Ich verstehe die Aufregung nicht. Motorradunfälle sind nicht ansatzweise "standartisierbar" wie z.B. im PKW-Bereich (Verformbare Aufprallelemente, Vollflächiger Aufprall, Teilaufprall, Pfahlseitenaufprall, Dummys mit Messeinrichtung, Highspeed-Aufnahmen zur Analyse der Verformung und Bewegungsabläufe und und und). Da kann man Pkw A mit Pkw B recht gut vergleichen. Wobei es hier immer nur um Passive Unfallsicherheit geht.
Die Sicherheit auf dem Motorrad besteht für mich aber aus:
A) Aktiven Elementen UND
B) Passiven Elementen.
Zu A zähle ich (nur Beispielhaft): Fahrwerk, Bremsen, aber GANZ wichtig: der Fahrer. Körperliche und geistige Verfassung, Beweglichkeit, Reaktionsfähigkeit. Das beinhaltet Schwitzen/Frieren/Steife Glieder/Dehydrierung, Durchnässt sein.
Es lässt sich korrigieren/anpassen durch Trinken, richtiges Essen, warme Klamotten (Zwiebelprinzip), ggf. Regenkombi.
Hier spielt der Anzug also vor allem die Rolle, wie er den Fahrer fit hält. Für mich war in den 90ern meine Entscheidung: Frühjahr/Herbst: Textilanzug, Sommer: Lederanzug. Wenn es mir im Lederanzug z frisch wurde, zog ich öfter auch mal einen weiten Skifleece und darüber die Regenjacke an. Das schränkte die Beweglichkeit nicht ein, gab aber Wärme und Nässeschutz.
Mit zunehmendem Alter und immer heißer werdenden Sommer ertappte ich mich irgendwann, dass ich insgesamt drei Textilanzüge zur Auswahl hatte (BMW Rallye 1, Rallye 3, StreetGard) und meine gute alte Harro Assen nur aus Nostalgiegründen ab und zu nutzte (bekam deshalb vor 3 Jahren bei der Fa. "Rennweste" einen neuen Reißverschluss).
Nach wie vor bin ich aber überzeugt, dass der Rutschschutz (selbst einer alten, aber gepflegten) Lederkombi besser ist, als die meisten Textilanzüge.
Zu B zähle ich (zu vermutlich geringerem Anteil) die körperliche Verfassung des Fahrers (durchtrainiert oder eher "lommelig"), aber vor allem die Qualität der Schutzkleidung, aber auch der Protektoren, Neckbrace, Airbag-Westen.
Manches davon schränkt den einen oder anderen aber u.U. in Aspekt A wieder ein.
Und er überlegt sich vielleicht (ich überzeichne absichtlich), soll ich mich so schützen, dass meine eigene Fahrsicherheit leidet und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass ich tatsächlich in einen Unfall verwickelt werde, oder gehe ich einen "für mich akzeptablen und vernünftigen" Kompromiss ein, steigere das Wohlgefühl und vermindere die Wahrscheinlichkeit, den Unfall zu erleiden.
Und diese Entscheidung muss jeder für sich selbst treffen. Argumente Anderer höre ich an. Ob sie mich überzeugen und zu einer Verhaltensänderung bewegen, entscheide ich.
Solange wir unfall- und sturzfrei bleiben, ist alles hypotetisch. Hinterher sind alle schlauer.