sampleman
Neulich hat SpOn-Kolumnist Jan Fleischhauer in einer Kolumne mal die Frage aufgeworfen, warum die deutsche Frauenbewegung so mit Alice Schwarzer hadert - und es gleichzeitig nicht schafft, eine überzeugende Nachfolgeregelung für diese umstrittene Frau zu schaffen. Ein Erklärungsversuch war Fleischhauers Beobachtung, die Aktivistinnen würden sich selbst fertig machen, anstatt gemeinsam zu schlagen. Da wurde zum Beispiel die junge, sozial gefestigte, deutsche Initiatorin der #aufschrei-Kampagne gegen Alltags-Sexismus von anderen Feministinnen gedisst, weil sie in Talkshows zu sehen war, schließlich seien ihre Probleme ja nix gegen die Diskriminierung, die ausländische und sozial benachteiligte Frauen erleiden müssten. Vulgo: Solange die Probleme der äthiopischen Putze ohne Papiere nicht gelöst sind, soll sich die Schickeria-Ziege mal nicht so haben. Tja, Feministinnen, die solche Freunde haben, brauchen keine Feinde mehr.Wir mögen nicht Tolerant sein. Aber wir erschiessen niemanden, nur weil er wie 'n Pausenclown rumrennt. . .
Einen ähnlichen Mechanismus sehe ich beim Motorradfahrern. Wenn mich 99 Wuthockerbesitzer als "alt, fett und ahnungslos" verunglimpft haben, nur weil ich eine GS fahre, dann werde ich nicht mitfahren, wenn mich der 100. Wuthocker-Treiber einlädt auf eine Protestfahrt gegen die anstehende Sperrung einer Strecke für Motorräder. Ehrlich, ich habe noch nie so einen unsolidarischen Haufen gesehen, wie die Motorradfahrer. Wegen jedem Kleinshyce machen sie sich gegenseitig zur Minna - und obwohl es heute dazugehört, nichts gegen Schwule zu haben, fragt man sich schon, was Leute reitet, andere Motorradfahrer als schwul zu bezeichnen, nur weil man ihr Mopped oder ihr Outfit nicht schätzt. Man hört in Diskussionen mit mittelalterlichen Motorradfahrern immer wieder historisch verklärte Geschichen von früher, als sie jung und wild waren. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber ich habe in meiner Jugend allerhand Mist gebaut, den ich heute anders machen würde, vor allem, wenn ich 35 Jahre älter bin.
Ich weiß, vieles von dem, was Motorradfahrer über andere Motorradfahrer sagen, meinen sie nicht so ernst. Oft würden sie vermutlich das, was sie im Netz schreiben, noch nicht einmal wiederholen, träfen sie den Angesprochenen von Angesicht zu Angesicht.
Dennoch weiß ich nicht, ob die Motorradszene wirklich so viel ärmer wäre, wenn wir nicht dauernd so übereinander herfallen würden.