riechen, trotz der vielen Parfümhersteller.
Kopfdichtung???? Kopf abgebaut, Dichtung in die Tasche u. losgezogen, irgendwas passendes aufzutreiben. Mit Hilfe eines Motorradfahrers fanden wir einen Laden, in dem man Dichtungsmaterial u. Locheisen kaufen konnte. Dichtung zugeschnitten, gelocht, montiert, Kompression, Motor läuft, und weiter ging die Tour
, bis die neue Dichtung ihren Geist aufgab. Kurz vor Cap Leucate, Steigungen, hohe Motorlast, fertig. Das Leck zeigte ausgerechnet auf die Gasfabrik, den armen Vergaser. Meine Frau bekam den Rest des Draht-Asbest Dichtungsmateriales in die behandschuhte Hand und durfte das zwischen Schwimmerkammer u. Zylinder halten, damit die Flammen aus der Kofdichtung nichts schlimmes anrichten konnten.
Irgendwo vor einer der letzten Bergkuppen ging der Motor dann aus, und ließ sich auch nicht mehr mit Kicker starten, weil Kompression etwa ggn. Null.
Aber: Wir stehen ja fast ganz oben, da muss man nur wenden und wieder bergab rollen, und dann springt das Biest auch wieder an. So die Theorie. Nat. sprang sie nicht wieder an und stand dann in der Senke zwischen zwei "Pässen"
. Gepäck raus, den Berg hoch gebuckelt, zwei Mann, ein Frau geschoben -295kg leer, in die richtige Richtung
, Gepäck wieder rein, neuer Anlauf in die richtige Richtung ... oh Wunder, läuft. Frau in Seitenwagen, Dichtpappe in der behandsch.... sind wir dann am Camping in Cap Leucate gelandet. Zelte aufbauen und weiterschrauben.
Drei der 8 Kopfschrauben waren im Eimer. Vllt zu fest angezogen (M7x1, Muttern zwischen die obersten Rippen des Gusszylinders gelegt, Kopf von oben mit den Stehbolzen durch die Löcher abgesenkt, Muttern mit 11mm Maulschlüssel rundum angezogen, wahrsch zu fest -ich war jung, kräftig,
). Also beim Campingplatzbetreiber gefragt, ob's irgendwo eine Werkstatt gäbe, die Stehbolzen drehen könnte. Wusste er nicht, aber er hatte die Adresse eines Werkstattzubehör-Ladens in Perpignan.
Also ab auf den Soziussitz von Wolfgangs 125er, den Laden heimsuchen. Da gab's Hilfe, denn die wussten eine Dreherei. Auf zur
Dreherei, nicht ohne vorher nochmals ein wenig Dichtmaterial zu kaufen, was sich im Nachhinein als guter Einfall herausstellte.
Die Dreherei besah sich meinen Musterstehbolzen und meinte, das sei kein Problem, die neuen seien zwei Tage später fertig.
Waren sie auch, nur, als wir den Kopf wieder anziehen wollten, rutschten die alten M7 Muttern einfach über die neuen Bolzen. Die waren nur 6.9mm im Durchmesser, nicht aber 7+++mm, die die alten Muttern gebraucht hätten. Also Bolzen wieder raus, ab zur Dreherei, Problem erklärt, Mutter mit angeliefert und anstatt nur 3, gleich 8 neue Bolzen drehen lassen. Die waren wenige Tage später fertig,damit konnten wir den Kopf montieren, und, oh Wunder, die Kopfdichtung war dicht.
Dicht für den Urlaub in Frankreich, dicht bis hinter Frankfurt. Die Raststätte Wetterau war mein, bei gutem Wetter die Kopfdichtung erneut hergestellt (siehste, Kopfdichtungsmaterial aus F hilft manchmal
). Dafür brauchte ich nur noch so etwa 2 Stunden, Übung macht bekanntlich den Meister. Auch diese Kopfdichtung segnete allerdings das zeitliche, so etwa bei Seesen, und so saß meine Frau mal wieder mit behandschuhter Hand im Seitenwagen und schützte die Schwimmerkammer mit einem Stück Dichtungsmaterial vor zu starker Erhitzung. Das hat bis Hannover gelangt.
Ende vom Lied: die neuen Bolzen hielten, nur das schlechte Nachkriegs Kopfaluminium hatte bei 3 Stehbolzen im
undichten Bereich der Kopfdichtung nachgegeben.
Mir ist die Tour immer noch angenehm in Erinnerung
, meine Frau wollte danach kaum noch zu Motorradurlaubstouren
mitkommen.
Völlig unverständlich
.
Grüße
Uli