Hi
Nachdem ich ab und an als Tourguide unterwegs bin, glaube ich auch etwas sagen zu können.
>>>Da wir noch Anfänger sind haben wir uns bei der langsamen Gruppe angemeldet.<<<
Da wäre die Frage was man als Anfänger bezeichnet. Seit 14 Tagen den FS und noch unsicher wackelnd auf dem Mopped?
Falls es so wäre, habt Ihr womöglich den Text des Angebots nicht richtig gelesen.
Das ist eines der grösseren Probleme und deshalb bemühe ich mich das Angebot so zu schreiben, dass eindeutig daraus hervorgeht welche Mindestansprüche an den Teilnehmer gestellt werden.
>>>1.Tag: von Landau bis München Autobahn bei vollem Gepäck 6 Mopeds und im Schnitt zwischen 140 und 160km/h.<<<
Ich interpretiere es mal so, dass "dauernd" Geschwindigkeiten zwischen 140 und 160 auf dem Tacho standen und nicht ein 140er Durchschnitt gefahren wurde (das wäre Rennbetrieb).
Natürlich kann man "langsame Gruppe" interpretieren wie man will, doch ich würde sagen es ist ganz einfach zu schnell. Bei langsam stelle ich mir eher 140 als Obergrenze vor. Wenn es mir persönlich bei diesem Tempo Gras aus den Schuhen wächst ist das egal. Ich werde dafür bezahlt eine langsame Gruppe zu führen. Dazu kommt nach nicht allzulanger zeit ein Päuschen bei dem ich abfrage wie die Befindlichkeiten sind.
Wenn dann ein Vereinzelter dabei sein sollte der gerne mit 80 Blumen pflücken möchte, dann hätte ich ein Problem. So langsam mag auf der BAB kaum jemand fahren und daher steht in der Fahrtbeschreibung wie schnell es auf der BAB etwa zugeht. Das Blöde an Gruppenreisen ist eben, dass sich unterschiedliche Menschen etwas aneinander anpassen müssen.
>>>Abends waren wir platt:<<<
Ehrliche Frage: Wäret Ihr weniger platt gewesen wenn max. 130 gefahren worden wäre? Oder war es einfach eine ungewohnte Streckenlänge?
>>>Eine Tour über 300 Km Landstraße. <<<
Für Anfänger ist das reichlich, wenngleich es darauf ankommt welche Strassenart gefahren wird. Wärest Du z.B. beim Südstaatentreffen mitgefahren (ca 260km) hättest Du dabei keine Geschwindigkeitsprobleme behabt, wärest abends aber auch sehr müde gewesen.
>>>Wir hatten alle Mühe dem Tourgide zu folgen, denn der überholte ALLES was ihm vors Windschild kam.Einiges recht riskant, wenn man bedenkt das 6 Bikes folgen müssen.<<<
Das nun spricht eindeutig gegen den Tourguide. Allerdings MUSS ihm niemand folgen.
In einem solchen Fall mache ich sozusagen ein Angebot. Ich überhole. Nehmen meine Tourteilnehmen es nicht an, dann bleiben sie eben hinten und ich fahre langsamer. Können sie es nicht annehmen weil die Lücke nicht reicht, dann warte ich eben bis alle wieder hinter mir sind. Das Ganze kündige ich vorher an. Niemand MUSS riskant überholen, sondern jeder MUSS auf "seine" Lücke warten!
>>>Ebenfalls 290Km winkliges geläuf im Eiltempo (etwa 110-120Km/h).<<<
Winkliges Geläuf mit 110? Da haben wir wahrscheinlich unterschiedliche Auffassung von winklig! Aber: Wenn einer der Teilnehmer sagt "Nach StVO", dann ist das schon mal Gesetz! Egal was der dazu meint.
>>>Bei der Pause hab ich dem Guide gesagt, dass ich gerne die Stops der Tour hätte, weil wir ab jetzt in unserem Tempo weiterfahren<<<
Das ist Notwehr. Wenn er das nicht kapiert (oder die restlichen Teilnehmer sagen "naja ihr fahrt schon arg langsam") hat er den Job verfehlt.
>>>daraufhin ein müdes lächeln und die Antwort "wenn ich fahren würde wie ich wollte, wär ich schon längst weg" .........
4Tag: Heimfahrt, er fuhr nach 10 Min. mit Vollspeed davon...abends die sms,hoffe ihr seid gut angekommen......gruß T....<<<
Das passt dazu. Der Typ ist (er wird es noch immer sein) ein Armleuchter. Mit einer Gruppe ist es so wie (zumindest früher) mit den Mädels: Hole ich eine ab, so bringe ich sie auch wieder nach Hause. Auch wenn ich sauer bin.
>>>Habt ihr schonmal geführte Touren gemacht???Ist das immer n so einem Tempo??<<<
Hoffentlich nicht
>>>In den Ortschaftsausgängen z. T mit über 70 Sachen...i<<<
Als Tourguide breche ich mir keinen ab wenn ich sage: "Ich fahr in Ortschaften bewusst sehr langsam. Einmal weil's idiotisch ist zu rasen, dann noch weil sich die Gruppe einfach sammeln kann". Bei 6 Teilnehmern ist das super einfach.
Als Tourguide bin ich Dienstleister und richte mich nach meiner Gruppe. Diese richtet sich (hoffentlich) nach der Ausschreibung. Ob ich Spass an der jeweiligen Fahrweise habe steht auf einem anderen Blatt. Wenn ich mich allerdings ungern auf Andere einstelle, sollte ich es gleich lassen!
Die Fragen lauten für mich:
Sind täglich 300 Km für Fahranfänger nicht etwas viel? Das müssen diese VORHER selbst entscheiden!
Was ist langsam? Das definiere ich, so gut es geht, im Angebot!
Will ich vor einer "lahmen Truppe" herumgurken? Falls nein >> Job verfehlt!
Letztes Jahr hatte ich 17 Harleys zu führen.
Frage: "Wie schnell wollt Ihr?" Naja so um die 80...90 fahren wir normalerweise.
"OK, ich fahre vor und bemühe mich nicht im Weg zu stehen. Ihr fahrt so wie es Euch taugt. Wenn der Abstand grösser wird bin ich zu schnell."
"Steckenwahl: Wir werden in erster Linie "Geschwungenes" fahren und ich werd' ein Bisschen "Anspruchsvolleres" einbauen".
Beim Päuschen hörte ich dann: "Die Micky-Maus-Strecke war ganz lustig. Dauernd ist das Nix, aber wenn Du noch mal was weisst . ."
Noch nie hatte ich einen derartig geringen Spritverbrauch. Und lustig war's auch noch. "Bei Dir sieht das aus als hättest Du in der Kurve überhaupt keine Schräglage oder Deine BMW hängt sogar falsch rum. Bei mir schleifen da die Trittbretter!"
Für diesen Herbst hat sich wieder eine Truppe angekündigt (auf Empfehlung der ersten).
Nebenbei: Wisst Ihr was einem Tourguide bezahlt wird? Einer der grossen Veranstalter (vorwiegend unterwegs auf BMW) berappt ca 80 EUR für den ganzen Tag. Das soll nicht heissen, dass man um diesen Betrag keine "gescheiten" Leute bekommen kann, sondern dass da viel Idealismus dabei ist wenn einer für das Trinkgeld 12 Stunden täglich Kindermädchen und Prügelknabe ist. Unnötig zu erwähnen finde ich eigentlich, dass Verpfegung und Übernachtung zusätzlich bezahlt werden und auch er nicht mit der eigenen Maschine fahren muss. Weil ich weiss was für den Veranstalter hängenbleibt fahre ich nicht für diesen. Da geht es keineswegs um den absoluten Betrag sondern um die Diskrepanz zwischen dem was der Kunde bezahlt und dem was der Tourguide bekommt. Dass Versicherung, Werbung etc, berücksichtigt werden muss ist mir dabei klar.
gerd