Morjin !
Da gibt es ganz gewaltige Unterschiede in all diesen Sudelfeld-Gruppierungen, die da so schön als konkrete Beispiele dargestellt werden.
So dürfte beispielsweise die Panhead-Harley von 1950 heute fast schon ihr Gewicht in Edelmetallen wert sein, und allenfalls bei 0% Regenwahrscheinlichkeit, nicht über 25 Grad, aber auch nicht unter 22 Grad aus der klimatisierten Garage geholt werden - ganz legal mit 102 dba.
So dürften die dort beschriebenen Gruppen - fast - alle eines gemeinsam haben: sie wollen am Sudelfeld Motorrad fahren. Ihr Ziel, ihr Ansinnen ist die Strecke und das, was manche gerne "Spielkameraden" nennen. Das sie dabei eine gewisse Menge von Lärm machen, ist unvermeidlich und liegt in der Natur der Sache. Darüber, wieviel Lärm unvermeidlich ist, und hinzunehmen, darüber streiten Bürgerinitiativen, Kommunalpolitiker, Mediziner und Verhaltensforscher, Juristen und die Fa. Akrapovic (und ihre Juristen).
Und dann gibt es da eine Gruppe, deren Ziel, deren Ansinnen es ist: so laut wie irgend möglich. Sie nehmen alles inkauf dafür, investieren in die Brülltüte mehr Knete, als in ihre Schutzkleidung, und fahren grundsätzlich mit erloschener ABE durch die Gegend, weil die Phon- und Dezibel-Werte, die sie in ihre Umwelt drücken, jede Skala zu platzen bringen würden.
Und sie halten das nicht nur für legitim - wir leben doch als freie Bürger in einem freien Land, gell ?! - sondern sind sogar noch der Auffassung, daß wir alle für sie GEMA-Gebühren bezahlen müssten, für den tollen Motorradsound, den wir doch alle lieben ! Sie glauben am Ende noch ihre eigene Propaganda und halten sich für einen akustischen Wohltäter der Menschheit, ja sogar der Natur: loude pipes save lives ! Jaja, auch Fuchs und Hase rennen, retten, flüchten, wenn die Krawalltüten ankommen, und laufen dann auf der anderen Seite des Waldes auf die Strasse - immer noch im panischen Schrecken vor dem Weltuntergangsgebrülle, daß jede Treibjagd in den Schatten stellt.
Das Unverschämte, daß mein Blut zum kochen bringt, ist die selbstgerechte Annahme dieser Leute, daß sie mit ihrem Lärm auch noch etwas gutes Tun, und sie zu einer zu unrecht verfolgten Minderheit gehören. Sie zwängen einer schier unabgrenzbaren "Menge" von Umwelt: Mitmenschen, Mit-Tieren und was weiß ich noch alles ihren eigenen, höchst persönlichen Begriff von "gutem Motorradsound" auf - dem man sich dann leider in keinster Weise mehr entziehen kann. Weil, wie Kurt Tucholsky schon bedauert hat, der Mensch zwar Augenlider, aber keine Ohrenlider hat. Kubikkilometergroß ist die Lärmglocke dieser rücksichtslosen Krawallmacher, innerhalb derer jederman, jederfrau und jederkind an jedem Gasstoß, jedem Schaltvorgang und jeder Fehlzündung des betreffenden Musikanten teil nehmen muß - ob er will, oder nicht.
Und meistens will er nicht. Weil: dieser "gute Motorradsound" wird zu 98 % einer Umwelt aufgezwungen, die mit Motorradfahren absolut nichts am Hut hat und nur zu gerne auf Anti-Motorradfahrer-Parolen hört, die irgendein Kommunalpolitiker absondert, um seine Wiederwahl zu sichern. Und das ist der Unterschied, der ganz wesentliche Unterschied zum Rasenmäher im Wohngebiet: dort hat nämlich jeder einen - und deswegen würde ich dort niemals mehr wohnen wollen. Aber dem Rasenmäher im Wohngebiet kann man ausweichen, indem man woanders hinzieht. Dem Krawallmacher jedoch ist man wehrlos ausgeliefert - nicht mal anzeigen kann man ihn in aller Regel, weil er zu schnell ist (hähä), und häufig auch noch das Kennzeichen durch aufknicken unkenntlich gemacht hat (hähä). Sie genießen es, allen Leuten ihren "sound" ins Ohr zu drücken, aufzuzwingen - genießen die Illegalität ihres Tuns, den Kick, den es bringt, mal wieder mit im wahrsten Sinne des Wortes "vollem Rohr" an der Fußgängerzone entlang gedröhnt zu sein, ohne erwischt worden zu sein - "durch die Stadt mit hunderzehn, die Polizei hats nicht gesehn" - das ist alles, was da dahintersteckt, und das ist eine gottverdammtnochmal erbärmliche Einstellung zum Leben und zu seinen Mitmenschen, die dazutage tritt.
Wir leben nun mal in einem dichtbevölkerten Land - sind alle gegenseitig auf Toleranz angewiesen, aber die Kehrseite der Toleranz ist auch die gegenseitige Rücksichtnahme, auf die wir genauso angewiesen sind.
Die Krawalltüten-Fahrer sind beileibe nicht das einzige Beispiel für Leute, die einerseits lauthals Toleranz einfordern, aber andererseits das Gebot der Rücksichtnahme permanent mit den Stiefeln treten.
Sie sind mit ihrer Haltung ihren Mitmenschen gegenüber nicht anders, als jene Islamisten, die auf die Menschenrechte pochen, um für ihre etwas merkwürdigen Lebens- und Moraleinstellungen Toleranz einzufordern, und andererseits jede unverschleierte Frau für eine Hure halten, die man als Rechtgläubiger straffrei beleidigen, vergewaltigen und gegebenfalls auch umbringen darf.
Wer nicht bereit ist, ein Mindestmaß an Rücksicht auf diejenigen zu nehmen, die eben andere Vorstellungen von "gutem sound" haben, der eben eher in Richtung Haydn, Händel und Scarlatti geht, die lieber ihre Ruhe haben, als im zuckenden beat der Zylinder mitzuwippen - der hat kein Recht, für seinen Krawall Toleranz einzufordern, Solidarität einzufordern, wenn er endlich mal völlig richtigerweise von der Rennleitung erwischt und bestraft worden ist. Ihm ist nichts anderes geschehen, als Recht.
Gruß
Kroni