Bin die Tuono jetzt mal zur Probe gefahren (mit echter Kaufabsicht) - eine Factory von 2020. Also den direkten Vorgänger (E4) zum aktuellen Modell (E5).
Beim Aufsitzen ein erstes Aha-Erlebnis - so muss die Sitzposition für ein Straßenmotorrad sein, wenn es sportlich, integriert und dazu noch komfortabel sein soll.
Dann, beim Abbiegen auf die Straße, auffallend große Haltekräfte am Lenker, was sich anfühlt, als wäre ein Motorrad gerade aus dem Winterschlaf aufgewacht und ohne Luftdruckkontrolle auf die Straße gerollt. Kurze Nachfrage beim Händler: "Nein, da sind sogar 2.7 bar (vorne) drin!"
Also weiter mit der Probefahrt. Mit dem Vorderrad stimmt definitiv was nicht und ich hätte meine R nineT verwettet, wenn da nicht (deutlich) zu wenig Luft drin gewesen wäre, aber dass die Tuono ein exzellentes Fahrwerk hat, spüre ich nach den ersten paar (weiteren) Kurven auch so und außerdem liegt mein Fokus nicht auf dem Fahrwerk, sondern auf Lautstärke und Motor.
Diesbezüglich liest man im Netz immer Beschreibungen im Superlativ. Ich möchte das Relativieren: So lange die Drosselklappen nur wenig geöffnet sind, klingt die Aprilia durchaus leise und sozialverträglich. Allerdings nicht sonderlich gut, sondern mit den typischen Klappergeräuschen vieler italienischer Motoren. Dreht man dann nur wenig weiter auf, scheint es, als würde der Endschalldämpfer von den Krümmern entkoppelt und die Kiste wird unvermittelt so höllisch laut, dass es mit meinem Gefühl dafür, was man der Umwelt akustisch zumuten kann, nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann.
Also mit Zurückhaltung durch die nächste Ortschaft gerollt. Dabei wird die größte Schwäche der Tuono offenbar: Das Motorrad scheint nicht für gleichmäßiges Rollen gebaut, ständig ruckelt und zuckelt es im Antriebsstrang und der Motor verlangt nach Gas!
Meine anfängliche Begeisterung weicht der Ernüchterung und ich beginne daran zu zweifeln, ob das Motorrad überhaupt für die Straße entwickelt wurde. Oder ob es generell ganz fertig entwickelt wurde.
So oder so: für mich ist das nix, ich brauche was Kultivierteres. Da war die Speed Triple 1200 RR, die ich eine Woche zuvor gefahren bin, was ganz anderes. Die schien mir bis ins Detail ausgereift und fuhr unter allen Bedingungen perfekt. Dabei aber nicht emotionslos oder langweilig - im Gegenteil.
Womit wir wieder (fast) beim Thema sind.
Gruß
Serpel