R
rocknruelps
Gast
Sorry, dass ich hier als Anfänger einen neuen Thread aufmache, aber ich habe keine Böcke, mich an einen ewig totgeschimpften ranzuhängen. Der Ton hier im Forum ist teilweise unter aller Kanone und kann einen echt davon abhalten, sich mit der Marke BMW auf der Straße zu zeigen. Bitte also nur sachliche Anmerkungen und keine Edelproll-Ranzerei!
Am vergangene Wochenende habe ich beim Freundlich-Ungeduldigen in der Berliner Huttenstraße die R 1200 GS K255 (ADV) gegen die R 1200 GS K50 (LC) getestet und dabei die nahe Riesen-Baustelle in der Siemensstraße als prima Testgelände entdeckt. Inkludiert waren also nicht nur Autobahn und städtisches Katzenkopf-Pflaster, sondern auch kurze Fahrten in leichtem Gelände und auf splitbedecktem jungfräulichen Asphalt. Um meine Eindrücke zu ordnen, möchte ich sie mit der Forumsgemeinschaft auf hoffentlich unterhaltsame Weise teilen.
Was habe ich hinter mir ?
Ich reite seit 49.000 Kilometern eine Kawasaki Versys 650 Baujahr 2007. Meine längste Tour war über die Alpen nach Umag in Kroatien, aber ich war auch gleich als Anfänger keck auf dem Weg in die Hohe Tatra. Im Harz bin ich öfter rund um die Bode-Talsperre anzutreffen. Meine 300 km-Hausstrecke in Brandenburg geht grob gesagt von Berlin nach Lychen und über Himmelpfort zurück. Mein übliches Kurzstrecken-Profil: Autobahn (kurz und heftig), Bundesstraßen und nebenrangige Landstraßen (grob und wellig). In der Stadt benutze ich ausschließlich ein Fahrrad. Bei 180 Zentimeter wiege ich in voller Montur 90 Kilogramm.
Warum R 1200 GS ?
Seit 2007 bin ich unter anderem diese Motorrader probegefahren: Triumph Tiger 1050, XC, Explorer, Street Triple, Speed Triple, Daytona; Kawasaki Versys 1000, Z1000 (SX), Z800, 1400 GTR; Honda CBF und CBR 1000, Shadow; Yamaha MT-03, XT 660; Moto Guzzi Nevada; Suzuki V-Strom 650; BMW G 650 Xcountry, F 800 ST, F 800 GS, R 1200 GS K25 und K255; und jetzt nochmal die K 255 gegen die K50 - der Showdown am Ende eines langen Weges :-) Mein Leben ist nicht lang genug für alle, also muss ich die Beste kaufen.
Was habe ich vor ?
Längere Alleinfahrten in zivilisierten europäischen Ländern innerhalb der ADAC-Plus-Reichweite mit abenteuerlich abwechselnden Straßenbeschaffenheiten. Ich will weder nach Magadan noch nach Dakar. Auf Kurztrips rund um Berlin möchte ich demnächst auch Waldpisten fahren (ist hier beispielsweise bei Rheinsberg und in der Uckermark legal). Schrauben kann ich nicht (würde es aber gerne lernen), den Bordcomputer hacken schon eher.
Los geht's.
Testtag bei BMW Berlin. Leicht bedeckt, knapp unter 20 Grad, trocken. Gutes Wetter zum Testen, allerdings hatte es die Nacht zuvor etwas geregnet. Deshalb fiel der kleine Offroad-Versuch knapp aus. Pro Maschine hatte ich ab 12:30 Uhr anderhalb Stunden Zeit. Deshalb beschränke ich mich auf Dinge, die mir spontan aufgefallen sind und bitte um Nachsicht, wenn diese subjektive Aufzählung unvollständig und unausgewogen wirken sollte.
In der Reihenfolge der Gewichtung:
DIE ADV
+ solide, vertraueneinflößend, mächtig
+ hochwertige, übersichtliche Armaturen und blendarme Anzeigen
+ klickleises Getriebe, leicht auffindbarer Leerlauf
+ guter, sonorer Ton von Motor und Endschalldämpfer
+ problemlos untertourig fahrbar
+ kaum Nebengeräusche
+ guter Windschutz oben, aber umständlich verstellbar
+ guter Wetterschutz im Kniebereich
+ bequemer Sitz, nutzbarer Gepäckhalter, problemlos und ohne zusätzliche Abdeckplatte durch Entfernen des Sozius-Polsters erweiterbar
+ liebenswert unaufgeräumtes Design - wie eine rollende Festung, die ständig verstärkt wurde
+ gute Rücksicht in den Spiegeln
- beim Rangieren im Stand sauschwer
- für den Anfänger im Gelände angsteinflößend
- bei wilden Gasstößen leichtes konstruktionbedingtes Schlackern zur Seite
- Blinkschalter-Konstruktion gewöhnungsbedürftig
- gelegentlich leichter Platzmangel für die Unterschenkel durch horizontale Versorgungszufuhr am Zylinder
- Scheibenverstellung umständlich, aber solide
- wenig Power für sportlich Ambitionierte
- säuft im Gelände schneller ab (?)
DIE LC
+ enorme, geschmeidige Kraft über ein breites Drehzahlband schafft einen beängstigenden Wow!-Moment, der die letzte Mahlzeit Richtung Ausgang treibt
+ für den Er-Fahrenen von der "Funduro" kommend sofort vertrautes Sitzgefühl
+ auf Anhieb im Gelände leicht zu bewegen, vertraueneinflößend, agil, inspirierend
+ Windschutz gut, Scheibe leicht verstellbar (leider auf der rechten Seite), wirkt aber labberig
+ Windschutz an den Händen besser als vermutet
+ Sitzbank deutlich schmaler, mehr Bewegungsfreiheit
+ Spiegel ok, auch bei 200 km/h vibrationsfrei.
+ modernes, vorfahrtforderndes Gesicht
+ LED-Tagfahrlicht wiedererkennbar und platzschaffend auf der Autobahn.
- Hauptständer stört während der Fahrt am linken Hacken (Gr. 44), Seitenständer intuitiv schwer auffindbar.
- Lenker bei maximalem Einschlag zu breit oder Abstand zum Fahrer zu weit
- Schalterpark überladen, billige Anmutung, Blinkwippe haptisch feedback-arm, Display-"Verglasung" neigt zur Reflektion
- Anakee-Reifen heult durch den Vorderschacht bei U/min 4.500 im fünften Gang wie eine Ju 87 mit verbeulter Jericho-Trompete (mir ist schleierhaft, wie man einen solchen Jammer-Pneu ausliefern kann und noch rätselhafter, wieso der Kunde laut Verkäufer ihn nicht bei der Bestellung abwählen kann)
- Lüfter springen vernehmlich und früh an, heulen durch den Vorderschacht.
- rustikales Getriebe, schwer auffindbarer Leerlauf (hat sich aber bei meiner Kawa auch erst nach 30.000 km eingespielt)
- mit dem Akra-Endschalldämpfer auf die Dauer zu laut, macht anfangs aber Spaß, Leute damit zu erschrecken
- Gepäckverzurrung schwierig, zusätzlicher Platz nach Entfernung des Soziuspolsters nur mit aufpreispflichtiger Abdeckplatte.
Gleichermaßen gut scheinen mir Bremsen und Federung bei ADV und LC zu sein, aber der Eindruck ist oberflächlich. Ehe ich alle Modi probiert hätte, wäre es Abend geworden.
Wenn ich es zusammenfassen müsste: Die ADV ist die Große Gemütliche Elefantkuh, die LC die Böse Bellende Berserkerin.
Der Wasser-Boxer verlockt einen geradezu, die Geschwindigkeitsbeschränkungen flexibel auszulegen. Dass auf Brandenburger Landstraßen reichlich Bäume links und rechts des Weges stehen, erhöht die Lebenserwartung des Fahrers nicht. Andererseits würde ich mich von meinem heutigen Fahrvermögen her mit einer LC durchaus alleine in den Wald trauen - mit der ADV nicht.
Ich wünschte nur, BMW hätte dem fantastischen Motor ein leichtgängiges Getriebe, solides Cockpit-Design und eine hochwertigere Material-Anmutung hinzugefügt. Die LC wirkt irgendwie unfertig, wie eine Beta-Version. Nach dem Motto: Die Motorrad-Sparte bringt kaum Geld, ihr bastelt schon ewig an dem Wasser-Boxer rum - bringt endlich mal was auf die Straße! Aber die guten Eigenschaften sind beeindruckend, trotz der Mängel im Detail. Der Maschine gehört die Zukunft, die ADV ist ein liebenswert-antiquiertes Riesenross für Steam Punks (nichts dagegen !).
Nun sitze ich zuhause und habe das Luxusproblem, mich nicht zwischen zwei sündhaft teuren Spielzeugen entscheiden zu können, weil so eine Entscheidung bei mir auch 5 Jahre halten muss. Eigentlich will ich beide. Aber ich habe keinen Dukatenscheißer. Die Karre wird das Teuerste, was ich in meinem langen Leben bislang kaufen werde.
Wenn einer von euch ähnlich "gelitten" und es überwunden hat, spende er mir bitte ein Bröckchen seiner Weisheit. Ich habe in der Forumsrubrik 10 Seiten zurückgeklickt und nix gefunden.
Allzeit Grip am Pneu,
rocky
Am vergangene Wochenende habe ich beim Freundlich-Ungeduldigen in der Berliner Huttenstraße die R 1200 GS K255 (ADV) gegen die R 1200 GS K50 (LC) getestet und dabei die nahe Riesen-Baustelle in der Siemensstraße als prima Testgelände entdeckt. Inkludiert waren also nicht nur Autobahn und städtisches Katzenkopf-Pflaster, sondern auch kurze Fahrten in leichtem Gelände und auf splitbedecktem jungfräulichen Asphalt. Um meine Eindrücke zu ordnen, möchte ich sie mit der Forumsgemeinschaft auf hoffentlich unterhaltsame Weise teilen.
Was habe ich hinter mir ?
Ich reite seit 49.000 Kilometern eine Kawasaki Versys 650 Baujahr 2007. Meine längste Tour war über die Alpen nach Umag in Kroatien, aber ich war auch gleich als Anfänger keck auf dem Weg in die Hohe Tatra. Im Harz bin ich öfter rund um die Bode-Talsperre anzutreffen. Meine 300 km-Hausstrecke in Brandenburg geht grob gesagt von Berlin nach Lychen und über Himmelpfort zurück. Mein übliches Kurzstrecken-Profil: Autobahn (kurz und heftig), Bundesstraßen und nebenrangige Landstraßen (grob und wellig). In der Stadt benutze ich ausschließlich ein Fahrrad. Bei 180 Zentimeter wiege ich in voller Montur 90 Kilogramm.
Warum R 1200 GS ?
Seit 2007 bin ich unter anderem diese Motorrader probegefahren: Triumph Tiger 1050, XC, Explorer, Street Triple, Speed Triple, Daytona; Kawasaki Versys 1000, Z1000 (SX), Z800, 1400 GTR; Honda CBF und CBR 1000, Shadow; Yamaha MT-03, XT 660; Moto Guzzi Nevada; Suzuki V-Strom 650; BMW G 650 Xcountry, F 800 ST, F 800 GS, R 1200 GS K25 und K255; und jetzt nochmal die K 255 gegen die K50 - der Showdown am Ende eines langen Weges :-) Mein Leben ist nicht lang genug für alle, also muss ich die Beste kaufen.
Was habe ich vor ?
Längere Alleinfahrten in zivilisierten europäischen Ländern innerhalb der ADAC-Plus-Reichweite mit abenteuerlich abwechselnden Straßenbeschaffenheiten. Ich will weder nach Magadan noch nach Dakar. Auf Kurztrips rund um Berlin möchte ich demnächst auch Waldpisten fahren (ist hier beispielsweise bei Rheinsberg und in der Uckermark legal). Schrauben kann ich nicht (würde es aber gerne lernen), den Bordcomputer hacken schon eher.
Los geht's.
Testtag bei BMW Berlin. Leicht bedeckt, knapp unter 20 Grad, trocken. Gutes Wetter zum Testen, allerdings hatte es die Nacht zuvor etwas geregnet. Deshalb fiel der kleine Offroad-Versuch knapp aus. Pro Maschine hatte ich ab 12:30 Uhr anderhalb Stunden Zeit. Deshalb beschränke ich mich auf Dinge, die mir spontan aufgefallen sind und bitte um Nachsicht, wenn diese subjektive Aufzählung unvollständig und unausgewogen wirken sollte.
In der Reihenfolge der Gewichtung:
DIE ADV
+ solide, vertraueneinflößend, mächtig
+ hochwertige, übersichtliche Armaturen und blendarme Anzeigen
+ klickleises Getriebe, leicht auffindbarer Leerlauf
+ guter, sonorer Ton von Motor und Endschalldämpfer
+ problemlos untertourig fahrbar
+ kaum Nebengeräusche
+ guter Windschutz oben, aber umständlich verstellbar
+ guter Wetterschutz im Kniebereich
+ bequemer Sitz, nutzbarer Gepäckhalter, problemlos und ohne zusätzliche Abdeckplatte durch Entfernen des Sozius-Polsters erweiterbar
+ liebenswert unaufgeräumtes Design - wie eine rollende Festung, die ständig verstärkt wurde
+ gute Rücksicht in den Spiegeln
- beim Rangieren im Stand sauschwer
- für den Anfänger im Gelände angsteinflößend
- bei wilden Gasstößen leichtes konstruktionbedingtes Schlackern zur Seite
- Blinkschalter-Konstruktion gewöhnungsbedürftig
- gelegentlich leichter Platzmangel für die Unterschenkel durch horizontale Versorgungszufuhr am Zylinder
- Scheibenverstellung umständlich, aber solide
- wenig Power für sportlich Ambitionierte
- säuft im Gelände schneller ab (?)
DIE LC
+ enorme, geschmeidige Kraft über ein breites Drehzahlband schafft einen beängstigenden Wow!-Moment, der die letzte Mahlzeit Richtung Ausgang treibt
+ für den Er-Fahrenen von der "Funduro" kommend sofort vertrautes Sitzgefühl
+ auf Anhieb im Gelände leicht zu bewegen, vertraueneinflößend, agil, inspirierend
+ Windschutz gut, Scheibe leicht verstellbar (leider auf der rechten Seite), wirkt aber labberig
+ Windschutz an den Händen besser als vermutet
+ Sitzbank deutlich schmaler, mehr Bewegungsfreiheit
+ Spiegel ok, auch bei 200 km/h vibrationsfrei.
+ modernes, vorfahrtforderndes Gesicht
+ LED-Tagfahrlicht wiedererkennbar und platzschaffend auf der Autobahn.
- Hauptständer stört während der Fahrt am linken Hacken (Gr. 44), Seitenständer intuitiv schwer auffindbar.
- Lenker bei maximalem Einschlag zu breit oder Abstand zum Fahrer zu weit
- Schalterpark überladen, billige Anmutung, Blinkwippe haptisch feedback-arm, Display-"Verglasung" neigt zur Reflektion
- Anakee-Reifen heult durch den Vorderschacht bei U/min 4.500 im fünften Gang wie eine Ju 87 mit verbeulter Jericho-Trompete (mir ist schleierhaft, wie man einen solchen Jammer-Pneu ausliefern kann und noch rätselhafter, wieso der Kunde laut Verkäufer ihn nicht bei der Bestellung abwählen kann)
- Lüfter springen vernehmlich und früh an, heulen durch den Vorderschacht.
- rustikales Getriebe, schwer auffindbarer Leerlauf (hat sich aber bei meiner Kawa auch erst nach 30.000 km eingespielt)
- mit dem Akra-Endschalldämpfer auf die Dauer zu laut, macht anfangs aber Spaß, Leute damit zu erschrecken
- Gepäckverzurrung schwierig, zusätzlicher Platz nach Entfernung des Soziuspolsters nur mit aufpreispflichtiger Abdeckplatte.
Gleichermaßen gut scheinen mir Bremsen und Federung bei ADV und LC zu sein, aber der Eindruck ist oberflächlich. Ehe ich alle Modi probiert hätte, wäre es Abend geworden.
Wenn ich es zusammenfassen müsste: Die ADV ist die Große Gemütliche Elefantkuh, die LC die Böse Bellende Berserkerin.
Der Wasser-Boxer verlockt einen geradezu, die Geschwindigkeitsbeschränkungen flexibel auszulegen. Dass auf Brandenburger Landstraßen reichlich Bäume links und rechts des Weges stehen, erhöht die Lebenserwartung des Fahrers nicht. Andererseits würde ich mich von meinem heutigen Fahrvermögen her mit einer LC durchaus alleine in den Wald trauen - mit der ADV nicht.
Ich wünschte nur, BMW hätte dem fantastischen Motor ein leichtgängiges Getriebe, solides Cockpit-Design und eine hochwertigere Material-Anmutung hinzugefügt. Die LC wirkt irgendwie unfertig, wie eine Beta-Version. Nach dem Motto: Die Motorrad-Sparte bringt kaum Geld, ihr bastelt schon ewig an dem Wasser-Boxer rum - bringt endlich mal was auf die Straße! Aber die guten Eigenschaften sind beeindruckend, trotz der Mängel im Detail. Der Maschine gehört die Zukunft, die ADV ist ein liebenswert-antiquiertes Riesenross für Steam Punks (nichts dagegen !).
Nun sitze ich zuhause und habe das Luxusproblem, mich nicht zwischen zwei sündhaft teuren Spielzeugen entscheiden zu können, weil so eine Entscheidung bei mir auch 5 Jahre halten muss. Eigentlich will ich beide. Aber ich habe keinen Dukatenscheißer. Die Karre wird das Teuerste, was ich in meinem langen Leben bislang kaufen werde.
Wenn einer von euch ähnlich "gelitten" und es überwunden hat, spende er mir bitte ein Bröckchen seiner Weisheit. Ich habe in der Forumsrubrik 10 Seiten zurückgeklickt und nix gefunden.
Allzeit Grip am Pneu,
rocky
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