Hallo Peter,
nach dem ersten Lesen des Links und einiger Antworten hier, war ich genauso entrüstet wie die meisten hier. Da wird man als Opfer zum Täter gemacht und dann muss man auch noch zahlen.
Mich hat das aber nicht mehr los gelassen, und je länger ich darüber nachdachte umso differenzierter sah ich den Vorgang. Zum einen ist die Schmerzensgeld-Sache ein eigenständiger Fall, und da ein rechtsgültiges Urteil vorliegt folgerichtig. Ist zwar blöd, ist aber so.
In der Opfer/Täter Geschichte muss man einfach mal die Emotionen rausnehmen, das ist in dem Fall sicher schwer aber einen Versuch wert.
Dass es diese Umkehrung vom Opfer zum Täter gibt ist sicher grundsätzlich richtig, da braucht es nicht viel Phantasie um eine Anzahl an Fallbeispielen zu konstruieren.
Der Artikel ist sehr Emotionen erzeugend gehalten. Hier das intelligente brave Opfer, da der tumbe agressive Täter (glücklicherweise noch dazu Ausländer und Serbe dazu). Der Schriftstil ist kein guter und dient nicht der Information sondern der Meinungsmache.
Entlaubt man dieses Gestrüpp sieht man
ein 29 Jahre altes 185 cm grosses und 95 kg schweres Opfer mit 1.8 Promille
einem 17 Jahre alten 175 cm grossen und 75 kg wiegendem sturztrunkenem Täter gegenüber.
Der Täter hatte bereits vorher eine Prügelei und schlägt bei der Begegnung der Gruppen einen Freund des Opfers mit einem Faustschlag zu Boden.
Der Täter will nach einem Wortwechsel auch auf das Opfer einprügeln.
Das Opfer hat ein Neck-Knife an einem Band um den Hals
dann plötzlich in der Hand
und dann sticht er ohne Vorwarnung zu.
Das Opfer war 12 Jahre älter, 10 cm grösser 20 kg schwerer und ungefähr genauso besoffen wie der Angreifer, aber bewaffnet.
Putativnotwehr wurde das in den wilden Nach-68er-Zeiten genannt, auf die sich die Polizei bei fragwürdigen Einsätzen seinezeit berief
Aus Wikipedia
Putativnotwehr (von lat. putare, „glauben", „meinen") ist ein Begriff aus dem Strafrecht genauer der allgemeinen Strafrechtslehre. Wie der Begriff sagt, liegt hier gerade keine Notwehr vor. Der Täter geht lediglich irrig davon aus, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der Notwehr bei dem vermeintlichen Angriff gegeben seien. Irrt der Täter dazu noch über die rechtlichen Grenzen der Notwehr, so spricht man vom Putativnotwehrexzess
Wägt man die reinen Fakten ab, kann man nicht davon ausgehen, dass das was das Opfer praktizierte reine Notwehr war. Sicher war da Angst im Spiel, aber auch das Kalkül, mit seiner Messerattacke dem Angreifer weit zuvorzukommen.
Der Einsatz seines Messers mit der Zielrichtung Hals ist IMHO überzogen und unangebracht.
Das ist aber dann auch genau der Punkt, an dem das Opfer zum Täter wird, was seitens des BGH so auch gewürdigt und bestätigt wurde da der Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidung lediglich hinsichtlich und bezogen auf die Strafhöhe aufhob.
"Der 1. Senat des BGH stimmte (zwar) zu, dass G. sein Notwehrrecht mit dem Messerstich in den Hals eindeutig überschritten hat und zu Recht wegen versuchten Totschlags verurteilt worden ist. "
Der Opfer/Täter hatte sich entschuldigt und dem Opfer 12.500 Euro als Wiedergutmachung gezahlt, somit also auch seine Schuld anerkannt. Dieses Schuldeingeständnis dient dann auch als Grundlage für die Schmerzensgeldklage, was sicher folgerichtig und angebracht ist.
Somit kann man meines Erachtens lediglich über die Höhe der Strafe und die Höhe des Schmerzensgeldes streiten und das ist für Rechtsanwälte ein reichgedeckter Tisch der nicht gross genug sein kann.