So hier nun der versprochene offizielle Text von Mopedreifen.de
Reifentest 2015
Sportreifen vs. Tourensportreifen
Häufig stellen uns Kunden die Frage, soll ich einen Sportreifen auf mein Sportmotorrad montieren oder doch eher einen Tourensportreifen.
Oft stehen wirtschaftliche Erwägungen hinter diesem Gedanken, oder es ist eine lange Urlaubsfahrt geplant.
Da wir immer alle Reifen selber testen, waren wir eigentlich, bedingt durch die sehr hohe Qualität der aktuellen Tourensportreifen der Meinung, ein Tourensportler tut es grundsätzlich eigentlich auch.
Sicher waren wir jedoch nicht und haben uns daher entschlossen, in 2015 genau dieser Frage auf den Grund zu gehen.
Es war nicht ganz einfach für diesen Test ein passendes Motorrad zu finden.
Reine Supersportler wie eine Fireblade oder ZX10R Kawa haben wir aufgrund der langen Tagesetappen und des fortgeschrittenen Alters der Testfahrer von Anfang an ausgeschlossen.
So blieben eigentlich nur sportliche Naked-Bikes mit hohem Lenker übrig.
Das stellte uns vor ein nicht erwartetes Problem.
Die aktuellen Naked-Bikes von Yamaha und Kawa haben wenige Freigaben von den am Test teilnehmenden Reifenherstellern, oder sind teilweise nur mit Reifen, die eine Sonderkennungen aufweisen, bestückt.
So blieb nur die teuerste Variante übrig, eine vollausgestattete BMW S1000R mit dem semiaktiven Fahrwerk.
Außer dem Michelin Power 3, haben alle Reifenhersteller die ausgesuchten Reifen für das Motorrad freigegeben.
Auch Michelin konnte mit der Entscheidung, den Power 3 ohne Freigabe mitzutesten, leben. (Der Power 3 hat von Michelin auf der S1000R keine Freigabe, weil das Motorrad mit einem sehr leichten Fahrer bei V-Max, je nach gewähltem Fahrwerksmodi, etwas instabil werden kann nicht dramatisch, aber dem Testfahrer von Michelin eben nicht stabil genug)
Aus logistischen und Kostengründen, mussten wir uns auf 8 Reifenkandidaten einigen.
Wir wollten hier auf jeden Fall die Reifen haben, die erst kürzlich vorgestellt wurden oder die Reifen testen, die im Markt derzeit die höchste Nachfrage haben.
Unsere Testkandidaten:
Bridgestone S20 Evo (hohe Nachfrage), T30 Evo (neues Produkt 2015)
Metzeler Sportec M7RR (neues Produkt 2014), Z8 in Kennung M (hohe Nachfrage)
Michelin Power 3 (hohe Nachfrage), Michelin Road 4 (neues Produkt 2014)
Pirelli Rosso 2 (hoher Erstausrüstungsanteil), Angel GT (hohe Nachfrage)
Zweifelsfrei hätte auch auch Conti Sport Attack 2 dabei sein können, er ist jedoch schon lange auf dem Markt und ein Nachfolger steht bereits in den Startlöchern.
Auch ein Dunlop Sportsmart 2 wäre es wert gewesen, im Testfeld vertreten zu
sein, er besitzt aktuell aber noch nicht ganz die Kundennachfrage.
Mit unserer Auswahl decken wir über 80% der in diesem Segment verkauften Reifen ab, von daher bitten wir um Nachsicht der Conti oder Dunlop-Fans.
Die Testfahrer waren schnell gefunden, es waren hauptsächlich Fahrer, die schon bei vergangenen Test immer wieder zum Einsatz kamen und mit der Reifenbranchne nichts zu tun haben.
Ein Hauptkommissar und GS-Treiber, ein Berufssoldat der Luftwaffe und schmerzfreier Supermoto-....., ein Top-Manager der deutschen Wirtschaft und ZX6R Rennstreckenfahrer, ein Freiberufler aus der Filmwirtschaft und Kawa-Liebhaber, ein Ex-Moto 2 GP-Fahrer und unsere Amazone aus der Software-Branche und auch leidenschaftliche BMW-GS 1200 Fahrerin.
Ergänzt wurde das Fahrerfeld diesmal vom Forumbetreiber des S1000R-Forums, was aus unserer Sicht, angesichts der Fahrzeugwahl, Sinn macht.
Es war jedoch nicht ganz einfach, die Tester von der BMW S1000R zu überzeugen.
Zu klein, zu hart, so viel Power, mein Führerschein usw. waren die Vorbehalte.
Um es vorweg zu nehmen...zwei eingefleischte BMW GS Treiber haben sich nach dem Test spontan zum Kauf der neuen S1000XR entschieden, die Kaufverträge sind bereits in München, Auslieferung Anfang August.
(da wildert BMW wohl mit der XR eher im eigenen Lager als bei Ducati??!!)
Unsere Tests finden ja immer auf der Straße und der Rennstrecke statt.
Auf der Rennstrecke fahren wir gefahrlos das Potential der Reifen im Grenzbereich aus, es geht aber nicht um maximale Rundenzeit, sondern das Grenzverhalten zu ermitteln.
Auch in diesem Test war es nicht anders, jedoch fuhr unser Tester Arne Tode (Ex Moto-2 GP Fahrer) diesmal alle Reifen auf der Rennstrecke blind.
Nein, wir haben ihm nicht die Augen verbunden!
Die Reifen wurden vor jedem Turn auf der Rennstrecke abgedeckt.
Arne wurde ans Motorrad geführt und fuhr ohne Wissen welchen Reifen er gerade fährt, seinen Test. Danach wurden die Reifen wieder verdeckt und Arne füllte sofort den Testbogen aus.
Da der Test nur dazu diente den Grenzbereich der einzelnen Reifen zu erfahren, wurden die Reifen mit dem Standardluftdruck von 2,5 bar vo und 2,9 bar hi über den gesamten Test und auch am Hockenheimring gefahren.
Es war nicht Arnes Aufgabe, die Bestzeit zu fahren, er sollte die Reifen nur im Grenzbereich bewegen um das Fahrverhalten zu bewerten.
Der ein oder andere Racer, der auch zeitgleich am HH-Ring aufzündete, hat sich also zu früh gefreut den „Tode“ vernascht zu haben.
Es ist uns durchaus bewusst, dass Tourensportreifen auf der Rennstrecke nichts zu suchen haben und das Temperaturfenster dieser Reifen dafür gar nicht gemacht ist.
Aber das hat Arne schon im Griff und er ist zweifelsohne erfahren genug, um zwischen Überlastung durch Hitze und normalem, im Straßengebrauch auftretenden Grenzbereich zu unterscheiden.
Auf der Straße wechselten wir alle 80-100 km untereinander, nach einer vorgegebenen Reihenfolge, die Motorräder und alle Fahrer füllten einen Testbogen aus.
Dieser bestand aus 15 Einzelkriterien und einer Gesamtbewertung, wie wohl sich der Fahrer auf dem Reifen gefühlt hat.
Der Test fand vom 28.04.-08.05.2015 im Großraum Odenwald / Baden und auf dem Hockenheimring statt. Unser Basislager war im Odenwald und die Krähbergstrecke wurde zu unserer Hausstrecke, weil wir morgens und abends dort entlang mussten.
An dieser Stelle eine kleine Krähberg-Anmerkungen:
Lieber Gixxer Fahrer mit HD-Kennzeichen und Knieschleifern...ja es war ein Mädel das vollstreckt hat, es stand wirklich Dagmar und nicht Dietmar auf der Kombi.
Wetterbedingt und durch ein kleines Problem, welches aber durch einen bemerkenswertes Engagement von BMW München gelöst werden konnte, erreichten wir vor dem Test in Hockenheim nur 2300, statt der geplanten 3000 km Fahrstrecke auf den öffentlichen Straßen.
Da wir hauptsächlich die Fahreigenschaften der Reifen testen wollten, haben wir auf Autobahn-Bolzerei und km Fressen weitgehend verzichtet und uns auf die Eigenschaften der Reifen im Landstraßengebrauch konzentriert.
Von daher können wir keine sauber reproduzierbare Verschleissauswertung liefern, sondern nur einen Trend.
Wir haben von jedem Reifen vor und nach dem Test, auf Höhe des Ventils einen Negativabdruck genommen und werten diesen mit einem Laser aus.
Testergebnisse
Vorweg möchten wir sagen, dass wir unsere Meinung, ein Tourensportreifen könne ohne weitere Einschränkungen auf einem Superbike oder sportlichen Naked-Bike gefahren werden kann, etwas revidieren müssen.
Erst der direkte Vergleich eines Sport- und Tourensportreifens haben uns gezeigt, dass doch spürbare Unterschiede vorhanden sind, die wir in der Vergangenheit, beim Einzeltest nicht so ausgeprägt gespürt haben.
Diese Unterschiede sind eigentlich auch technisch nachvollziehbar und wir möchten diese hier kurz erläutern:
Superbikes und deren direkte Naked-Ableger verfügen über ultrastabile Rahmen, sehr stabil ausgeführte Lenkkopflager, knackige Federwege und megastarke Bremsanlagen. Sie wiegen meist nur um die 200 kg und es ist eben alles auf Racing ausgelegt.
Tourensportmotorräder sind dagegen eher auf den Alltagsgebrauch konzipiert und unterscheiden sich in den oben genannten Bereichen deutlich von einem Superbike.
Dem müssen auch die Reifenbauer Rechnung tragen und so unterscheiden sich die Baukonzepte von Tourensport- und Sportreifen doch stark.
Dies ist bei jedem Reifenhersteller anders gelöst.
Es lässt sich jetzt nicht sagen die Reifen unterscheiden sich grundsätzlich hier und da. Das Gesamtgefüge des Reifens, wie Lauffläche, Untergummi, Kernreiter, Karkasslagen und Radien sind einfach anders.