Serpel
Themenstarter
Am Samstag hab ich sie abgeholt. Da stand sie und wartete bereits:
Die Übergabe war schnell gemacht, mit einer provisorischen Zulassung war ein fliegender Wechsel möglich.
Beeindruckend die Lackierung, macht einen sehr wertigen, fast schon wertvollen Eindruck. Leuchtet richtig in der Sonne draußen auf dem Hof. Damit das so bleibt, halte ich beim Aufsitzen etwas Abstand zum hoch aufragenden Tank. Ich hasse diese Tankaufkleber - wenn sie mal drauf sind, bleiben sie ohnehin drauf. Was sollen sie schützen, wenn man es ohnehin nie zu Gesicht bekommt ...
Die Sitzposition ist verdammt hoch und die Lenkerstummel recht tief unten und weit vorne. Wer soll die Maschine kaufen? - außer mir natürlich - schießt es mir in den Kopf. Dem Genussfahrer ist das zu anstrengend und der Rennstreckenheizer greift lieber gleich zu einem Supersportler, dem man auch ansieht, dass es einer ist.
Dass die Doppel-R-Speed sogar ein ernstzunehmender solcher ist, kann ich mir nach wenigen Kilometern Fahrt zwar vorstellen, Beweis ist das aber noch lange nicht, denn alles an dieser Triumph fühlt sich so ganz anders an, so dass ich es auf dieser ersten Fahrt ausgeprägt vorsichtig und zurückhaltend angehen lasse.
Das fängt beim Motor an und hört bei der Bedienung nicht auf. Der Kombi-Kippschalter für die Zündung besitzt nicht nur eine, sondern zwei Ruhepositionen, weil er die Funktion des fehlenden Zündschlüssels übernehmen muss. Und prompt bereitet mir die Bedienung desselben das erste Kopfzerbrechen: Wie wird so ein Motorrad mit elektronischem Zündschlüssel korrekt gestartet? Kann ich den provozierend gemächlichen Bootvorgang der Bordelektronik beim Einschalten der Zündung einfach überspringen und den Schalter gleich ganz nach unten drücken? Ich pobier’s einfach, aber nichts tut sich. Also erst booten und dann den Knopf ganz in Position "Motor anlassen" drücken.
Einschub: Nach meinem aktuellen Kenntnisstand (bin das Motorrad inzwischen bereits zwei Mal eine längere Strecke gefahren) darf man den Motor auch sofort starten, ich hätte den Knopf einfach etwas länger gedrückt halten müssen. Etwas Zeit braucht die Elektronik auch dann, bis sie startklar ist, aber nach geschätzt ein bis zwei Sekunden reagiert der Anlasser und erweckt den 1160 ccm großen Dreizylinder zum Leben. (Im Fahrerhandbuch ist von einem "Schnellstart" die Rede.)
Die mechanischen Geräusche beschränken sich auf leises, gleichmäßiges Mahlen irgendwelcher Wellen (vielleicht der Ausgleichswelle, welche die S 1000 nicht hat), aber kein Klappern oder gar Zwitschern der früheren Triumph-Modelle ist zu hören. Das typische Dreizylinder-Fauchen hat so gar nichts mit Zwei- oder Vierzylinder zu tun und eröffnet mir völlig neue Klangwelten. Im Stand bereits eher kernig und wichtig, beim Fahren im fließenden Verkehr angenehm zurückhaltend, aber doch akustisch präsent. Und soll zügig beschleunigt werden, wird per Klappensteuerung auch die zweite Zuleitung zum Endtopf geflutet und zur Abgasentsorgung mitbenutzt. Das klingt dann schon richtig heftig, aber immer noch im Rahmen und ohne jede Prollkomponente. Sehr faszinierend, dieser Klang!
Die Betätigungskraft am verstellbaren Kupplungshebel ist auffallend gering und ich bilde mir ein, eine automatische Drehzahlanhebung zu verspüren, sobald die Kupplung einrückt (edit: ist tatsächlich der Fall). Ist keine schlechte Idee, denn die ultraleichte Kurbelwelle bleibt gern mal stehen, wenn grobmotorisch vorgegangen wird. Überhaupt scheint mir das Motorrad nicht geeignet für Grobmotoriker: Alles spricht super sensibel an und lässt sich mit wenig Kraftanstrengung dirigieren. Neu bei der Speedy ist allerdings auch ein kleiner Lastwechselschlag, wenn abrupt an Gas gegangen wird. Einer der wenigen echten Kritikpunkte. Ansonsten hängt die Maschine trotz Euro 5 sehr homogen und gleichmäßig am Gas und es bereitet keine Mühe, im Stadtverkehr ruckfrei mitzuschwimmen.
Das einzige, was sich weniger leicht dirigieren lässt, ist das Motorrad selbst, wenn es einmal fährt. Obwohl dank Abmagerungskur auf 200 Kilo federleicht zu rangieren, erfordern Lenkmanöver bei höherer Geschwindigkeit deutlich eingeleitete Kraftstöße, was auf schnellem Geläuf mit weiten Radien der Stabilität äußerst dienlich ist. Handlingwunder ist die RR keins, aber das wollte ich ausdrücklich nicht, denn nach meiner Erfahrung macht das nur Anfänger schnell. Ich sehe es durchaus positiv: Die Lenkpräzision der Triumph ist messerscharf und schnelle Kurven umrundet sie mit traumwandlerischer Sicherheit. Engere Radien und Kehren lassen sich trotzdem mit entsprechend Einsatz am Lenker problemlos und sehr flott umrunden - das hab ich auf der RR von BMW gelernt.
Dass das Fahrwerk für sportlichen Einsatz zur Zeit das Beste ist, was der Markt zu bieten hat (Öhlins Smart EC 2.0), glaube ich der einschlägigen Presse mal unbesehen, denn die elektronische Steuerung erlaubt nicht nur eine optimale Ausrichtung Richtung Sportlichkeit, sondern bietet darüber hinaus ein deutlich spürbares Maß an Komfort auf den Geraden zwischen den Kurven. Und so fühlt es sich beim Fahren auch an!
Nur - die Bedienung des "Infotainments" (oder wie nennt man das heutzutage?) im - zugegeben - optisch äußerst attraktiven Layout bereitet mir immer noch Kopfzerbrechen. Weniger wegen der Ansteuerung und Auswahl der Menü- und mehrfach geschachtelten Untermenüpunkte, sonder mehr wegen ihrer Auswirkung auf den Fahrbetrieb. Die Bedienungsanleitung hält sich diesbezüglich ebenso zurück wie der Verkäufer bei der Übergabe (der sehr freundlich, aber bei Detailfragen überfordert war). Vielleicht muss ich das Handbuch einfach sorgfältiger lesen, um zu erfahren, auf welche Fahrmodi (Rain, Road, Sport, Track, Rider) sich das Feintuning des Fahrwerks wie auswirkt. Im Moment sehe ich hier vor lauter überflüssiger Warnungen das Wesentliche nicht.
Wie das elektrische Lenkerschloss funktioniert, hab ich bereits heraus gefunden. Es gibt dafür einen extra Schalter an der rechten Lenkerarmatur. Ob der allerdings auch kurz nach Ausschalten der Zündung seiner Arbeit nachkommt, weiß ich im Moment nicht. (Edit: Ist tatsächlich der Fall. Und wenn man ihn davor drückt, fährt gleich das ganze System auch noch herunter, so dass man sich den zusätzlichen Knopfdruck auf den Kippschalter sparen kann.)
Der Schalthebel war vollkommen falsch eingestellt. Selbst mit meinen kleinen Füßen kam ich bei der ersten Fahrt kaum unter den Hebel. Bei der anschließenden Justierung erinnern mich einige Details dieser Triumph an meine 865er-Scrambler von 2006 selig. Nicht im negativen Sinne, aber die Konstruktionscharakteristika sind eindeutig. Der Seitendeckel für den Kühlmittelausgleichsbehälter zum Beispiel wird einfach mit drei Nasen in drei Gummibuchsen gesteckt. Und die Schraube der Heckabdeckung (deren Torx unter diesem Seitendeckel versteckt ist) verhindert zuverlässig die Nutzung des drunter liegenden Fachs als Aufbewahrungsort für Kleinigkeiten wie Tüte Süßigkeiten oder Portemonnaie. Erinnert unausweichlich an den geschraubten statt mit Schloss gesicherten Sattel der Scrambler.
Bei so viel Kritik an Details kann das Motorrad im gesamten ja nur ein Kunstwerk sein. Und in der Tat hatte ich noch nie einen Töff, der so viel Besitzerstolz weckte und beim Fahren so souverän machte wie dieser. Es ist erstaunlich - diese Halbschale mit den ästhetisch geschwungenen Spiegelauslegern und den ebenso formschönen Spiegeln macht aus der RS ein ganz anderes Motorrad. Eines, das Begehrlichkeiten weckt - bei mir zumindest. Dabei könnte ich mir vorstellen, dass viele sagen "ja, ein wunderschöner Töff", aber kaufen tun ihn nur wenige.
Mir ist das nur recht, begegne ich nicht ständig meinesgleichen auf der Straße und fühle mich ein wenig als Exot.
Gruß
Serpel
Die Übergabe war schnell gemacht, mit einer provisorischen Zulassung war ein fliegender Wechsel möglich.
Beeindruckend die Lackierung, macht einen sehr wertigen, fast schon wertvollen Eindruck. Leuchtet richtig in der Sonne draußen auf dem Hof. Damit das so bleibt, halte ich beim Aufsitzen etwas Abstand zum hoch aufragenden Tank. Ich hasse diese Tankaufkleber - wenn sie mal drauf sind, bleiben sie ohnehin drauf. Was sollen sie schützen, wenn man es ohnehin nie zu Gesicht bekommt ...
Die Sitzposition ist verdammt hoch und die Lenkerstummel recht tief unten und weit vorne. Wer soll die Maschine kaufen? - außer mir natürlich - schießt es mir in den Kopf. Dem Genussfahrer ist das zu anstrengend und der Rennstreckenheizer greift lieber gleich zu einem Supersportler, dem man auch ansieht, dass es einer ist.
Dass die Doppel-R-Speed sogar ein ernstzunehmender solcher ist, kann ich mir nach wenigen Kilometern Fahrt zwar vorstellen, Beweis ist das aber noch lange nicht, denn alles an dieser Triumph fühlt sich so ganz anders an, so dass ich es auf dieser ersten Fahrt ausgeprägt vorsichtig und zurückhaltend angehen lasse.
Das fängt beim Motor an und hört bei der Bedienung nicht auf. Der Kombi-Kippschalter für die Zündung besitzt nicht nur eine, sondern zwei Ruhepositionen, weil er die Funktion des fehlenden Zündschlüssels übernehmen muss. Und prompt bereitet mir die Bedienung desselben das erste Kopfzerbrechen: Wie wird so ein Motorrad mit elektronischem Zündschlüssel korrekt gestartet? Kann ich den provozierend gemächlichen Bootvorgang der Bordelektronik beim Einschalten der Zündung einfach überspringen und den Schalter gleich ganz nach unten drücken? Ich pobier’s einfach, aber nichts tut sich. Also erst booten und dann den Knopf ganz in Position "Motor anlassen" drücken.
Einschub: Nach meinem aktuellen Kenntnisstand (bin das Motorrad inzwischen bereits zwei Mal eine längere Strecke gefahren) darf man den Motor auch sofort starten, ich hätte den Knopf einfach etwas länger gedrückt halten müssen. Etwas Zeit braucht die Elektronik auch dann, bis sie startklar ist, aber nach geschätzt ein bis zwei Sekunden reagiert der Anlasser und erweckt den 1160 ccm großen Dreizylinder zum Leben. (Im Fahrerhandbuch ist von einem "Schnellstart" die Rede.)
Die mechanischen Geräusche beschränken sich auf leises, gleichmäßiges Mahlen irgendwelcher Wellen (vielleicht der Ausgleichswelle, welche die S 1000 nicht hat), aber kein Klappern oder gar Zwitschern der früheren Triumph-Modelle ist zu hören. Das typische Dreizylinder-Fauchen hat so gar nichts mit Zwei- oder Vierzylinder zu tun und eröffnet mir völlig neue Klangwelten. Im Stand bereits eher kernig und wichtig, beim Fahren im fließenden Verkehr angenehm zurückhaltend, aber doch akustisch präsent. Und soll zügig beschleunigt werden, wird per Klappensteuerung auch die zweite Zuleitung zum Endtopf geflutet und zur Abgasentsorgung mitbenutzt. Das klingt dann schon richtig heftig, aber immer noch im Rahmen und ohne jede Prollkomponente. Sehr faszinierend, dieser Klang!
Die Betätigungskraft am verstellbaren Kupplungshebel ist auffallend gering und ich bilde mir ein, eine automatische Drehzahlanhebung zu verspüren, sobald die Kupplung einrückt (edit: ist tatsächlich der Fall). Ist keine schlechte Idee, denn die ultraleichte Kurbelwelle bleibt gern mal stehen, wenn grobmotorisch vorgegangen wird. Überhaupt scheint mir das Motorrad nicht geeignet für Grobmotoriker: Alles spricht super sensibel an und lässt sich mit wenig Kraftanstrengung dirigieren. Neu bei der Speedy ist allerdings auch ein kleiner Lastwechselschlag, wenn abrupt an Gas gegangen wird. Einer der wenigen echten Kritikpunkte. Ansonsten hängt die Maschine trotz Euro 5 sehr homogen und gleichmäßig am Gas und es bereitet keine Mühe, im Stadtverkehr ruckfrei mitzuschwimmen.
Das einzige, was sich weniger leicht dirigieren lässt, ist das Motorrad selbst, wenn es einmal fährt. Obwohl dank Abmagerungskur auf 200 Kilo federleicht zu rangieren, erfordern Lenkmanöver bei höherer Geschwindigkeit deutlich eingeleitete Kraftstöße, was auf schnellem Geläuf mit weiten Radien der Stabilität äußerst dienlich ist. Handlingwunder ist die RR keins, aber das wollte ich ausdrücklich nicht, denn nach meiner Erfahrung macht das nur Anfänger schnell. Ich sehe es durchaus positiv: Die Lenkpräzision der Triumph ist messerscharf und schnelle Kurven umrundet sie mit traumwandlerischer Sicherheit. Engere Radien und Kehren lassen sich trotzdem mit entsprechend Einsatz am Lenker problemlos und sehr flott umrunden - das hab ich auf der RR von BMW gelernt.
Dass das Fahrwerk für sportlichen Einsatz zur Zeit das Beste ist, was der Markt zu bieten hat (Öhlins Smart EC 2.0), glaube ich der einschlägigen Presse mal unbesehen, denn die elektronische Steuerung erlaubt nicht nur eine optimale Ausrichtung Richtung Sportlichkeit, sondern bietet darüber hinaus ein deutlich spürbares Maß an Komfort auf den Geraden zwischen den Kurven. Und so fühlt es sich beim Fahren auch an!
Nur - die Bedienung des "Infotainments" (oder wie nennt man das heutzutage?) im - zugegeben - optisch äußerst attraktiven Layout bereitet mir immer noch Kopfzerbrechen. Weniger wegen der Ansteuerung und Auswahl der Menü- und mehrfach geschachtelten Untermenüpunkte, sonder mehr wegen ihrer Auswirkung auf den Fahrbetrieb. Die Bedienungsanleitung hält sich diesbezüglich ebenso zurück wie der Verkäufer bei der Übergabe (der sehr freundlich, aber bei Detailfragen überfordert war). Vielleicht muss ich das Handbuch einfach sorgfältiger lesen, um zu erfahren, auf welche Fahrmodi (Rain, Road, Sport, Track, Rider) sich das Feintuning des Fahrwerks wie auswirkt. Im Moment sehe ich hier vor lauter überflüssiger Warnungen das Wesentliche nicht.
Wie das elektrische Lenkerschloss funktioniert, hab ich bereits heraus gefunden. Es gibt dafür einen extra Schalter an der rechten Lenkerarmatur. Ob der allerdings auch kurz nach Ausschalten der Zündung seiner Arbeit nachkommt, weiß ich im Moment nicht. (Edit: Ist tatsächlich der Fall. Und wenn man ihn davor drückt, fährt gleich das ganze System auch noch herunter, so dass man sich den zusätzlichen Knopfdruck auf den Kippschalter sparen kann.)
Der Schalthebel war vollkommen falsch eingestellt. Selbst mit meinen kleinen Füßen kam ich bei der ersten Fahrt kaum unter den Hebel. Bei der anschließenden Justierung erinnern mich einige Details dieser Triumph an meine 865er-Scrambler von 2006 selig. Nicht im negativen Sinne, aber die Konstruktionscharakteristika sind eindeutig. Der Seitendeckel für den Kühlmittelausgleichsbehälter zum Beispiel wird einfach mit drei Nasen in drei Gummibuchsen gesteckt. Und die Schraube der Heckabdeckung (deren Torx unter diesem Seitendeckel versteckt ist) verhindert zuverlässig die Nutzung des drunter liegenden Fachs als Aufbewahrungsort für Kleinigkeiten wie Tüte Süßigkeiten oder Portemonnaie. Erinnert unausweichlich an den geschraubten statt mit Schloss gesicherten Sattel der Scrambler.
Bei so viel Kritik an Details kann das Motorrad im gesamten ja nur ein Kunstwerk sein. Und in der Tat hatte ich noch nie einen Töff, der so viel Besitzerstolz weckte und beim Fahren so souverän machte wie dieser. Es ist erstaunlich - diese Halbschale mit den ästhetisch geschwungenen Spiegelauslegern und den ebenso formschönen Spiegeln macht aus der RS ein ganz anderes Motorrad. Eines, das Begehrlichkeiten weckt - bei mir zumindest. Dabei könnte ich mir vorstellen, dass viele sagen "ja, ein wunderschöner Töff", aber kaufen tun ihn nur wenige.
Mir ist das nur recht, begegne ich nicht ständig meinesgleichen auf der Straße und fühle mich ein wenig als Exot.
Gruß
Serpel
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