Licht ins Dunkel..
Hallo Allerseits,
ich versuch es mal mit einer allgemeinen Erklärung:
Es geht beim Schadensersatz immer um § 249 BGB:
§ 249 Art und Umfang des Schadensersatzes
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
1.) Niemand käme auf die Idee, den Neupreis für ein 3 Jahre altes Auto zu verlangen, nur weil man keine Lust hat, sich in eine Auto zu setzen, auf dessen Fahrersitz schon 1000 Stunden lang jemand anderer gesessen ist, der genau so oft in den Sessel gefurzt hat. Da sollte man schon mal nachdenken, wenn man pauschal den Neupreis fordert, oder?
2.) Bei Motorradkleidung geht es um Helm, Handschuhe, Stiefel und den Motorradanzug.
Hier findet sich eine gute Übersicht:
Motorradbekleidung: Ersatz nach Zeitwert oder Neuwert?
3.) Juristisch kann man an 2 Stellen ansetzen:
a.) Ist es zumutbar, etwas gebraucht "wiederzubeschaffen"? Grds. ganz klar: Ja, siehe Auto
Gibt es einen Markt für gebrauchte Motorradkleidung? Ganz klar ja:
Bei gebrauchter Motorradbekleidung finden sich gut 12.000 Einträge:
Motorradkleidung | eBay
Muss man nun einen gebrauchten Helm aufziehen, gebrauchte Motorradstiefel weiter nutzen? Wohl nicht, aber ein gebrauchter Motorradanzug oder gebrauchte Handschuhe sind vielleicht doch nicht so schlimm. Es haben sicher schon einige nach vollem Schadensersatz was günstiges gebrauchtes gekauft.
Aber hier ist ein weiter Spielraum für Ermessen des Gerichts.
In einem der Urteile unter dem oberen Link stand:
Dem Verletzten muss die Neuanschaffung von Motorradbekleidung ermöglicht werden, damit jegliches Sicherheitsrisiko für ihn ausgeschlossen ist.
Dieses Argument halte ich für Käse. Man muss ja auch sehen, dass in den selteneren Fällen der Motorradanzug so beschädigt ist, dass er unbrauchbar ist. Mit ein paar Schrammspuren schützt der immer noch, Protektoren kann man zur Not tauschen. Oder wer von euch hat seinen angeschrammten Kombi nach einem Sturz weggeschmissen. Ne, das behauptet jetzt keiner ernsthaft.
Also, Zwischenergebnis gebraucht kaufen muss man eher nicht, aber ausgeschlossen ist das nicht.
b.) Abzug Neu für Alt:
Worum geht es da... na, um den Abzug Neu für Alt halt. Nix hält ewig. Jedes Teil hat eine gewisse Nutzungsdauer, welche bei Motorradkleidung natürlich von der Anzahl der gefahrenen Kilometer abhängt. Aber wenn z.B. nun mein Stadleranzug, den ich 2002 für knapp 1000.- € gekauft habe, irreparabel beschädigt werden würde, nachdem man 4 mal Reißverschlüsse ersetzt hat, 2 Mal die Hose weiter nähen mußte
, Schrammspuren eines Sturzes zu sehen sind, die Membranen nicht mehr dicht sind, der ca. 330.000 km hinter sich hat, ja also ehrlich, dafür heute nicht nur 1000.- € sondern am besten den Preis des Nachfolgemodells, wäre das gerecht? Lest § 249 Abs. 1 BGB, das sollte die Frage beantworten.
Vielleicht hilft eine Sichtweise. Letztlich arbeiten Versicherer mit eurem Geld. Verursachst du einen Schaden, wird mit deinem Geld (Versicherungsprämie) der Schaden bezahlt, nur halt gemixt, weil du nur einmal in deinem Leben etwas verursachst usw. ABER, betrachtet man das mal so, als ob man alles selbst zahlen müßte, ja dann möchte ich die lautesten "Neupreisschreier" hören, wenn sie für eine abgewetzt Kombi wie die meine 1400.- € auf den Tisch legen müßten.
Aber gut, jedem seine Meinung.