Moinsen!
Zwischenzeitlich habe ich eine Entscheidung getroffen und möchte diese anschließend mal erläutern - vielleicht hilft es dem einen oder der anderen bei der Entscheidungsfindung ja auch mal weiter...
Von meinen ursprünglichen Anforderungen für eine neue "Eierlegende Wollmilchsau" sprich Textil-Enduro-Anzug wurde erwartungsgemäß nicht alles vollumfänglich bzw. sinnvoll erfüllt aber zur Übersicht hier noch mal die Anforderungsliste:
• Textilanzug
• Ganzjahrestauglich
• Wasserdicht von Außen ohne irgendwelche einziehbare Membranen
• Ausreichend dimensionierte Protektoren an allen sturzgefährdeten Bereichen inkl. Rücken
• Außenliegende
Verstärkungen an den exponierten Stellen Wie Gesäß, Knie, Hüfte, Ellenbogen, Schultern
• Sehr viele und effektive aber bei Bedarf auch dichte Belüftungsmöglichkeiten
• Viele, wasserdichte Taschen auf Jacke & ggf. auch Hose
• Vorbereitung für ein Camelbag o.ä., dass aber zwingend!
• Hose sollte am unteren Ende dünn sein, und in die Endurostiefel passen
• Weitenverstellung an Armen/Hüfte ist obligatorisch.
• Fest "haltender" Hosenverschluss, damit die Wampe im Zaun gehalten wird.
• Verbindungsreißverschluss kann, muss aber nicht sein.
• KEINE Papagaienfarben, und nach Möglichkeit auch kein Weiß sondern schlicht schwarz oder eine andere gedeckte Farbe mit - wenn überhaupt - nur wenigen farblichen Akzenten.
Bis auf die "halben" roten Punkt erfüllt der KLIM Badlands Pro, den ich seit gut 2000km mein Eigen nenne, meine Anforderungen. Und das für dasselbe Geld wie ein entsprechend ausgestatteter Stadler oder TT-Anzug, Zumal der Badlands Pro gerade für 1300,- € oder weniger zu bekommen ist.
Die allgemeinen Parameter des Anzugs wie z.B. Goretex-Drei-Lagen-Laminat kann der interessierte Leser überall bekommen. Recht empfehlenswert ist hierzu z.B. das gut 20-Minütige Präsentationsvideo auf revzilla.com. Dazu möchte ich aber noch ein paar persönliche Zusatzinfos einflechten:
Die Ärmel und Beine sind "vorgekrümmt", er trägt sich auf der GS im sitzen wie auch stehen angenehm. Was er hingegen nicht besitzt ist eine Innenjacke aus Fleece o.ä., die bei tiefen Temperaturen abhängig vom Wärmebedarf der im Anzug steckenden Person u.U. noch erforderlich ist. Aber derlei Funktionsbekleidung hat man eigentlich schon ausreichend im Laufe der Jahre angesammelt und muss es somit nicht noch mal teuer und in fragwürdiger Qualität neu erwerben.
Was ich allerdings wirklich vermisse - was die anderen, noch zur Auswahl stehenden Kombis aber auch nicht wirklich vorweisen konnten - sind richtig abriebfeste Verstärkungen an den exponierten Stellen wie Schulter, Ellenbogen, Knie etc.. Im Falle eines Ausrutschers kann man den Anzug vermutlich per se zur Reparatur senden. Oder man hat halt einen guten Sattler/Näher an der Hand, der so ein Material auch verarbeiten kann. Verstärkungen sind zwar im Sinne von Materialaufdoppelungen bzw. einer Hightechfaser vorhanden aber das dünne Zeug wird - Kevlar hin oder her - keinen Ausrutscher bei 50km/h oder ähnlich heil überstehen und den Anzug schützen. Es ist halt kein Leder. Solange die Protektoren dahinter aber im Falle eines Falles an ihrem Platz bleiben und MICH beschützen, ist das schon ok.
Das war es aber auch schon an Kritikpunkten, ansonsten kann ich bisher nur sagen: T O P!
Die Jacke hat neben einer sauberen und ordentlichen Verarbeitung sehr vernünftige vertrauenserweckende "D30"-Protektoren zu bieten, die in der horizontalen sowie der vertikalen Lage recht frei zu positionieren sind. Der Rückenprotektor macht einen sehr guten, weil auch hinterlüfteten Eindruck und trägt trotzdem so gut wie nicht auf. Ein Brustprotektor ist ebenfalls - den Frontreißverschluss überlappend - integriert. Ob der wirklich Sinn macht, möchte ich persönlich besser niemals testen müssen. Das Obermaterial des Anzugs fühlt sich relativ steif an, das darf aber auch so sein - finde ich. Bedingt durch die ganzen Protektoren schließt man den Reißverschluss der Jacke und fühlt sich wie vermutlich Iron Man: Sicher! Ein gutes Gefühl!
Was mir persönlich ausgesprochen wichtig ist, ist die Vorbereitung für ein Trink-Pack sowie außerordentlich gute Belüftungsmöglichkeiten. Ich komme schnell ins schwitzen und dagegen benötige ich eine wirklich funktionierende Belüftung. Lange Rede, kurzer Sinn: In Jacke & Hose ziehts wie auf dem Bahnsteig - so man denn will! Macht man hingegen die "Schotten zu", ist alles schön kuschelig warm. Dieses Belüftungssystem funktioniert wirklich sensationell gut weil durch die großen Be- & gerade auch die Entlüftungsreißverschlüsse auf Rücken und Oberschenkelrückseite ein wirklicher Luftstrom in dem Anzug zwischen Außenmembrane und Innenfutter um den Körper herum geführt wird. Das ist mit den Alibi-Belüftungsöffnungen vieler anderer Anbieter aber auch nicht mal Ansatzweise zu vergleichen! Der Anzug ist (für mich) im geschlossenen Zustand schon fast wieder grenzwertig warm, Irgendwelche Luftlöcher sind eigentlich immer offen. Bei den jetzigen Temperaturen und der feuchten Kälte im Herbst fühle ich mich aber dennoch sehr wohl darin.
Die Trinkpack-Vorbereitung ist, zumindest was den vorderen Teil angeht, ebenfalls durchdacht: Das Mundstück kann man von innen in die Außentasche auf der Brust führen und dort hinter dem Reißverschluss geschützt parken, wenn man es nicht benötigt. Eine saubere Sache. Eine Kleinigkeiteit, klar. Wer allerdings schon mal sein Wasser durch die zerplatzen Insektenleichen auf dem Mundstück durchgenuckelt hat, weiß wovon ich rede...
Den hinteren Teil - sprich die Aufbewahrungstasche des eigentlichen Trinkpacks - ist hingegen eher ein Witz: Um an das Wasserreservoir zu gelangen, muss man tatsächlich den Rückenprotektor komplett aus der Protektorentasche entfernen, eine Tasche dahinter per Klettverschluss öffnen und kann dann auf das gar nicht mal so große "Fach" für das Reservoir (mein 2-Liter-Camelbag füllt die Tasche komplett aus) zugreifen. Das hätte man bestimmt NOCH umständlicher realisieren können... Sinnvoll hingegen ist aber der Haken zum einhängen und dadurch fixieren der Trinkblase am oberen Rand der Tasche. Gut auch, dass das Trinkpack aufrecht und über der Wirbelsäule geführt wird, was zusätzlich und im Falle eines Falles als kleiner Puffer vor der Wirbelsäule wirken kann. Dennoch ist die ganze Trinkpack-Vorereitung im Hinblick auf die Zugriffsmöglichkeiten eine verbesserungswürdige Konstruktion.
Als sinnvoll empfinde ich den integrierten Nierengurt: Wieder ein Teil weniger, was man irgendwo vergessen kann und trotzdem ist alles an Frau oder Mann. Das herausnehmbare Ding hat auch den Vorteil, dass man die Jacke damit ein wenig taillieren kann, was sie ja ansonsten eher nicht ist. Wie schrieb es ein amerikanischer Rezensent auf revzilla.com so schön: Die Jacke sähe - im Gegensatz zu den europäischen, taillierten Jacken - ja eher so aus wie von "Joe, the Tentmaker..." hergestellt. Ganz so schlimm ist es aber dann doch nicht…
Die Jacke engt durch ihren großzügigen Schnitt nicht ein, flattert aber auch nicht.
Gut, weil schön dicht abschließend finde ich auch die von Wintersportbekleidung bekannten Manschetten (Schneefang) an den Ärmelbündchen. Das hätte Klimm bei den Hosenbeinen auch noch machen können... Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Jacke am Kragen, am unteren Abschluss sowie an Ober- und Unterarm per Klettverschluss und Gummibändchen dem Träger anzupassen ist. Selbes gilt für die Hose im Taillenbereich. Die ganzen 15 cm Verbindungsreißverschluss erfüllen ihre Zweck auch wenn man die nicht unbedingt benötigt. Aufgrund des verhältnismäßig kurzen Schnittes der Jacke besonders vorne schiebt sie sich auch nicht übermäßig hoch.
Die Taschen sind - bisher (erst 120km Regenfahrt) - alle dicht und in ausreichender Anzahl vorhanden sowie auch gut während der Fahrt mit Handschuhen zu bedienen. Die Lüftungsreißverschlüsse ebenso. Der Kragen ist hoch und vor allem weit geschnitten. Wenn man den Kopf zwischen die Schultern zieht, schiebt sich der Kragen fast bis zur Nase hoch. Zum Glück lässt sich der Kragen mit einem Gummizug etwas enger stellen da ich doch eher selten mit voluminösen Baumwollschal aber oft mit dünnem Tuch um den Hals fahre... Trotzdem: Ein seltsamer Schnitt - irgendwie haben die Amis wohl alle irgendwie einen "dickeren Hals"
Ein nettes Detail dagegen ist die Fixierung der losen Kragen-Enden, wenn man mit geöffnetem Jackenreißverschluss fährt: Man kann die Kragenenden "aufklappen", im Schlüsselbein-Bereich per Klett fixieren und bei großer Hitze mit offenem aber flatterfreiem Kragen fahren. Durchaus interessant für die ADV-Fahrer, die im Hochsommer hinter ihrem hohen Windschild dem Erstickungs- und/oder Hitzetod nahe stehen.
Größentechnisch ist das so eine Sache mit dem Anzug: Ich musste die Jacke auch beim ersten Mal wieder zurück senden, da die - aufgrund der Aussagen der Kollegen hier im Board - von mir avisierte Größe "M bei normalerweise "L" nicht wirklich passte: Ich habe meine jetzige Touraeg-Jacke "L" und die Badlands-Jacke (M) mal übereinander gelegt und festgestellt, dass die Größe zwar identisch ist, die Ärmel der Badlands aber 2-3 cm kürzer waren und die Jacke auch vorne 3 cm kürzer als hinten geschnitten ist. Es wäre zwar gegangen, "wäre" ist mir bei dem Preis aber zu wenig. Daher wurde also Größe "L" geordert. Die passte dann. Auffällig war auch der wenige Platz im Brustbereich bei der "M"-Jacke: Ich bin zwar recht schlank & sportlich, aber kein Arnold Schwarzenegger. Dennoch ist die Jacke im Brustbereich verhältnismäßig eng. Bei der Hose sieht das wieder anders aus:
Bei einer Größe von gut 1,90m passte die Hose in Größe 34, regular auf Anhieb. Die Hose ist ebenfalls mit einer wirklich funktionierenden Belüftung ausgestattet und erfüllt all´ meine Anforderungen. Die Aufnahme für Hosenträger ist praktisch und wird bei mir auch mit solchen genutzt. Wider Erwarten passt die Hose doch IN aber auch ÜBER derbe Enduro/Cross-Stiefel - worüber ich persönlich mich richtig freue. Fahre ich als alter Enduristi doch lieber mit der Hose in den Stiefeln... Das gibt mir einen besseren Knieschluss/Wadenkontakt zur Maschine. Was hingegen nicht hätte sein müssen, sind die zusätzlichen Druckknöpfe zur Weitenverstellung. Eine selten unnütze und praxisferne Konstruktion wo es doch Klettverschlüsse gibt, aber das ist auch - zumindest für mich - kein wirkliches K.O.-Kriterium.
Es sind zwar von Haus aus - gar nicht mal so schlechte - D30-Knie- und Hüftprotektoren bereits integriert aber die Hose ist (auch) im Kniebereich so weit geschnitten, dass "richtige" Knie/Schienbeinschoner oder auch schlanke Orthesen noch mit hinein passen. Wer mag, kann noch eine zusätzliche Crash-Pant anziehen, die passt normalerweise auch noch in die Hose rein. Für die sportlich ambitionierten Offroad-Fahrer durchaus wichtige Merkmale.
Fazit:
Bisher macht der KLIM Badlands Pro einen sehr wertigen und ausgereiften Eindruck und erfüllt zumindest meine sehr subjektiven Anforderungen an einen Ganzjahresanzug so gut wie vollständig. Ich fühle mich bei verschiedensten Wetterbedingungen (bisher +3 bis +26 Grad) sauwohl in dem Anzug und das ohne ein Gefühl von schwerer, unbequemer "Ritterrüstung". Daher ist mir der Badlands Pro bisher noch jeden Cent des nicht allzu günstigen Preises allemal wert ud somit würde mir bis jetzt den Badlands Pro immer wieder kaufen.
In einem halben Jahr werde ich ihn nach der Winterssaison aber auf jeden Fall nochmals beurteilen.
Bis dahin, beste Grüsse vom
Jan
P.S.: Nicht , dass da falsche Gedanken aufkommen: Nein, ich bin nicht gesponsert - ich mag einfach zweckmäßige & funktionelle Dinge. Zumal, wenn sie so daher kommen, wie der Badlands Pro...