Ist wirklich lustig, wie viele verschiedene Meinungen es zu diesem Thema gibt.
Hier mal meine persönliche:
Ich meine mich erinnern zu können, dass man aktuell in so ziemlich allen Fahrschulen, Fachzeitschriften für Kraftfahrzeuge und sogar per Gesetz "verklickert" bekommt, dass man sein Fahrzeug direkt nach dem Start zu bewegen hat. Sprich: Warmlaufenlassen im Stand ist sogar untersagt! Natürlich dient diese strikte Regelung sicherlich vorwiegend dem Schutz der Natur und den Mitmenschen.
Wenn ich jedoch mit gesundem Menschenverstand und etwas physikalischen Grundkenntnissen überlege, dass ein Motoröl zum Erreichen seiner bestmöglichen Schmiereigenschaft eine bestimmte Betriebstemperatur benötigt und der Ölkreislauf im gesamten Motor ununterbrochen gewährleistet sein muss, dann kann ich schnell schlussfolgern, das ein Öl ohne diese Betriebstemperatur also seinen Dienst nicht - oder maximal unzureichend - erfüllen kann.
Somit ist es doch auch logisch, dass man schnellstmöglich nach dem Starten eines Motors dafür Sorge tragen sollte, dass das Öl in den optimalen Temperaturbereich und in alle Bereiche des Motors gelangt. Dies wird sicherlich niemals so schnell im Leerlaufdrehzahlbereich (also im Stand) erfolgen wie bei niedrigen bis mittleren Drehzahlen (also unter Normallast). Bin zwar nicht vom Fach, kann mir jedoch auch vorstellen, dass die Leistung der Ölpumpe ebenfalls drehzahlabhängig ist und somit auch der notwendige - ununterbrochene - Ölkreislauf bei Kaltstart und dauerhafter Leerlaufdrehzahl weniger gegeben ist als bei mittleren Drehzahlen.
Ich schätze einfach mal, dass das Thema Ölkühlung beim Warmlaufenlassen weniger das Problem für Lager und sonstige Motorteile sein dürfte. Meiner Meinung nach dürfte das Thema konstanter Öldruck und konstanter Schmierfilm durch zu niedrigen Öldruck und zu niedrige Öltemperatur (also Viskosität) hier eher die Hauptrolle spielen. Ab einer gewissen Zeit des Laufenlassens im Stand bekommt dann sicherlich die Ölkühlung mehr und mehr Gewicht für den Schmierfilm.
Damit dürfte auch das Thema Laufenlassen im Stop an Go Verkehr erklärbar sein.
Wenn ich mit betriebstemperiertem Motor in einen Stau gerate, dann hat mein Motoröl bereits die optimale Viskosität. Vorausgesetzt, ich fahre auch die korrekte Öl-Norm und -menge für die vorherrschende Klimazone/diesen Motor.
Ein solches Öl dürfte auch im Stand durch die Kühlrippen und die Oberflächen des Ölkühlers (zumindest eine ausreichende Zeit lang) hinreichend gekühlt werden. Einziger Unterschied gegenüber der Kühlung bei der Fahrt ist ja der schnellere Abtransport der Warmluft. Wenn nun jemand mit seinem Boxer bei 39 Grad bei stop an go Probleme bekommt und ein anderer nicht, dann ist das also nicht nur von der Ölsorte abhängig, sondern sicherlich auch von örtlichen Gegebenheiten (stehe ich in einer Häuserschlucht und um mich herum zig Autos oder auf freiem Feld auf einer Landstraße/Autobahn?) sowie vom generellen Zustand des Motorrades (Bordspannung , Leerlaufdrehzahl, Verschmutzungsgrad (Kühlrippen und Ölkühler) abhängig.
Wie dem auch sei. Ich käme sicherlich nie auf die Idee, irgend eines meiner Fahrzeuge regelmäßig nach einem Kaltstart im Stand warmlaufen zu lassen. Alle, die keine möglichen (Langzeit-)Schäden absehen können/wollen, können dies ja gern weiterhin tun. Allerdings sollte man dann nicht auch noch auf die Idee kommen, einen Schuldigen für den möglichen kapitalen Motorschaden woanders als bei sich selbst zu suchen.
Gruß
Tobias