Man muß die Angst. besser wäre die Bedenken, der Menschen akzeptieren, die nach dem Beinahe-Kollaps in Harrisburg 1979 und insbesondere nach Tschernobyl 1986 durchaus begründet sind. Auch unter Berücksichtigung aller erdenklicher Sicherheitsmaßnahmen bleibt das berühmte Restrisiko bestehen, auch wenn dieses in Einzelfällen gering bis vernachlässigbar ist. Die Folgen sind in einem dicht besiedelten Gebiet allerdings erheblich. Hierauf muß auch die Politik reagieren, wenn sie nicht am Volk vorbeiregieren möchte. Über alle Lager hinweg besteht in deutschland ein einstimmiger Konsens darüber, daß der Ausstieg unumgänglich ist. Die Frage ist nur wie und wann.Und das Ausland wird über kurz oder lang zu dieser Einsicht gelangen.
Die besondere Sensibilät in Deutschland gegenüber anderen Ländern ist durch die relativ frühe und auch intensiv stattgefundene Diskussion über den Nutzen der kernkraft entstanden, deren Triebfeder eindeutig die Grünen waren. Dabei kann man zu den Grünen stehen wie man will. Man muß sie nicht lieben und man muß sie auch nicht wählen aber muß akzeptieren, daß sie in vielen Dingen diejenigen waren die schon vor jahren Themen auf die Tagesordnung gesetzt hatten, mit denen sich heute alle der sogenannten etablierten Parteien brüsten. Selbst die Liberalen, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung. Letztlich geht es allen um Wählerstimmen und ich hoffe einigen auch um Einsicht.
Um hier keinen falschen Eindruck zu erwecken. Ich gehöre nicht zu den Kernkraftgegnern und ich bin auch kein Wähler der Grünen. Für mich ist die Kernkraft bis zur wirksamen Umgestaltung unserer Energieerzeugung unentbehrlich, deckt sie doch etwa ein Drittel des Gesamtspitzenlastbedarfs in Deutschland und zwar als Grundlast. Das ist eine Leistung, die derzeit nur durch verstärkten Ausbau von Kohlekraftwerken zu decken wäre, mit allen Folgen die damit verbunden sind. Grob gerechnet wären hierzu ca. 12 - 15 Kraftwerke vom Typ Weisweiler erforderlich. Was das bedeutet, kann jeder selbst beurteilen, der die A4 schon mal in Richtung Aachen gefahren ist und das Kraftwerk rechter Hand auch schon mal gesehen hat. Mit dezentralen BHKWs ist die benötigte Leistung derzeit nicht ersetzen. Und auch nicht mit Photovoltaik, Windenergie oder sonstigen regenerativen Erzeugungsanlagen, auch nicht mit Offshore-Windparks, bei denen zudem auch die Infrastruktur noch nicht vorhanden ist um die Leistung zu den Verbraucherzentren zu bringen (derzeit noch nicht). Hier wird insbesondere oft von den Grünen und mittlerweile leider auch von der SPD oft der Eindruck erweckt, daß dies ohne weiters möglich sei, man müsse nur wollen den Ausbau nur entsprechend vorantreiben. Die zuverlässige und zeitgerechte Bereitstellung elektrischer Energie ist leider etwas komplexer und damit verbundenen Zusammenhänge übersteigen offensichtlich der Kenntnisse der oft zitierten Experten in den entsprechenden Parteien.
Es steht außer Frage, daß die Kraftwerksbetreiber auch ein großes wirtschaftliches Interesse daran haben bereits abgeschriebene Kraftwerke am Netz weiter betreiben zu wollen und damit natürlich auch entsprechende Lobby-Arbeit leisten, um dies zu erreichen. Unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten ist dies auch nachvollziehbar und ist m. E. auch nicht verwerflich. Auch der WP-Betrieber will Geld verdienen und tut dies, zumindest im ersten Schritt, auch auf Kosten der Allgemeinheit. Aber die Allgemeinheit profitiert auch davon, zumindest mittel- bist langfristig.
Was Lobbyismus und Kernkraft anbelangt, so sind die verhältnisse in Deutschland eher bescheiden, auch wenn der kürzlich zwischen der Regierung und den Kraftwerksbetreibern ausgehandelte Kompromiß zur laufzeitverlängerung, insbesondere die Art und Weise in der dies erfolgte, eine andere Einschätzung zuläßt.In Frankreich, dem Land der Kernergie schlechthin in Europa, wird nicht verhandelt. Bei den vielfach "halbstaatlichen" Unternehmen ist der Staat indirekt auch Eigner und Betreiber. Hier werden Entscheidungen vielfach auf direktem Wege und unter Ausschluß der Öffentlichkeit zwischen den Unternehmen und der politik geregelt. Es werden vollendete Tatsachen geschaffen, bei denen zwar anschließend das Geschrei in Brüssel groß, eine Zustimmung unter zumutbaren Zugeständnissen jedoch immer möglich ist. Zudem ist die Kritik in der Bevölkerung geringer. Das mag an den bereits o. g. Gründen liegen, das liegt teilweise jedoch auch an dem besonderen Nationalstolz der Menschen, Etwas was wir scheinbar seit Ende des zweiten Weltkrieges abgelegt haben bzw. was hier in Deutschland möglicherweise auch als Makel gesehen und daher abgelehnt wird.
Das nur als Ergänzung und faktischer Bewertung einiger Beiträge hier.
Um zurück auf den angesprochenen Bürokratismus zu kommen. Das ist ganz normal, wenn Beamte Ziele und Vorgaben bekommen, die sie zudem in kurzer Zeit umsetzen müssen. Dann kommen eben auch Lösungen raus, die zunächst logisch klingen, die in ihrer Konsequenz jedoch nicht bis zu Ende durchdacht sind. Ich denke hier beispielsweise auch auf den vergangenen Beschluß den Frankfurter Äbbelwoi (für die Nordlichter Apfelwein) zukünftig nicht mehr Wein nennen zu dürfen.Dieser Beschluß wurde allerdings zurückgenommen und die Frankfurter können ihr Stöffsche auch in Zukunft ohne Strafe Äbbelwoi nennen.
Die Energiesparlampenverordnung ist genau so ein Krampf. Nur dieser Beschluß wurde leider umgesetzt. Beim Umsetzen europäischer Beschlüsse sind wir Deutschen übrigens sehr schnell und auch gründlich. Wir zahlen ja schließlich auch genug ein, um den einen oder anderen Mist aus Brüssel zu finazieren.
In diesem Sinne eine weiterhin anregende Diskussion.
Gruß Thomas