War heute in Bad Tölz auf einem Festival, das lief schon seit Freitag, und als ich heute mittag aufschlug, war schon ein wenig die Luft raus.
Mittendrin: Das Harley-Verkaufsförderungsteam mit einer ganzen Flotte von Probefahr-Harleys - und einem wirklich entspannten Terminkalender. Ratz-fatz, hatte ich zwei Probefahrt-Termine auf dem Auge, und zwar mit einer Street Glide mit dieser neuen, rahmenfesten Verkleidung,die so geil 70er Spaceship-mäßig aussieht, und eine Stunde später mit einer ganz normalen Fat Bob, mit der großen Maschine, die hat dann glaube ich 1800 Kubik.
Zunächst einmal, es ist zwar der Harleyhasser-Thread, aber so entspannt, locker und freigebig, wie Harley Probefahrten unters Volk bringt, da könnten sich andere Hersteller, vor allem aber BMW eine riesige Scheibe abschneiden.
Dann noch ein Detail; Ich war natürlich mit meinem schicken, neongelben Klapphelm da, der meiner GS wunderbar steht. Einem Impuls folgend, beantwortete ich dennoch die Frage "Brauchst du 'n Helm" mit "Habt ihr einen in meiner Größe da?". Ich bekam einen mattschwarzen Jethelm mit integriertem, klarem Visier, Das Ding fühlte sich an wie eine Eierschale und wog kaum ein Kilo (mein Blauer/Caberg wiegt 2,5 Kilo). "Na, eine Prüfnorm hat der nicht oder?" "Dochdoch, da ist das Logo." Na gut, sterben müssen wir alle mal.
Okay, erste Runde, mit diesem Schnuckelchen hier:
Schön sieht sie aus, auf den ersten Blick. Allerdings wirkt das Innere der rahmenfesten Verkleidung, in dem das Onboard-Entertainment (Navi und Radio) sitzt, etwa so wertig wie das Armaturenbrett eines Opel Vectra (1. Generation). Eigentlich hat die Street Glide bis auf die Verkleidung viel Ähnlichkeit mit der üblen Road Glide, die ich im letzten Jahr probegefahren bin.
Den Unterschied macht der Tourguide. Sind wir im vergangenen Jahr nur extrem langsam durch ein Industriegebiet geeiert, fahren wir jetzt auf die Bundesstraße in Richtung Sylvenstein - und lassen es richtig krachen. Doch zuvor versenke ich den Hobel fast auf dem Platz im Kiesbett, denn 350 Kilo Leergewicht, die verunglückte Sitzhaltung und die Kombi aus Schaltwippe und Trittbrettern, die überhaupt nicht zu meinen langen Gräten passt, fordern ihren Tribut.
Auf der Bahn geht es dann einigermaßen gut. Kurven kann die Kiste nicht wirklich, dafür geht sie auf den Geraden ganz nett voran. Auf dem Rückweg fahren wir ein paar 100 Meter über welligen Asphalt. Die Kiste bockt und sendet heftige Schläge in mein Rückgrat. Na ja.
Zurück auf dem Platz, stelle ich die Kiste ab und frage einen der Harley-Jungs, ob die das Möbel für mich rückwärts einparken können. Das Ding ist einfach zu schön und zu teuer, um es umzuschmeißen - und zu schwer um es nicht zu tun.
Danach das Kontrastprogramm, die Fat Bob.
(Edit: Der Fachmann sagt, es sei eine Fat Boy, was ganz anderes. Aber egal, die bin ich gefahren, ich hab' mir das Nummernschild gemerkt)
(Genau das Motorrad habe ich gefahren. Hier habe ich es noch einmal fotografiert, als es auf die nächste Testtour ging. Die Leute kenne ich nicht)
An diesem Motorrad scheint nichts Überflüssiges dran zu sein. Kein Navi, kein Radio, keine Ganganzeige, noch nicht mal ein Drehzahlmesser. Das Zentralinstrument ist ein Riesen-Analogtacho mit ein paar Kontrollleuchten und einer sehr kleinen LCD-Muntifunktionsanzeige. Und es sitzt auf dem Tank. Wer groß ist wie ich, der sieht das Instrument nur, wenn er den Blick tief senkt. Annsonsten sieht man einen Lenker, einen Tank mit zwei Tankstutzen (von denen einer Fake ist und die Tankuhr beherbergt), ansonsten sieht mal einen kleinen, runden Scheinwerfer in einem schwarzen Metallgehäuse. Da könnte ich mich dran gewöhnen. Während der Fahrt finde ich heraus, dass die Bob doch nicht komplett Gadget-frei ist. Sie hat einen Tempomaten, der sogar gut funktioniert. Gesetzt wird er mit einem Knopf links, und abschalten kann man ihn, indem man das Gas bis zum Anschlag zu dreht, und noch etwas weiter.
Also wieder auf die Bundesstraße, Stoff geben. Und der Motor hält, was er verspricht. Im 5. bei Tempo 70 das Gas voll aufgemacht, und die Post geht ab. Dasselbe Spiel im 4. und die Post geht wirklich ab. Ob es auch im 3. geht, weiß ich nicht, ich verzichte auf einen Test, schließlich hat das Teil keinen Drehzahlmesser. Die Klangkulisse ist beeindruckend, das hat schon was. Das Getriebe ist, objektiv betrachtet, shyce. Es kracht, heult, mahlt und winselt. Glücklicherweise ist die Kupplung schön leichtgängig, denn den Leerlauf fand ich nie.
Richtig viele Kurven fahren wir nicht, aber gemessen an der Street Glide ist die Bob handlicher. Objektiv ist sie ein mächtiges, träges Eisen. Und genau wie die Glide prügelt sie meinen Rücken. Ich bin sicher: Würde ich mit der meine Hausstrecke fahren, ich bräuchte irgendwann einen Termin beim Rückendoktor.
Die Überraschung des Tages ist der Helm. Er ist leise, viel leiser als mein Blauer/Caberg. So hört man auch bei 120 noch was vom Mopped. Wenn da nicht fett "Harley Davidson" draufstehen würde, würde ich mir den fast kaufen wollen.
Beste Grüße vom Sampleman und seinem Tatschpätt