Die einzige "Lebensversicherung" ist, sich nicht drauf zu verlassen, daß man gesehen wird. Egal ob in Tagesleuchtfarbe "gelb-grün", o. in der freundlichen Tagesleuchtfarbe "schwarz" (mit nicht reflektierenden schwarzen Reflexstreifen) gewandet.
Alles andere ist nur der klägliche Versuch einer "Lebensversicherung".
Das ist so eine Geisteshaltung, die man oft bei Motorradfahrern antrifft, die technische Neuerungen rundheraus ablehnen. Jede einzelne Neuerung wird für sich allein, isoliert betrachtet, außerdem wird dem - natürlich als unwissend und minderkompetent dargestellten - Nutzer unterstellt, er würde sich auf diese einzelne Neuerung völlig verlassen, darüber andere Hilfsmittel, altbewährte Methoden und Vorsichtsmaßnahmen komplett außer Acht lassen.
Ehrlich, das ist ziemlicher Quark.
Ein Beispiel: Wer von euch hat alles einen Rückenprotektor? Scheint doch eigentlich ein ganz sinnvolles Teil zu sein, oder? Wenn man mit dem Rücken auf was Hartes fällt, verhindert er Wirbelsäulenverletzungen - und wer will schon querschnittsgelähmt sein? Das Problem mit den Dingern ist, dass ich neulich von einer Statistik hörte, wonach nur vier Prozent aller Motorradstürze sich so gestalten, dass der RüPro überhaupt eine Wirkung entfalten kann. Das bedeutet: Wenn du dich zwanzigmal auf die Fresse gelegt hast, war rein statistisch nur einmal ein Fall dabei, wo du so gefallen bist, dass der RüPro überhaupt was ausrichten könnte. Entspricht bislang meiner Erfahrung: Dreimal bin ich vom Bock gefallen, dreimal auf den Bauch und nie auf den Rücken. Dennoch haben wir alle RüPro-Matten in unseren Jacken, und viele haben sogar noch separate Schildkröten an, denn man weiß ja nie... Ich bin noch nie von jemandem wegen meines RüPros als P.ussy angesehen worden.
Der Spruch "Fahre stets so, als wärest du unsichtbar" ist zwar cool, aber realitätsfern. Würde man tatsächlich so fahren, müsste man an jeder Vorfahrtsstraße den Querverkehr durchlassen, denn der sieht einen ja nicht. Realitätsnäher wäre eher die Betrachtung "Sei stets drauf gefasst, dass dich ein anderer, der dich eigentlich sehen müsste, dennoch nicht sieht." Die sollte man auch beibehalten, wenn man irgendwelches Reflexzeugs am Leib trägt. Es führt sicherlich nicht dazu, dass man nie wieder übersehen wird. Aber vielleicht führt es dazu, dass man in der einen, entscheidenden Situation nicht übersehen wird. Genauso wie ein RüPro vielleicht etwas hilft, wenn man den einen von zwanzig Unfällen hat, bei dem man mit dem Rücken irgendwo gegenknallt. Und vielleicht hat man diesen Unfall dann auch gar nicht, weil man zuvor nicht abgeschossen wurde, weil einen einer gesehen hat, der einen in Flecktarn nicht gesehen hätte.
In meinen Augen geht es bei den ganzen Geschichten nicht um die eine allein selig machende "Lebensversicherung", sondern um den Versuch, eine potenziell gefährliche Sache etwas ungefährlicher zu machen. Und dabei muss wohl jeder selbst wissen, wie weit er dabei gehen möchte.
Sampleman