Downunder mit WWBTT........Teil 3
...Im Zelt war es dann irgendwann hell und es hing ein eigenartiger Geruch unter der kleinen Kuppel. Nachdem ich mich durch die Reißverschlüsse gekämpft hatte, fand ich mich auf einem riesigen leeren Platz wieder. Die Reihe der Kuppelzelte und die überdachte Betonplatte erkannte ich sofort wieder. Die erschreckend fremdartige Vegetation und die ungewohnt warme und feuchte Luft raubten mir kurzfristig die Orientierung.
Langsam kehrte die gewohnte Wahrnehmung zurück. Ich erinnerte ich mich plötzlich auch wieder an einige meiner Beweggründe ausgerechnet hierhin zu fliegen.
Mitten im deutschen Winter ist hier unten Hochsommer. Hier unten ... auf der Südhalbkugel, weit mehr als 10.000 km entfernt von Stress und Alltag.
Alternativ wäre noch Alaska infrage gekommen, allerdings erst in ein paar Monaten. Und solange hätte ich es nicht mehr ausgehalten, in dieser heimatlichen Tretmühle.
Alaska und Australien, das waren die beiden exotischen Hauptreiseziele dieses kleinen Veranstalters "WWBTT". Den hatte ich in irgendeiner Motorradzeitung unter der Rubrik "Motorradreisen" entdeckt und sofort kontaktiert. Der telefonische Kontakt war sehr ansprechend, und die daraufhin angeforderten Broschüren erregten sofort mein Interesse.
Heutzutage hätte ich wahrscheinlich zunächst eine umfassende Internetrecherche gestartet, das aber war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht angesagt.
Der Masterplan war simpel. Mit einer Gruppe Gleichgesinnter auf einer XT 600 den „Stuart-Highway“ von Nord nach Süd abfahren. Durch 3 Klimazonen und mitten durch das sogenannte ’’Outback“. Mit allen geplanten Abstechern ungefähr 4.500 km, in etwas mehr als 2 Wochen. Das war grob der Plan.
Die meisten der kontinentalen Sehenswürdigkeiten lagen an dieser Strecke. Oder wenigstens in der Nähe ... nach australischen Maßstäben jedenfalls.
Mal abgesehen von diesem "Great-Barrier-Riff“ und der Goldküste im Osten. Aber ich bin sowieso nicht so unbedingt der Wassertyp. Eine gute Voraussetzung für einen ordentlichen Outbacker, wie sich noch erweisen sollte.
Wie so oft; allerdings nur im Urlaub, war ich mal wieder sehr früh wach.
Aber trotz der frühen Stunde bemerkte ich einige meiner neuen Freunde an einem etwas abseits gelegenen kleineren Gebäude. Allem Anschein nach der örtliche Waschsalon. Obwohl ziemlich heruntergekommen ... eine echter Luxus. Dies realisierte ich allerdings erst in den folgenden Wochen.
Halbwegs frisch, erstaunlicherweise auch ziemlich ausgeschlafen, eilte ich dann zum Buschfrühstück auf der Betonplatte.
Es gab an diesem, wie auch bei allen danach folgenden morgendlichen Feinschmeckergelagen ... wabbeliges weißes Toastbrot, Käse, Konfitüre, H-Milch und Kaffee. Und das hätte ich fast vergessen ... diese australische Spezialität, deren Namen mir leider entfallen ist. Eine Art Maggi-Creme. Unglaublich ... das dieses Zeug zum menschlichen Verzehr zugelassen ist.
"Mehr braucht kein Mensch!" Das war der erste der geflügelten Sprüche unseres Reiseführers Knut. Viele andere sollten noch folgen.
Knut sprach nie viel, aber wenn, dann meist leise und deutlich. Knut war auch kein Aufschneider, er neigte keinesfalls zu Übertreibungen, ganz im Gegenteil.
All dies wurde mir dann in den nächsten Tagen schnell klar.
Anke und Wolfgang hatte ich bereits kennengelernt. Martin war der edle Bierspender vom Vorabend. Ein Student aus dem schönen Bayern und mittlerweile schon drei Monate hier unten. Er war so etwas wie das Mädchen für alles und die linke Hand von Knut. Dessen rechte Hand würde später noch hinzukommen, erfuhr ich nebenbei. Martin jedenfalls war ein lockerer Typ und sprach ein völlig dialektfreies Hochdeutsch. Was man von den beiden Schweizern nicht gerade behaupten konnte. Dieses Brüderpaar war überhaupt ziemlich schweigsam, wirkte aber trotzdem auf Anhieb sympathisch.
Wie die meisten dieser Abenteuer-Schweizer, die ich bisher so im Ausland immer und fast überall angetroffen habe.
Anke erwies sich als ökologisch auf dem neuesten Stand und hatte zudem früher auch mal Sozialpädagogik studiert. Wolfgang hingegen; der im Übrigen mit Anke nichts zu tun hatte, kam aus einem der damals noch ziemlich neuen Bundesländer. Er war etwa 10 Jahre älter als Anke, die exakt aus demselben Baujahr stammte wie ich.
Noch anwesend war Hans-Jürgen aus Hamburg. Ein Typ, der sofort mein Nervenkostüm strapazierte. Er wollte von jedem wissen, welche Motorradmarke derjenige denn bevorzugen würde. Er selbst hatte wohl mit irgendeiner europäischen Herstellerfirma irgendwelche Probleme, welche scheinbar sein ganzes Denken bestimmten. Das Einzige, was ihn sonst noch beschäftigte war ... fotografieren. Er schleppte stets und ständig eine monströse Kameratasche mit sich herum, um ständig alles und jeden abzulichten. Hoffentlich hat er auch genügend Tabletten dabei, war mein erster Gedanke.
Eine Gruppe von 6 Leuten fehlte noch und würde wohl erst am Abend zurückkommen. Die waren wohl schon seit zwei Tagen hier und sind mit einem Leihwagen auf Touristentour, klärte uns Martin auf.
Unser Tagesprogramm sah einen Ausflug in den Kakadu-Nationalpark vor.
Natürlich fuhren wir selbst, nach einer kleinen Einweisung in die recht übersichtliche Technik unserer bereits gut eingefahrenen Yamahas vom Typ ’’XT 600“, die legendäre" Undestroyable". Selbst unter australischen Extrembedingungen hatte sich dieses Modell angeblich als nahezu unzerstörbar erwiesen. Ganz im Gegensatz zu vielen seiner Benutzer, wie uns Knut nebenbei mitteilte.
Und überhaupt ... der Knut. Er gab uns nach dem Frühstück erst einmal eine kleine Einweisung in die Gefahrenwelt unserer neuen Umgebung.
" Da wären zunächst einmal die Krokodile. Es gibt zwei Arten hier oben. Die Süßwasserkrokodile sind harmlos. Die Salties hingegen nicht. Die Viecher können bis zu 10 m lang werden. Die meisten allerdings erreichen so 6-7 m im ausgewachsenen Zustand. Die kommen an Flüssen und anderen Wasserflächen vor. Man sollte immer einen Abstand von etwa drei Körperlängen, also ca.20 m, zum Wasser einhalten. Für diese Strecke braucht ein Saltie etwa zwei Sekunden. Die kommen nur aus dem Wasser, wenn sie sicher sind, ihre Beute auch zu erwischen. Ich kenne niemanden der es geschafft hat diesen Vorgang unmittelbar zu beobachten. Jedenfalls niemanden der davon noch berichten konnte. Es ist allerdings schon beobachtet worden, dass Salties ausgewachsene Wasserbüffel geschnappt haben. Also wenn irgendwo ein Schild steht " Beware of Crocodiles" oder so ähnlich, haltet euch daran. Die Aussies hier stellen selten Schilder auf ... aber wenn ... dann immer mit gutem Grund."
Sehr aufmerksam hatte ich seinen Worten gelauscht. Derart aufmerksam hatte ich zuletzt dem Absetzer im Flugzeug zugehört, als er vor meinem ersten Fallschirmsprung erklärte, wie man die Aufziehleine sicher einhakt, um das Öffnen des Schirmes zu gewährleisten. Ähnlich aufmerksam folgte ich auch Knuts Erklärungen über giftige Spinnen, Schlangen und anderes Getier, welches sich hier heimisch fühlte. Immer die Socken über die Stiefel ziehen, nachdem man sie ausgezogen hat. Auch wenn sie im Zelt stehen. Spinnen und Skorpione mögen nämlich dunkle, kühle und trockene Verstecke. Auf die Überraschung, wenn man dann ein halbpfündiges Spinnentier platt quetscht, wollte ich verzichten. Die Anderen dachten ebenso, das konnte ich jedenfalls ihrem Gesichtsausdruck entnehmen.
Schweigsam und sehr vorsichtig zog ich anschließend meine guten alten Springerstiefel an, um gemeinsam mit der kleinen Truppe auf der ’’XT“ dem Landcruiser in Richtung ’’Kakadu-Nationalpark“ zu folgen...
Fortsetzung folgt