Hallo,
Durch den Tread mit „Ernährung auf Motorradreisen“ ist mir der Gedanke gekommen, auch mal was über das mentale Thema beim Motorradfahren zu schreiben.
Warum ich das überhaupt mache:
Ich bin schon sehr viele Jahre (42) mit dem Motorrad unterwegs, und habe mir früher nie Gedanken zu dem Thema gemacht.
Ich bin einfach gefahren und für mich war es normal. Selbst als ich mal in Jungen Jahren 1800km am Stück von Bari nach Hause fahren musste weil ich am nächsten Tag in der Früh einen Job hatte habe ich mir keine Gedanken gemacht.
Ich wusste am Morgen, das ich in 24 Stunden zu Hause sein muss und bin einfach gefahren.
Dann kam der Moment, wo ich mit anderen Personen Mongolei usw. gefahren bin. Und da kam ich in die Situation, das die Reisepartner oft am Nachmittag (oder früher) schwächelten und ihnen die Motivation ausging.
Und lustigerweise, das waren immer alles sportliche Personen, die auch aktiv Sport machten und richtig fit waren. Und mir kann man nicht gerade den Sportler unterstellen.
Erst als ich 2018 mit mehreren Personen unterwegs war und mir richtig aufgefallen ist wie die nach 2 Wochen teilweise einknickten und nicht mehr konnten, habe ich mal angefangen zu hinterfragen warum das so ist.
Da geben die „Sportler“ auf, und der Antisportler fährt einfach?
Klar, es ist weit. Es ist heiß. Es sind viele Tage. Es sind viele Kilometer. Es ist noch weit bis nach Hause....
Alle diese Dinge haben mich zum Grübeln gebracht.
Und irgendwann kam (auch nach vielen Gesprächen mit Bekannten zu dem Thema) der Punkt, wo mir klar wurde, Fit sein alleine reicht nicht. Es geht auch um „Geistige Fitness“ bei dem Thema.
Wenn ich zB am Morgen aufstehe und ich habe 800km vor mir, und ich denke gleich mal „boah, das ist so weit, das wird mühsam, wie schaffe ich das?“ , dann ist das von Anfang an als mühsame Fahrt vorprogrammiert.
Wenn ich aber von Anfang an die Einstellung habe, „Ok, es sind 800km, das kann man bis am Abend gemütlich fahren, dann noch unterwegs was ansehen und alles ist gut“, dann gehe ich mit positiven Gedanken in die Fahrt und mache das einfach.
Habe ich am Anfang schon das Denke, das ich gerade mal 200km hinter mir habe, aber noch 600 vor mir, dann wird es mühsam. Wenn ich aber denke, siehst, schon ¼ geschafft, dann ist es nicht so mühsam.
Für mich ist diese „Kopfsache“ immer wichtiger auf Reisen. Bewusstes Wahrnehmen der Umgebung, Verkehr, Menschen, Landschaft usw. Das sind Punkte die das eigene Denken und Empfinden beeinflussen können. Positive Wahrnehmungen anstatt Negativer. Das mag für Einige unwichtig klingen, aber gerade diese mentale Sache halte ich für unterschätzt. Gibt auch in der Zwischenzeit Trainer, die genau das für Motorradfahren trainieren.
ich finde ja, dass Du 2 Dinge hier ansprichst (so sehe ich das)
a) positives Denken.
Da gibt es den guten Spruch, dass man nie auf seine Misserfolge / Fehler / Stolperer
zurückdenken sollte, sondern immer nur an seine Erfolge / Siege / wie man eine Hürde überwunden hat.
Bertrand Piccard, Schweizer und Facharzt für Psychiatrie, der erste der in einem Ballon die Erde umkreist hat
sagt in einem seiner Bücher, dass viele Menschen genau diesen Fehler machen: sie denken nur an das
was schief gegangen ist und nicht an das was gut war.
Ich denke, dieses positive Denken kann einen über die ganzen Probleme erheben.
Wer positiv im Leben steht, hat sicherlich viel mehr davon als jemand der immer nur rumheult,
warum alles so schlecht ist.
b) bewusstes Wahrnehmen
Leider machen wir heute, ich natürlich auch, zu oft 2 Dinge auf einmal. Reden und doch gleichzeitig aufs Handy
schauen, Autofahren und sich vom Navi ablenken lassen, Essen und fernsehen, …
Oder wenn man nicht abschalten kann und einem ständig noch diese „blöde Besprechung“ durch den Kopf
geht.
Hat sicher jeder auch eigene Beispiele.
Diese von Dir angesprochene bewusste Wahrnehmen, sich auf eine Sache zu konzentrieren, das macht
für mich einen Aspekt des Motorradfahren aus. Ich versuche mich beim Fahren ganz bewusst nach vorne
auf die Straße zu konzentrieren und alles andere auszublenden. Das hilft mir auch sonst, dass ich mir dann
sagen: ich konzentriere mich jetzt nur auf diese Sache und lasse alle anderen Gedanken weg. Und wenn ich
dann diese Sache abgeschlossen habe, dann erst gehe ich die nächste Aufgabe an.
Das ist es auch was mich an den Rennfahrern so begeistert. Die können Schnipp-Schnapp umschalten
von Interview auf den voll konzentrierten Rennmodus - Von Null in den Flow in unter 1 Sekunde !!!
Mihaly Csikszenmihalyi hat das ja in seiner Theorie super beschrieben.
Ansonsten ist das bewusste Wahrnehmen für mich auch sehr wichtig, gerade auch auf Reisen.
Deshalb kann ich auch nicht „ungeplant“ irgendwohin fahren. Ich will mich immer vorbereiten, will
wissen, was ich dort sehen, machen, erleben kann. Nehme mir Bücher und Infos mit um mich dann
vor Ort noch besser mit dem „Anschauungsobjekt“ auseinander setzen zu können.
Ich finde es sehr spannend, wenn man dann Dinge entdecken kann, die man so nicht gesehen
oder erlebt hätte.
Aber das muss jeder so machen, wie er es für richtig und wichtig hält.
Topfpflanze