Tankstellenpreise: MWV-Analyse der Höchststände 2008 und 2010 Kritik an den Automobilverbänden
eot. In der 52. Kalenderwoche zum Jahresende 2010 sind die Rohölpreise auf über 90 $/b gestiegen, haben damit jedoch die Rekordwerte vom Sommer 2008 (KW 27) - als das Barrel Rohöl rund 142 $ kostete - noch nicht erreicht. Dennoch nähern sich die Preise für Ottokraftstoff an den Tankstellen mit fast 1,50 Euro/1 den Höchstpreisen von 2008. Der MWV Mineralölwirtschaftsverband e. V., Berlin, hat die Situation 2008 und 2010 analysiert und in diesem Zusammenhang folgende Feststellungen getroffen. Rohöl wird weltweit in Dollar pro Barrel gehandelt. Der europäische Wirtschaftsraum dagegen
zahlt in Euro. Entscheidend ist daher der Wechselkurs des Euro zum Dollar. Wirtschaftlich angespannte Zeiten zeichnen sich im übrigen durch starke Währungskursschwankungen aus. Im Sommer 2008 betrug der Euro-Wechselkurs zum Dollar 1,57, im Dezember 2010 dagegen nur noch 1,32 $/Euro. Auch wenn der Ölpreis heute im Vergleich zum Sommer 2008 in Dollar um 36 % zurückgegangen ist, beträgt die Differenz in Euro nur rund 23 %. Die Rohölnotierungen geben den Trend für die Preise für Otto- und Dieselkraftstoff vor, da Rohöl sowohl den Rohstoff als auch die Energie für die Produktion liefert.
Wenn ein Automobilclub - gemeint ist vor allem der ADAC - auf scheinbare Unstimmigkeiten von 2 Cent/1 bis 3 Cent/1 abhebt, dann reicht es aus Sicht des MWV nicht aus, nur den Rohölpreis zu betrachten. Für den Preis an der Tankstelle sind letztendlich die Beschaffungskosten für die Mineralölprodukte entscheidend. Ohne eine Änderung des Rohölpreises können die Kraftstoffpreise um bis zu
10 Cent/1 schwanken. Ursache dafür ist, dass die Ausbeute an Benzin und Diesel aus einer Einheit Rohöl für die Raffinerie aufgrund ihrer technischen Konstellation festgelegt ist und nicht an die Nachfrage angepasst werden kann. Der Preis der Mineralölprodukte wird durch die Nachfrage bestimmt. Ein starker Bedarf von Dieselkraftstoff und ein schwacher an Motorenbenzin können dazu führen, dass Benzin unter den Kosten des Rohöls, aus dem es hergestellt wurde, verkauft werden muss. Ein knappes Angebot des Dieselkraftstoffs kann dagegen deutlich teurer verkauft werden. So führte im Sommer 2008 eine schwache Nachfrage nach Ottokraftstoff dazu, dass die Einkaufskosten für einen Liter sogar um 2 Cent unter dem Rohölpreis von vergleichsweise 57 Cent lagen.
Heute wird Benzin mit fast 47 Cent/1 rund 3 Cent/1 über dem Rohölpreis notiert. Ursache dafür ist die starke Nachfrage nach Rohbenzin für die Petrochemie. Ein Liter Diesel kostete zu Zeiten des Wirtschaftsbooms 2008 aufgrund der hohen Transportnachfrage 69 Cent/1 und war damit um 12 Cent/1 teurer als ein Liter Rohöl. Heute liegen die Beschaffungskosten für Dieselkraftstoff bei abgeschwächter Nachfrage um 6 Cent/1 über der Rohölnotierung. Vor diesem Hintergrund kostete im direkten Vergleich zum Sommer 2008 im Dezember 2010 die Beschaffung von einem Liter Ottokraftstoff 8 Cent/1 und von Dieselkraftstoff rund 20 Cent/1 weniger. Die Einkaufspreise für die Kraftstoffe bilden sich jeweils in eigenständigen Märkten. Dabei spiegeln sich Angebot und Nachfrage für die Mineralölprodukte direkt in der Preisbildung wider. Zusätzlich müssen auch hier - wie im Rohölmarkt - Wechselkursschwankungen berücksichtigt werden. Der schwächere Euro hat zur Folge,
dass sich der Rückgang der dollarnotierten Beschaffungskosten im deutschen Markt weniger stark niederschlagen konnte. Trotzdem sind die Beschaffungskosten für Otto- und Dieselkraftstoff seit Juli 2008 spürbar zurückgegangen.
Der MWV moniert, dass in der vereinfachten Sichtweise der Automobilclubs dieser wichtige Aspekt ausgeblendet wird. Stattdessen wird den Raffinerien ein feststehender Betrag zur Kostendeckung zugestanden. Verlustphasen werden allerdings nicht berücksichtigt, sondern bleiben unkommentiert. Wird die den Unternehmen zugestandene Kostendeckung allerdings überschritten, starten die Automobilclubs - so der MWV - sofort verbale Attacken. Da der Weltmarkt für Mineralölprodukte starken Schwankungen unterliegt, müssen die Mineralölunternehmen - je nach Angebots- und
Nachfragesituation - Verluste akzeptieren, andererseits aber auch Gewinne machen dürfen. Wer dieses marktwirtschaftliche Prinzip negiert, stellt aus der Sicht des MWV am Ende die Grundlage des Wirtschaftssystems in Frage und verliert die Legitimation, die sich im Markt bildenden Preise zu kommentieren. Außerdem verweist der MWV darauf, dass im Vergleich zu 2008 die höheren Anteile von Biokomponenten im Kraftstoff berücksichtigt werden müssen, die teurer sind als traditioneller Otto- und Dieselkraftstoff. Trotzdem kostete im Dezember 2010 die Beschaffung von einem Liter Benzin 8 Cent und von einem Liter Diesel rund 20 Cent weniger als im Sommer 2008. Vergleicht man unter Berücksichtigung dieser öffentlich zugänglichen Daten zur Entwicklung die heutigen Preise an den Tankstellen mit denen im Sommer 2008, lässt sich - so der MWV - eindeutig feststellen, dass es nicht - wie von den Automobilclubs immer wieder behauptet - zu einer ungerechtfertigten Preiserhöhung gekommen ist. An der Tankstelle kostete der Liter Benzin im Dezember 2010 knapp 1,50 Euro und war damit um 8 Cent billiger als Mitte Juli 2008. Noch stärker reduzierte sich in diesem Zeitraum
der Preis für Dieselkraftstoff um 20 Cent/1 auf 131 Cent/1. Für den MWV ist bewiesen, dass die gesunkenen Kosten für die Kraftstoffe unmittelbar in vollem Umfang an die Verbraucher weiter gegeben
wurden.
Nach Abzug der Steuern und Abgaben zählen die Tankstellenpreise in Deutschland nach wie vor zu den niedrigsten in ganz Europa. Im übrigen sorgt der harte Wettbewerb im Kraftstoffmarkt dafür, dass nur die Preisänderungen in den Beschaffungskosten an die Verbraucher weitergegeben werden können. Wird der Einkauf von Kraftstoffen für die Tankstellenbetreiber billiger, weil die Produktnotierungen an den internationalen Börsen nachgeben, dann fallen auch die Endverbraucherpreise an den Tankstellen.
Quelle: +europe +Oil-Telegram+ vom 10.01.2011 Auflage 640