Ajaa, die fällt mir noch ein, ist aber eine
"Doof, dass ich nicht vorher gesch(r)au(b)t habe-Aktion":
Früher fuhr man Bus. Egal welchen, VW, Hanomag, Ford Transit, Merc D230 Ölverrußer, meine Fresse, hat das alles gequalmt damals,
da würde VW heute drüber lachen!!!
Hauptsache Platz für alle/s. Alles mööchliche, zB. auf dem Weg nach Brokdorf oder Gorsleben gegen die scheiß Atomkraft möglichst viele Gleisbett-Blockierer, Grabenschaufler, oder Eine-Wand-gegen-Wasserwerfer bildende Che Guevara-Hünen mitnehmen.
4:45h: Scheiße, soo früh aufstehen, um 10h soll die Demo in Brokdorf los gehn. Alle sind da, außer Marianne.
Wieder mal verpennt! Ohne sie geht nix. Marianne hat aber zuhause statt bei mir gepennt - Vater hat's verboten- und is nich da. Wir alle am Einsteigen, ab zu Marianne. Klingeln (morgens um 5h). Hund Anka macht den blanken Terror, dafür is sie (also ne Frau!!) ja auch angeschafft worden. Vater Otto, der mich als ideologisch-revolutionäre Speerspitze der RAF in seinem Großhirn verankert hat, kommt an die Tür. „Wollt ihr schon wieder jemanden erschießen???" In Oberursel war wenige Tage vorher der Dresdner Bank-Chef Jürgen Ponto von der RAF erschossen worden. “Nee, wir fahrn jetzt nach Brokdorf, damit in Deutschland die Lichter ausgehen!“ ...den Anhang “du Arsch“ habe ich dann in meinen revolutionären Karl-Marx-Bart gebrabbelt, allzusehr wollt ich es mir dem Vadder meiner Süßen nu auch nicht verscherzen.
Durch seinen nur merklich größer ausfallende Adolf-Rotzbremse (iiiih!!!) konnte ich den Arsch eh noch nie leiden...Markisenvertreter... ("issen guter Beruf...solltest auch mal was für --> AAAACHTUNG: UNSER
VOLK!!! leisten, anstatt Kommunismus zu studieren!") Der würde heute mit Sicherheit AfD wählen, A.r.s.c.h.l.ö.c.h.e.r für Deutschland! Vor allem Arsch, weil er meiner süßen Marianne dauernd eintrichtern wollte, dass sie anständig um 9h abends zu Hause zu sein hatte. Fensterln ging nicht: Hund! Also immer mit der älteren Schwester verabredet, die (eh mit K. dauernd in der Kiste... ich weiß nicht, ob C. [ der Name ist der Redaktion bekannt] je in einer anderen Körperhaltung vorzufinden war?!) zuhause anrief: „Papi, du, die Nanni kommt heute zu mir, gell!“ Bahn frei.
5.12h Der gelbe Transit -natürlich von der Post gekauft!!- voll mit 9 Leuten, etwas Platz hatte ich noch eingeplant, wenn es denn kurz vor die revolutionäre Sperrzone ging, da wollen ja immer noch'n paar mit, bevor es zur Sache geht (kenne ich ja noch von der Starbahn-Demo)! Aber Frauen müssen ja erst immer noch Pippi machen oder sowas, ging's also erst um halb sechs los... das hol 'ich schon wieder raus auf knapp 600km!!! Ihr ahnt schon, ne?!
Die ganze anti-amerikanische und Ho-chi-min singende Rasselbande hinten voll am poofen. Alles liegt wie in ner Sardinenbüchse auf dem Boden vom knallgelben Transit, aber nicht auf blankem Blech! Neeeeiiin, der Henry hat seine Raumgleiter immer schön mit Matratzen vom Sperrmüll ausgelegt ("...die sind doch noch guuuut, komm, die nehmenwer mit")! Im Rückspiegel ein wirklich schönes Bild, sooo viele friedliche Menschen vereint. Da wird einem richtig warm um's Herz, echt!!! Ich hab mal (schön leise, um meine Bruder- und Schwesternschar nicht zu stören), n bisschen Pink Floyd "Ummagumma"und "Shine on your crazy diamond“ laufen lassen)! Richtig, mit dem altbewährten Kassettenrekorder (damals hat man das noch ordentlich mit "K" geschrieben) aus dem R4, den ihr alle schon kennt ! Mein Gott, hier beim Schreiben: Nostalgie wie noch nie... schnieeef…
40 Jahre is das nu her... und heute summt man im Supermarkt bei "Yesteray" gut gelaunt mit... was für ein Niedergang...
Meine Mutter hat vor solchen Aktionen immer noch beim Rausgehen gesacht: “Ja, und pass auf, Jung, dass die euch nix machen.“ „Nee, Mamma, da passiert doch nix!“
Und dann hat sie das ganze Gemetzel abends mit Wilhelm Wieben in der Tagesschau gesehen: „Nu guck dir die Langhaarigen an, die gehören doch alle eingesperrt!“ „Eingesperrt? An die Wand ... an die Wand gehör‘n die!“, erklärte der Herr Gevatter, während ich&Co. nachts auf dem Weg zurück aus Brokdorf sind. Leider hatte es Marianne vom Wasserwerfer voll im Gesicht erwischt, sie wurde mehrere Meter von uns weggepustet, rote Augen und zT irgendwelche „Spuren“ haben wir alle wikingertechnisch mit nach Hause gebracht. Wer ne richtige Platzwunde in der Fresse hatte, war natürlich der Nahkampf-Held und schon mal befähigt, sich persönlich mit Fidel Castro zu treffen!!! Man muss sich das alles so ungefähr vorstellen wie in den beiden Filmen "Neue Vahr Süd" oder "Herr Lehmann", ersatzweise "Fleisch ist mein Gemüse" vom Herbert Strunk...
Strategisch geplant wurde – wie auch die Demos gegen die Startbahn West- im 1.Stock der legendären Kneipe in Orschel (Oberursel), dem Treffpunkt aller Bagger-Zündler gegen die Ortsumgehung mitten durch den Wald, Barrikadenbauer im Kettenhofweg-Wrestler: Im “Hirsch“. Dort hatte sich alles versammelt, was in der Protestszene Rang+Namen hatte (Narben oder noch nicht verheilte Wunden mussten aber am Einlass nicht vorgezeigt werden, aber den Schlüssel nach oben hatten echt nur zwei Leute)! Ich weiß bis heute nicht, wie ich in je den stattlichen Schuldienst gekommen bin….
Aber zurück aus Brokdorf fand unser umstürzlerisches Treiben dann ein öliges Ende, bzw., ich lernte kennen, was weiß-blauer Auspuffdampf bedeutet. Motorschaden. Die verfi…te Ölkontrolllampe (das schrieb man damals vor der 16. Rechtschreibreform noch anständig mit zwei „l“… wie sieht das denn heute aus…. als ob einer mit Morbus Parkinson auf der Tastatur rumfingert)!!!! Kurz vor Frankfurt is die Karre verreckt, Gottseidank passierte das kurz vor der Raststätte „Wetterau“. Karre abgestellt, dann is‘ Eine/r zum -AAAACHTUNG:
TELEFONHÄUSCHEN DER POST!!! gelatscht und hat jemand angerufen, der jemand angerufen hat, der jemand kennt, der‘n Auto hat, um uns abzuholen.
Hoch---lebe---die---inter-natio-nale---So-li-da-ri-tät!!
Echt??
NEIN!!!! Mein sozial(istisch) gepflegtes Weltbild, die großen Träumeraugen einer solidarischen Protestgemeinschaft, sowie ein geradezu religiös-verbrämtes Weltbild der völkerverbindenden Internationale bekam heftige Risse und fiel alsbald wie ein Kartenhaus zusammen, als ich darum bettelte, ob mir jemand aus der revolutionären Schar ein paar Pesos für die teure Autoreparatur zuschießen wollte. Man stellt sich hier jetzt am besten so 9 Leute vor, die in den Himmel pfeifen…
„Ja, also Henry, das is ja jetz nich unser Auto…!“ Aschenlöscher!!!! Die sind - im Ernst!-keinen km mehr in meinem Auto mitgefahren!!! Der spätere Ober-Grüne im Oberurselseler Stadtparlament meinte noch,
ich wäre ja jetzt voll der Spießer... er geht heute grauhaarig mit einem kleinen Pissköter durch die Stadt und lebt immer noch in seiner lächelnd-grün-heilen-Gutmenschen-Welt... mein Gott!!! Schicksale gibt es ...
Das mit dem Öllämpchen war aber leider erst der professionelle Paukenschlag am Ende wochenlanger Hof-Fummeleien, nachdem ich aus Bayern für 450 Mark einen Ersatzmotor geholt, mit Freunden eingebaut habe und die Karre auch wieder für die nächsten staatsfeindlichen Umtriebe fit gemacht wurde (der Typ in Bayern war echt klasse und gab mir noch einen Auspuff und Winterreifen umsonst mit dazu… sowas gab’s damals noch: “Eijooo, ihr junge Leit‘ hoabt’s jo nix im Säckl, göll, hahaha“!!!
Die letzten Arbeiten hat uns der Autoelektriker gemacht, und die blöde S…
hielt mir fett grinsend ein 2Mark50 billiges Öl-Kontroll-Lämpchen unter die Nase und sagte: “Hättest du dir alles ersparen können!“ Mir ist nicht bekannt, wie alt dieser Mann wurde!?!?!?!?!
Tut mir Leid, wenn so wenig Schrauberanteil in der Story dabei is, aber das Drumherum war doch das Geile!!!
Und immer wieder:
„So schön…schön war die Zeit!“
Haaach.....